Obama und der neue „Pastor der Nation"

USA. (hpd) Mit dem morgigen Tag tritt Barack Obama als erster Afro-Amerikaner das Amt des Präsidenten der USA an. Zur Vereidigung vor dem Kapitol in Washington hat der Politiker den einflussreichen Kirchenführer Rick Warren eingeladen, der ein Gebet sprechen wird.

 

Bereits seit mehreren Jahren gewinnt Rick Warren in den USA an Bedeutung hinzu. Seine Gemeinde, die Saddleback Church, die südlich von Los Angeles liegt, begrüßt Woche für Woche mehr als 20.000 Gläubige und sein Ratgeber The Purpose Driven Life (deutsch Leben mit Vision) verkaufte sich millionenfach. Im Wahlkampf 2008 begrüßte er Barack Obama und John McCain in seiner Kirche, um sie bezüglich ihrer politischen Standpunkte zu befragen.

Warren übernimmt somit nun die (inoffizielle) Rolle als „Pastor der Nation", die vorher Billy Graham ausgefüllt hatte. Im Jahr 2005 beendete der inzwischen 90jährige Baptistenprediger seine Karriere nach schwerer Krankheit. Graham traf sich mehrfach mit allen US-Präsidenten seit Harry S. Truman, machte aus dem Alkoholiker George W. Bush einen Wiedergeborenen Christen, war an mehreren Vereidigungen und am Begräbnis von Lyndon Johnson und Richard Nixon beteiligt. Sein schlechter Gesundheitszustand erlaubte ihm nicht mehr, anlässlich der Beerdigung von US-Präsident Ronald Reagan zu sprechen. Darüber hinaus unterstützte Graham den Vietnamkrieg bei Truppenbesuchen im südostasiatischen Land.

Rick Warren zählt innerhalb der Christlichen Rechten nicht zu den Fundamentalisten, vertritt allerdings in gesellschaftspolitischen Fragen konservative Positionen. Beispielsweise verglich er Abtreibungen indirekt mit dem Holocaust und das Aussetzen lebenserhaltender Maßnahmen im Falle Terri Schiavo mit der Nazieuthanasie.

Auch der Homosexualität steht Warren ablehnend gegenüber. Er unterstützte die kalifornische Volksabstimmung, die zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen am 4. November stattfand und die Abschaffung von Lebenspartnerschaften forderte. Warren begründete seine Position damit, dass eine Aufweichung des traditionellen Ehebegriffs auch zur Akzeptanz von Inzest und Pädophilie führen könne.

Desweiteren lehnt Warren Atheisten in politischen Ämtern ab. In der Sendung des Talkmasters Larry King erklärte er:

„Ich könnte keine Person wählen, die Atheist ist, weil ich denke, dass die Präsidentschaft zu groß für eine einzelne Person ist. Ich denke es ist etwas arrogant zu sagen: „Ich brauche niemand anderen." Ich könnten für jemanden stimmen, der einer anderen Religion als ich angehört, aber ich denke nicht, dass ich für jemanden stimmen würde, der verneint, dass wir etwas, das größer ist als wir selbst, brauchen, das uns hilft."

Diese Haltung präzisierte er unter anderem in einem Gespräch mit Sam Harris. Atheismus würde zu politischen Verfolgungen führen:

„[...]weitaus mehr Menschen sind durch Atheisten als durch alle Religionskriege zusammen getötet worden. Tausende starben durch die Inquisition; Millionen starben unter Mao, Stalin und Pol Pot. Heute gibt es in der Welt eine Heimat für Atheisten - Nord Korea. Ich kenne keine Atheisten, die dorthin wollen. Ich lebe lieber unter Tony Blair, oder sogar George Bush. Das Fazit ist, dass Atheisten, die Christen wegen ihrer Intoleranz angreifen, gleichermaßen intolerant sind."

Obama verteidigte die Wahl Warrens mit der Begründung, dass er für eine Versöhnung der politischen Lager in den USA einstehe. Ebenso hatte er im Vorfeld angekündigt, auch den Bischof der Episkopalkirche (Anglikaner) Gene Robinson zu den Feierlichkeiten einzuladen. Diese Entscheidung dürfte im konservativen Lager Verärgerung auslösen, denn Robinson wurde 2003 als erster offen Homosexueller zum Bischof geweiht. Dies hatte international zu einem heftigen Zerwürfnis innerhalb der anglikanischen Kirche, nicht nur in Großbritannien, geführt, in dessen Verlauf einzelne afrikanische Gliedkirchen mit Austritt drohten.

Lukas Mihr