Erste Paare heiraten in Wien

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Wiener Rathaus / Foto: Freidenker

WIEN. (fdb/hpd) Nach mehr als 50 Jahren gemeinsamen Lebens wollten Herbert Tomecek und Friedrich Bauer keinen Tag warten. Sie haben am 4. Jänner im Wiener Rathaus geheiratet. Oder sich verpartnerschaftet, wie Homosexuellen-Organisationen sagen. Am Standesamt, mit einer kleinen Zeremonie.

Auf die große Feier, die ihnen in der Bundeshauptstadt zugestanden wäre, haben die beiden verzichtet, genauso wie die drei anderen Paare. Eine Protestaktion gegen die jahrzehntelange Diskriminierung Homosexueller in der Zweiten Republik, die seit Jahresbeginn etwas aufgeweicht wurde. Seit 1. Jänner 2010 können Homosexuelle mit der eingetragenen Partnerschaft eine Art Ehe light schließen - allerdings ohne Adoptionsrecht.

450 Paare dürften es heuer werden, schätzt die zuständige Magistratsabteilung 35 in Wien. 20 haben sich bisher angemeldet. Deutlich mehr als in den anderen Bundesländern. Das überrascht kaum. Mit Ausnahme einiger Großstädte dürfen Homosexuelle die eingetragene Partnerschaft nicht mit einer Zeremonie am Standesamt feiern sondern sind auf die Bezirkshauptmannschaften angewiesen. Ein Behördenakt zweiter Klasse, wie nicht nur Homosexuellen-Organisationen kritisieren.

Resultat eines großkoalitionären Kompromisses

Nach monatelagen Verhandlungen verhinderte die ÖVP per Veto, dass Homosexuelle ihre rechtliche Partnerschaft auf die gleiche Art feiern dürfen wie Heterosexuelle. Lediglich eine vorwiegend SPÖ-dominierte Großstädte wie Linz, Wien, St. Pölten und Salzburg nutzen die etwas schwammige Formulierung im Gesetz und ignorieren die diskriminierende Bestimmung schlichtweg. Im schwarz-grün regierten Graz sorgt das für einen koalitionären Konflikt. Die Grünen würden Homosexuellen gerne eine Atmosphäre bieten, die der von Hochzeiten entspricht. ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl ist strikt dagegen. Der Trauungssaal des Rathauses bleibt für homosexuelle Paare zu. Lediglich in Innsbruck wird diskutiert, ob man die diskriminierende Bestimmung nicht doch einfach ignoriert und Homosexuellen zumindest bei der Eintragung der Partnerschaft die gleichen Rechte zugesteht wie heterosexuellen Paaren.

Ungeachtet der immer noch existierenden Diskriminierung wünscht der Freidenkerbund den ersten Paaren, die die eingetragene Partnerschaft eingegangen sind, alles Gute.

Christoph Baumgarten