Nachdem der Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly in Abwesenheit von einem Moskauer Gericht angeklagt wurde, erlebt er nun eine große Welle der Solidarität aus Politik und Gesellschaft. Wir sprachen mit dem Bildhauer, der für seine satirischen Mottowagen bekannt ist und damit nun offenbar auch das Putin-Regime gegen sich aufgebracht hat.
hpd: Herr Tilly, Sie hatten ja eher zufällig von der Anklage erfahren, die an Heiligabend in Moskau gegen Sie erhoben werden soll. Ihnen wird vorgeworfen, "Falschinformationen über die russische Armee aus eigennützigen Motiven sowie aus politischem Hass verbreitet zu haben". Haben Sie inzwischen eine offizielle Vorladung?
Jacques Tilly: Nein, über die Vorwürfe haben mich meine Putin-kritischen Freunde von der Gruppe "Freies Russland NRW" informiert. Ein offizielles Schreiben wurde mir nicht zugestellt. Ich kann daher nur vermuten, dass es offenbar um meine Mottowagen der vergangenen Jahre geht, in denen ich natürlich auch das Putin-Regime nicht verschont habe. Mal sehen, vielleicht lassen sie mir ja irgendwann ein Urteil zukommen. In solchen Verfahren, so habe ich gehört, drohen 15 Jahre Haft oder auch Zwangsarbeit.
Die erste Verhandlung soll an Heiligabend sein?
Ja, nach meinen Informationen um 10 Uhr Moskauer Zeit. Ich habe gehört, dass die Deutsche Botschaft in Moskau einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zum Gericht schicken will, um informiert zu sein. Aber ich weiß nichts Offizielles. Ich kenne den weiteren Unrechtsweg nicht. Immerhin habe ich jetzt einen Kontakt zur Deutschen Botschaft.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat erst im August 2024, als er Ihnen die höchste Auszeichnung des Landes, den Landesverdienstorden, verlieh, gesagt: "Jacques Tilly scheut keine Institution, keine Staatsmacht, keine Autorität. Wo es Missstände gibt, deckt er sie kritisch und mit beißender Satire auf." Auch jetzt stellte sich der Ministerpräsident hinter Sie, als er sagte: "Dass Russland jetzt gegen Jacques Tilly wegen seiner Mottowagen ein Strafverfahren eingeleitet hat, offenbart wieder einmal, dass Despoten und Autokraten Kunst immer dann fürchten, wenn sie sich nicht vereinnahmen lässt." Gibt es weiteren Zuspruch?
Repräsentantinnen und Repräsentanten der Landes-CDU haben mich am Sonntagvormittag in unserer Düsseldorfer Wagenbauhalle besucht und mir ihren Rückhalt versichert. Darunter waren neben anderen auch der Chef der Staatskanzlei, Minister Nathanel Liminski, die Landtagsabgeordneten Angela Erwin und Olaf Lehne, der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, aber auch Vertreter der Düsseldorfer Jonges, des größten deutschen Heimatvereins. Auch die St. Sebastianus-Schützen und das Wirtschaftsnetzwerk Destination Düsseldorf waren dabei.
Tat das gut?
Ja, sehr, ich bin hocherfreut, dass ich nicht allein im russischen Regen stehe.
Die Karnevals-Szene stärkt Ihnen doch bestimmt auch den Rücken?
Ja, die Chefs des Comitees Düsseldorfer Karneval waren auch dabei. Sehr gefreut habe ich mich auch über Solidaritätsbekundungen aus dem Mainzer und dem Frankfurter Karneval. Es gab ein bundesweites Medienecho auf das Thema. Das hilft.
Wie ist das Gefühl, mit solch einer doch bedrohlichen Situation zu leben?
Es ist einfach nur absurd und man kann eigentlich nur darüber lachen. Es wird ja auch erst mal keine Konsequenzen haben. Ich werde ja nicht nach Moskau fahren. Es ist ein Unrechtsverfahren. "Verunglimpfung der russischen Armee", das ist offenbar so eine Standardformulierung, die schon gar nicht auf unsere Arbeit passt.
Sie lassen sich nicht einschüchtern?
Ach nein, das Ganze zeigt mir nur, dass der Humor wehtut. Dass die Arbeit, die ich mache, Sinn macht. Dass das nicht nur eine nette kleine Unterhaltung und Spaß ist, sondern tatsächlich Wirkung zeigt. Das ist eine schöne Bestätigung. Bedrohungen gehören alljährlich nach den Rosenmontagszügen zu meiner Arbeit. Ich teile ja auch aus, da muss ich auch was einstecken. Doch was hier abläuft, hat eine andere Qualität, da soll Angst und Schrecken verbreitet werden. Putin will ja, dass man einknickt und buckelt. Den Gefallen tun wir ihm auf keinen Fall. Er bekommt Rosenmontag eine schöne Antwort. Ich bin da entspannt.






