(hpd) Die Journalistin Julia Voss liefert mit ihrem Buch „Charles Darwin zur Einführung" eine informative Gesamtdarstellung zu dem bedeutendsten Begründer einer Evolutionstheorie. Mitunter hätte man sich aber schon eine genauere Herausarbeitung der allgemeinen Linien von Darwins Lehren - auch und gerade im Lichte heutiger Rezeptionen - gewünscht.
Bereits im zeitlichen Vorfeld des Darwin-Jahrs 2009 erscheinen zahlreiche Bücher, die den bedeutendsten Begründer der Evolutionstheorie und die unterschiedlichsten Aspekte seiner Auffassungen und Wirkung ins Zentrum stellen. Hierzu gehört auch der Band „Charles Darwin zur Einführung" von der Journalistin und Wissenschaftshistorikerin Julia Voss. Einleitend weist sie darauf hin, dass sich Darwins Evolutionstheorie in der öffentlichen Wahrnehmung häufig zwischen Ideologie und Wissenschaft bewege. Die dabei deutlich werdende Verbindung von Forschung, Kultur und Politik bilde so auch ein durchlaufendes Thema des Buchs. Es solle das notwendige Grundwissen zur Evolutionstheorie vermitteln, womit auch ein souveräner Umgang mit den verschiedenen Deutungsansprüchen möglich werde. Denn, so die Autorin, Darwin habe leider durch die Überarbeitung und Veränderung seiner Schriften selbst einen Beitrag zu der unterschiedlichen bis widersprüchlichen Interpretation seiner Auffassungen geliefert.
Die Einführung ist in vier große Teile gegliedert: Zunächst geht die Autorin auf den Darwinkult ein, widmet sich den Briefen, Fotografien und Karikaturen sowie dem Verständnis als Revolutionär. Dem folgen die beiden umfangreichen Hauptteile des Buchs, die nach dem Erscheindungsjahr von „Entstehung der Arten" 1859 voneinander getrennt sind: Nach einer Kurzbiographie skizziert Voss die historischen Evolutionstheorien, widmet sich der Bedeutung der Forschungsreise mit der „Beagle" und geht auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den Forschungen von Alfred Russel Wallace ein. Dem folgt eine Darstellung und Deutung des Hauptwerks „Die Entstehung der Arten", ein inhaltlicher Überblick zu den weiteren Schriften, eine Rezeptionsgeschichte der Veröffentlichungen und eine Skizze zu Darwins Bild vom Verhältnis von Affe und Mensch. Der abschließende Teil fragt dann noch danach, ob Darwin als Atheist oder Rassist gedeutet werden müsse und inwieweit sein Verständnis von Selektion als Naturgesetz zu verstehen sei.
Voss legt einen überaus informativen und kenntnisreichen Band über Darwin vor, wobei sie aus einer detaillierten und historische Perspektive schreibt. Mitunter geraten dabei aber die allgemeinen inhaltlichen Linien aus dem Blickfeld. So interessant etwa die genaue Darstellung der einzelnen Forschungsschritte und der seinerzeitigen Kontroversen sein mag, so hätte man sich doch für eine Einführung eine stärkere Orientierung an den grundsätzlichen Inhalten von Darwins Evolutionstheorie gewünscht. Besondere Beachtung verdient Voss' Erörterung zur Frage des Atheismus oder Rassismus bei Darwin, wobei sie jeweils zu differenzierten und überzeugenden Einschätzungen kommt. Diese hätten noch in eine bilanzierende Einschätzung integriert werden können. Stattdessen bricht das Buch nach der Erörterung des wissenschaftstheoretischen Verständnisses von Selektion ohne eine solche Betrachtung ab. Eine kritische Gesamtwürdigung wäre darüber hinaus auch wichtiger als der Einstieg über Fotografien und Karikaturen gewesen.
Armin Pfahl-Traughber
Julia Voss, Charles Darwin zur Einführung, Hamburg 2008 (Junius-Verlag), 217 S., 13,90 €





