OBERHAUSEN. (hpd) Ralf König wurde wiederholt mit internationalen Preisen ausgestattet, seine Comics wurden in 15 Sprachen übersetzt. Nun ist vom 20. September 2009 bis 24. Januar 2010 in der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen erstmals ein Überblick über sein Schaffen in Originalen zu sehen.
Ralf König ist mehrmals persönlich in der Ausstellung und ermöglicht den Knollennasen-Fans ein Kennenlernen aus nächster Nähe. Ein umfassendes museumspädagogisches Angebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene begleitet die Ausstellung.
Der hpd interviewte den Künstler sowie die Direktorin der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen, Christine Vogt.
hpd: Weshalb Ralf König in der Ludwig Galerie? Und ab Herbst 2010 stellt ihr die Arbeiten von Janosch aus, einem weiteren Mitglied der humanistisch-religionskritischen GBS. Ist das Zufall oder Absicht?
Christine Vogt: Ralf König ist nicht nur der bekannteste, sondern vor allem auch der wichtigste deutsche Comic-Zeichner. Bisher hat es keine große Ausstellung zu seinen Arbeiten gegeben. Die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen mit ihrem besonderen Profil der sogenannten "Populären Galerie" widmet sich seit Jahren dem Genre Comic. Und so war es mir ein Anliegen, bei der ersten von mir kuratierten Ausstellung in diesem Bereich, dieses - wie ich finde - Versäumnis nachzuholen. Seine kritischen und unverblümten, treffend humorvollen Stellungnahmen, die sich zunächst um die Homosexualität und seit einigen Jahren um das Thema Religion drehen, halte ich für äußerst gesellschaftsrelevant. Mit Ralf König haben wir einen der großen Geschichtenerzähler vor uns, der genauso sicher seine Zeichnungen einsetzt und auch in kurzen Comicstrips die Dinge auf den Punkt bringen kann. Neben all diesen Punkten hat mir persönlich seine spontane Stellungnahme zum Karikaturenstreit imponiert. Es gibt ja nicht viele Satiriker, die sich getraut haben hierzu ihre Meinung zu äußern.
Mit Janosch stellt die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen im Herbst nächsten Jahres einen der zentralen, mehrere Generationen prägenden (Bilder-)Buch-Zeichner in einer großen Ausstellung - Panama und andere Welten - vor. Es ist nun tatsächlich Zufall, dass Janosch ebenfalls Mitglied in der Giordano-Bruno-Stiftung ist, doch liegt ein Augenmerk der Ausstellung auf seinen Bibelillustrationen und seinen eher unbekannteren Gemälden. Sein kritischer Ansatz wird dabei besondere Beachtung finden.
hpd: Nach welchen Kriterien hast du, Ralf, oder habt ihr vom Museum die Bildmotive und -umsetzung gewählt?
Ralf König: Da war gar nicht viel auszuwählen, weil ich leider ganz viele Originale aus 30 Jahren Comiczeichnen nicht mehr habe! Da ist viel verschollen, verschenkt, verschlampt oder einfach vergilbt, weil ich in frühen Jahren ganz billige Filzer benutzt habe, die nicht lichtecht waren. Ich war also froh, dass wir mit dem Bestehenden die großen Räume füllen können. Und die Museumsleitung hat den Mörderjob übernommen, das alles zu ordnen und einzusortieren, ich hatte hier nur Chaos in Pappkartons! Was daran liegt, dass ich die Originale nie wirklich wertgeschätzt habe. Was erst mal gedruckt war, hatte seine Schuldigkeit getan. Und nun ist es plötzlich Kunst, kann ja keiner ahnen...
Christine Vogt: Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden die neuesten Publikationen von Prototyp und Archetyp. Den kritischen Äußerungen zur Religion wird ein besonderer Bereich gewidmet.
Doch ist die Ausstellung wie eine Art Werkschau, in der der Weg von Ralf König gut nachvollzogen werden kann. Die früheste präsentierte Arbeit stammt aus dem Jahre 1982, bei der jüngsten ist die Farbe nahezu noch feucht. Alle großen wichtigen Geschichten sind in Auszügen vertreten - Kondom des Grauens, Der bewegte Mann, Lysistrata, Beach Boys, Bullenklöten, Jago, Super Paradise, Wie die Karnickel, Sie dürfen sich jetzt küssen, Dschinn Dschinn und Hempels Sofa -, aber auch viele Kurzgeschichten und Episoden, z.B. aus dem Leben von Konrad und Paul oder Al & Roy kommen vor.
Da bei einer Ausstellung das Bild im Vordergrund steht, ist bei der Auswahl häufig das Pendel zugunsten des Zeichners ausgefallen. Es wird schnell deutlich, dass eine über 300 Seiten starke Geschichte wie Dschinn Dschinn natürlich die Buchform braucht. In der Ausstellung bekommen die Besucher Einblick in die Originale, in den Schaffens- und Entstehungsprozess. Viele Skizzen und Skribbels erzählen hier von der munteren Welt der Knollennasen.
hpd: Wie groß ist die Ausstellungsfläche? Wie viele Bilder und Karikaturen von Ralf König werden zu sehen sein?
Christine Vogt: Die Ausstellungsfläche umfasst knapp 700 qm.
Wie viele Bilder zu sehen sind, ist nicht so einfach zu beantworten. Es wird etwa 15 große Gemäldeformate geben, die größtenteils extra für diese Ausstellung angefertigt wurden. Auf etwa ebenso vielen Pulten werden wir Abfolgen aus den Geschichten erzählen, die bis zu 20 Einzelblätter umfassen können. Und dann gibt es zahlreiche Rahmen, die zum Beispiel ein einzelnes (Titel-)Blatt aufnehmen oder wiederum eine mehrblättrige Auswahl aus einer der Geschichten. Auf jeden Fall sind es weit mehr als 200 Werke. Die Besucher erhalten einen wirklich umfassenden Eindruck.
hpd: Welche Themen sind vertreten? Die Ausstellung heißt ja Der Eros der Nasen, wobei auch die religionskritischen Werke Prototyp und Archetyp die schwulen Wurzeln ihres Autors nicht leugnen können.
Ralf König: Was wäre da auch zu leugnen? Die Ausstellung gibt einen Überblick über mein Gekritzel von Anfang an, frühe Coming-Out-Werke, über die ersten Erfolge bei Rowohlt und das ganze schwule Beziehungskomödienzeug bis zu den religiösen Themen. Alles dabei.
Christine Vogt: Wie schon gesagt, es ist eine Art Werkschau, die aber einen Schwerpunkt bei den aktuellen Themen hat. Doch sind ebenso sämtliche schwule Themen vertreten. Ralf König ist nicht nur der größte Protagonist der Schwulenbewegung, er hat mit seinen Geschichten und Zeichnungen das schwule Leben einem breiten, heterosexuellen Publikum zugänglich gemacht. Das alles ist in der Ausstellung nachvollziehbar.
hpd: Zum ersten Mal (zweiten Mal nach Koblenz) großformatig: Wie war das für dich, der du doch gewohnt bist, im Kleinformat 1 : 1 deine Comics zu zeichnen?
Christine Vogt: [Er hat immer gestöhnt!]
Ralf König: Ganz ehrlich? Langweilig. Ich bin nicht sehr geduldig, so eine Nase auf Papier dauert ein paar Sekunden, aber mit Pinsel auf 1.80 x 2 Meter Leinwand... ich bin kein Maler, das hab ich gemerkt. Ich bin froh, nun auch solche Dimensionen vorzeigen zu können, aber ich freu mich auch wieder aufs Zeichnen und vor allem aufs Geschichten Erzählen.
hpd: Gleich zwei neue Bücher von dir erscheinen jetzt: Schillerlöckchen und Archetyp. Kannst du kurz dazu etwas sagen?
Christine Vogt: [Und unser Katalog!]
Ralf König: Meine Bücher erscheinen schon länger geballt im Herbst, das liegt daran, dass der 'Männerschwarm' Verlag die übers Jahr gesammelten Zeitschriften-Kurzcomics veröffentlicht und Rowohlt mit dem neuen Titel kommt. 'Archetyp' ist die Fortsetzung meiner Version der biblischen 'Genesis', nach Adam und dem Sündenfall in 'Prototyp' nun also Noah und die Sintflut. Nun mach ich mich an Teil drei der Trilogie, 'Antityp'. Da geht’s dann vor allem um den Apostel Paulus, aber das wird ein schwerer Brocken. Da fließt schon die ganze abstruse Theologie mit ein und ich suche noch einen Weg, es möglichst unkompliziert anzugehen, damit es letztlich lustig bleibt. Wenn Paulus etwas nicht hatte, dann Humor, aber das ist ja bei religiösen Gestalten eher die Regel.
hpd: Ihr habt im Rahmen der Ausstellung auch einen Comicpreis ausgeschrieben, d.h. einen Wettbewerb für Kinder und Jugendliche. Um was geht es da?
Christine Vogt: Die Ludwig Galerie engagiert sich in besonderer Weise für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dazu gehört auch die Nachwuchsförderung. So konnte die Sparkasse Oberhausen gewonnen werden, in Kooperation einen Comic-Preis auszuschreiben. Hier sollen das kreative Erzählen und Zeichnen gefördert werden. Aufhänger ist dabei die Schöpfungsgeschichte, die von Ralf König im Prototyp ja höchst eigenwillig erzählt wird.
Den Gewinnern und Gewinnerinnen winken hier nicht nur Geldpreise, sondern auch die Präsentation der prämierten Werke im Rahmen der Ausstellung. Dass sich dabei auch Aufklärung in alle Richtungen ergeben wird, davon gehen wir aus.
hpd: Ralf König wird selbst auch einige Male auf der Ausstellung präsent sein...
Christine Vogt: Ja, und zwar wie folgt:
Donnerstag, 8. Oktober 2009, 18 Uhr: Archetyp. Vorstellung und Lesung von und mit Ralf König, anschl. Signiermöglichkeit
Freitag, 6. November 2009, 16 Uhr: Verleihung des Comic-Preises im Rahmen der Ausstellung Der Eros der Nasen. Comics von Ralf König, in Anwesenheit des Zeichners
Sonntag, 6. Dezember 2009, 15 Uhr: Auktion der Nasen. Versteigerung von Zeichnungen Ralf Königs zugunsten der Aidshilfe Oberhausen (Details hier)
Freitag, 11. Dezember 2009, 18 Uhr: Werkstattgespräch: Der Comic-Zeichner Ralf König, mit anschl. Signiermöglichkeit
Freitag, 8. Januar 2010, 18 Uhr: Podiumsdiskussion: Religion und Kritik, mit Vertretern der verschiedenen Religionen und Atheisten
Freitag, 22. Januar 2010, 18 Uhr: Knollennasen gestern und heute, Ralf König im Gespräch, mit anschl. Signiermöglichkeit
hpd: Vielen Dank für das Gespräch!
Mit Ralf König und Christine Vogt sprach hpd-Redakteurin Fiona Lorenz
Öffnungszeiten der Ludwig Galerie: Di. bis So. 11-18 Uhr (Mo. und 24.12., 25.12., 31.12. geschlossen)