Einladung zum christlich-humanistischen Dialog

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Berlin: Marienkirche, Fernsehturm / Foto: Evelin Frerk

BERLIN. (hvd/hpd). Der Landesverband Berlin des Humanistischen Verbandes gratulierte dem neuen Bischof der Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, zu seiner Amtseinführung und forderte erneut eine Beendigung des Kirchensteuerstreits.

Mitte Mai 2009 hatte die Synode der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz den aus Koblenz kommenden Pastoren und dortigen Superintendenten Markus Dröge zum neuen Bischof gewählt. Er ist der Nachfolger von Bischof Wolfgang Huber, der in Pension ging. Am vergangenen Samstag wurde Dröge mit einem Festgottesdienst in der „Bischofskirche“ St. Marien in Berlin-Mitte in sein Amt eingeführt.

Der HVD Berlin begrüßte den neuen Bischof und verwies implizit darauf, dass er als Sohn eines Diplomaten in Washington, Paris und Brüssel aufgewachsen ist. „Mit Markus Dröge tritt ein Mann die Nachfolge von Bischof Huber an, dessen Welterfahrung einer Stadt wie Berlin viele Chancen bietet. Insbesondere wir Humanistinnen und Humanisten hoffen auf eine zugeneigte und wohlwollende Zusammenarbeit und sind bereit zu einem christlich-humanistischen Dialog.“

Aber die organisierten Humanisten lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass es unterschiedliche Positionen gibt: „ Es gab und gibt Interessenkonflikte und auch Konkurrenzen zwischen den Aktivitäten der Kirche und unserem Verband. Jüngstes Beispiel waren die scharfen Auseinandersetzungen zwischen den Interessengruppen Pro Reli / Pro Ethik in Berlin. Und sicher wird es auch künftig Interessenskonflikte geben.“

Aber das ist nur eine Seite der Realität, denn: „Zugleich gibt es aber viele Bereiche, in denen sich die Interessen und Tätigkeitsfelder beider Organisationen überschneiden. So sind zwar die Schwerpunkte und Akzente im Bereich der sozialen Arbeit unterschiedlich gesetzt, doch geht es sowohl der Kirche als auch dem Humanistischen Verband in Berlin in ihrem Tun um eine sozialere und gerechtere Gesellschaft, um die Rückorientierung zum Menschen und zur Gemeinschaft hin in einer zunehmend individualisierten und profitorientierten Welt.“

Diese Aufgaben lassen sich nicht im Dissens lösen, und so lädt der HVD Berlin den neu gewählten Bischof ein, „einen Dialog und Austausch“ zu beginnen. „Dieser soll die nötigen unterschiedlichen Ansichten zu Bekenntnis- und Ethikfragen keineswegs verkennen, zugleich aber die Möglichkeit bieten, Kulturkämpfe zu vermeiden und über gemeinsame Anliegen respektvoll zu diskutieren und zu streiten.“

„Rasterfahndung nach Kirchensteuerflüchtigen“ einstellen

Gleichzeitig war es für den HVD Berlin eine Gelegenheit, ein schon seit längerem bestehendes konkretes Konfliktthema anzusprechen und den Bischof dazu aufzurufen, „die in der Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz praktizierte Suche nach ehemaligen Kirchenmitgliedern bzw. ‚Kirchensteuerflüchtigen’ einzustellen.“

Personen, die beispielsweise nach Berlin zuziehen und keine Kirchensteuer zahlen, in der Regel in den neuen Bundesländern geboren sind oder dort wohnen und von denen nach 1990 keine ausgestellte Kirchenaustrittserklärung vorliegt, werden über ein Schreiben der Kirchensteuerstelle des Finanzamts gebeten, ihren Kirchenaustritt zu belegen. Können sie kein rechtsgültiges Austrittsdokument vorlegen, wird Kirchensteuer verlangt, teilweise rückwirkend, soweit finanzrechtlich zulässig. Auf diese Weise findet die Kirche nach Informationen des Humanistischen Verbandes jährlich ca. 5.000 Personen, die ihr Leben selbstbestimmt außerhalb der Kirche entwickelt haben. Klagen dieser Menschen scheitern meist an dem Fehlen einer rechtsgültigen Austrittserklärung. In diesem Zusammenhang erinnert der HVD Berlin an die Forderung einer „Weihnachtsamnestie im Kirchensteuerstreit" aus dem Dezember 2004.

Abschließend ein Angebot an die Evangelische Landeskirche: „Der Humanistische Verband in Berlin steht für dialogische Debatten und respektvolle Streitgespräche zur Verfügung.“

Unterschiede und Gemeinsamkeiten?

Nach Presseberichten ist dem neuen Bischof der innerreligiöse Dialog mit Katholiken und Juden sehr wichtig und er sprach sich in ersten Interviews auch für ein Zusammenleben mit Muslimen in «Klarheit und guter Nachbarschaft» aus. Ob er das Angebot des Humanistischen Verbandes gleichermaßen annimmt, wird sich zeigen müssen. Die Aufzählung in seiner ersten Bischofspredigt verweist zumindest in eine pluralistische Auffassung der Welt: „Unterschiede müssen benannt werden, ja. Aber nicht als Mauern zwischen Menschen. Jede und jeder – ob Jude, evangelischer oder katholischer Christ, ob Muslim, Humanist oder Atheist – hat die Verpflichtung sein Hoffnungslied zu Markte zu tragen und nach den Gemeinsamkeiten zu suchen, die die Hoffnung auf eine friedlichere Welt stärken.“

C.F.