Haben die Islamisten bereits gewonnen?

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Güner Balci, Seyran Ateş und Tugay Saraç (v.l.n.r.)
Güner Balci, Seyran Ateş und Tugay Saraç

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Rebecca Schönenbach
Rebecca Schönenbach

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Tugay Saraç
Tugay Saraç

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Seyran Ateş
Seyran Ateş

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Güner Balci
Güner Balci

Vergangenen Donnerstag baten die "Frauen für Freiheit" zum Gespräch. Bei einer Paneldiskussion stand die Verteidigung von Freiheitsrechten angesichts des Erstarkens des Islamismus – auch in Deutschland – im Mittelpunkt. Ausgangspunkt hierzu bildete eine Analyse aktueller Gefahren, die die Freiheit in unserer Gesellschaft bedroht. Rebecca Schönenbach sprach mit Seyran Ateş, Güner Balci und Tugay Saraç über aktuelle Entwicklungen in Berlin und in Deutschland.

Zu Beginn hieß es, dass bei dem Gespräch Strategien zur Sicherung von Freiheit entwickelt werden sollten, wobei Frauen- und Minderheitenrechte als besonders sensibler Gradmesser dienen. Diskutiert werden sollte, wie Gleichberechtigung als Basis freiheitlicher Systeme gestärkt werden kann.

So berichtete Tugay Saraç davon, dass es ermüdend anstrengend sei, bei potentiellen Geldgebern – seien es staatliche oder private – Mittel zu bekommen. Häufig müsse er sich anhören, dass man gern Frauenrechte unterstützen würde und dafür auch gern Geld geben wolle. Aber muss das denn unbedingt – wie in der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee – auch für Minderheiten wie LGBTQI+ ausgegeben werden? Vielen sei einfach nicht bewusst, dass auch und gerade in den islamisch geprägten Communities diese Menschen doppelt Betroffene sind. Zum einen als migrantisch gelesen und zudem noch schwul oder lesbisch. Das bringt viele durcheinander.

Die Imamin der Moschee, Seyran Ateş, zog zu Beginn der Diskussion auch eine eher negative Bilanz: "Ich habe so viele Bücher geschrieben und so häufig darauf hingewiesen, wie wenig Frauenrechte im Islam gelten. Doch es passiert einfach nichts. Es hat sich in den Jahren nichts geändert."

Güner Balci wird wegen ihres aktuellen Buches und eines aufrüttelnden Interviews im SPIEGEL im Moment hart angegangen. Von denen, die sie kritisiert, aber auch von manchen, deren Interessen sie vertritt. Sie verwies – wie bereits im Buch – darauf, wie sich aus einer Gemeinschaft von "Gastarbeitern" eine islamisch/islamistische Community (fehl)entwickelte. Und wie wenig Politik und Gesellschaft darauf – bis heute – eine Antwort finden. So wird noch immer das Kopftuch als Teil einer Kultur missverstanden. Und das häufig sogar von sich selbst als "links" bezeichnenden Menschen, die den iranischen Frauen zujubeln, die das Kopftuch ablegen.

Von allen wurde kritisiert, dass der Berliner Senat ebenso wie die Bundesregierung mit Islamisten zusammenarbeiten und sich in Integrationsfragen gern von ihnen beraten zu lassen. Der Staat greift dabei häufig auf die gut organisierten Moscheengemeinden von Milli Görüş oder DITIB zurück und selten bis nie auf liberale Gemeinden. Das ist nicht immer böse Absicht, schließlich biedern sich die oben Genannten an. Es ist aber in jedem Falle Denkfaulheit.

Der Streit um den Berlin-Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel zeigt deutlich auf, wie gerade um die Deutungshoheit gerungen wird. Weil es Linken und Linksliberalen offenbar nicht möglich ist, Wahrheiten auszusprechen oder ausgesprochene Wahrheiten und Hinweise auf drängende Probleme zu ertragen. Wenn der Berliner SPD-Linken Ideologie wichtiger ist (wie die SHZ schreibt) als die Lösung von offensichtlichen Problemen, dann – so Balci – könne es geschehen, dass bei den nächsten Wahlen die AfD stärkste Partei in Berlin-Neukölln wird.

Abschließend soll noch auf eine Frage aus dem Publikum eingegangen werden: Es ging darum, ob und in welchem Umfang es an deutschen Universitäten Lehrstühle gibt, die sich kritisch mit Religionen und im Besonderen kritisch mit dem Islam auseinandersetzen. Keine der Vier auf dem Podium konnte diese Frage beantworten. Nicht, weil sie es nicht wussten. Sondern schlicht und ergreifend deshalb, weil es keine solche Forschung gibt. Ateş und Balci konnten beide nur auf Susanne Schröter verweisen, deren Forschungen kontrovers diskutiert werden. In diesem Zusammenhang wurde auch der "Arbeitskreis Politischer Islam" (AK Polis) erwähnt, dessen Gründung und Arbeit Anlass zu Hoffnung gebe.

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