„Papamobil“ und Meinungsfreiheit

MÜNCHEN. (hpd) „Bayerns Mühlen mahlen langsam, ...“ Das juristische Nachspiel zur Verhinderung des „Papamobil“ auf dem Christopher-Street-Day 2006 ist in eine weitere Runde gegangen, da der Verwaltungsgerichtshof die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen hat.

Zur Erinnerung in vergesslichen Zeiten: Anlässlich des Papstbesuches in Bayern 2006 baute der Wirt der „Deutschen Eiche“, Dieter Holzapfel, für die Christopher-Street-Day-Parade (CSD) einen „Papamobil“-Wagen, auf der eine Puppe wie der Papst gekleidet war teilweise verfremdet mit Kondomen, Aidsschleifen und Schminke, um auf die Doppelmoral der kath. Kirche hinzuweisen, in der 30-50% der Priester selbst homosexuell seien,. Zudem waren auf dem Wagen Plakate angebracht mit den Aufschriften: „Wir sind Papst???“, „Homosexuellen ist mit Achtung, Mitleid, und Takt zu begegnen“, „Homosexualität ist eine schwere Sünde!“, „Homosexuelle sind gerufen, ein keusches Leben zu führen!“, „Homosexuelle Beziehungen sind zutiefst unmoralisch!“

Die Polizei ordnete damals die Entfernung von Puppe und Fotomontagen an. Außerdem wurde gegen Dietmar Holzapfel, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verunglimpfung eines ausländischen Staatsoberhauptes und Beleidigung von religiösen Bekenntnissen eingeleitet. Das Verfahren wurde jedoch schon wenige Wochen später eingestellt, da der Wagen durchaus zum „fröhlichen Charakter des CSD gepasst hätte.“

Ausgelöst hatte den Polizeieinsatz ein aufgeregter Piusbruder, der Samstags mit Lautsprecher ausgerüstet an der Mariensäule Menschen zu bekehren versucht, am 12. August 2006 dort zum CSD aber nur Schwule vorfand. Prälat Wilhelm Schallinger entdeckte das „Papamobil“ und blies zum Großalarm. Damals war die Mehrheit der Menschen noch euphorisiert vom gerade gewählten deutschen Papst, Piusbrüder kannte man damals noch nicht und der Papstbesuch in München stand kurz bevor.

Meinungs- und Demonstrationsfreiheit

Gegen den Polizeieinsatz hatte Dietmar Holzapfel Fortsetzungsfeststellungsklage bei dem Verwaltungsgericht München erhoben. Er wollte feststellen lassen, dass seine Grundrechte auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sowie auf Kunst- und Religionsfreiheit unzulässig verletzt worden seien.

Immerhin kam es fast zwei Jahre später zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München. Der Vorsitzende Richter Wiens meinte vorab, man habe im ganzen Hause ausführlich diskutiert, sei aber ratlos, die Sache könnte durchaus bis zum Bundesverfassungsgericht gelangen. Trotzdem schmetterte er nach langer Verhandlung und z.T. recht unlogischen Winkelzügen die Klage ab und ließ nicht einmal Berufung zu! Kläger Holzapfel, der inzwischen den Münchener Rechtsanwalt Dr. Johannes Wasmuth als Rechtsbeistand gewonnen hatte, der für das Verfahren eigens ein fast 90-seitiges Gutachten, in dem auch die maßgebliche Verantwortung der katholischen Kirche für Homosexuellen zugefügtes Unrecht herausgestellt wurde, war mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und stellte daher zunächst einen Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung

Nunmehr, nach fast drei Jahren, hat der Kläger Holzapfel einen ersten Erfolg einstreichen können: Der 10. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Aktenzeichen: 10 ZB 08.1721) ließ die Berufung mit Beschluss vom 07.05.2009 zu, weil „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung bestehen“. Insofern bedürfen „die polizeilichen Maßnahmen wegen der mit ihnen verbundenen Eingriffe in Grundrechtspositionen des Klägers einer umfassenden Prüfung durch das Berufungsgericht.“ Das Verfahren geht nunmehr in Form der Berufung weiter, die der Berufungskläger schon bald eingehend begründen wird.

Ausblick

Mittlerweile hatte die „Deutsche Eiche“ im Jahr 2008 schon den nächsten kirchenkritischen Wagen zum CSD beigesteuert und war dabei vom Verfassungsschutz genauestens observiert, gefilmt und fotografiert worden. Weiter einzugreifen traute sich aber inzwischen niemand mehr.

Auch für 2009 ist ein Wagen geplant. Man darf gespannt sein. Die Tatsache, dass heute von der „Wir-sind-Papst“- Euphorie nicht mehr viele Menschen erfasst sind, könnte dazu beitragen, dass der politische Wagen der „Deutschen Eiche“ auch in diesem Jahr unbehelligt bleibt.

CF.