KARLSRUHE. (hu/hpd) Als ermutigendes Zeichen für Millionen Menschen und als grundsätzliches Votum für den Sozialstaat hat die Humanistische Union (HU) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen von Hartz IV gewürdigt.
Unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier hat der Erste Senat die Berechnung der bisherigen Regelsätze für Kinder und Erwachsene als verfassungswidrig eingestuft. Bis zum Jahresende fordert das höchste deutsche Gericht nun eine verfassungskonforme Regelung ein.
In diesem Punkt bedauert der Zweite Vorsitzende des HU-Ortsverbands Marburg, Franz-Josef Hanke, die Karlsruher Entscheidung jedoch als "falschen Pragmatismus auf Kosten der Bedürftigen". Wenn das Gericht die Regelsätze für Kinder als offensichtlich zu niedrig erkannt habe, hätte es seiner Ansicht nach auch auf sofortige Anhebung dieser Zuweisungen bestehen müssen.
Im Grunde aber sieht sich Hanke durch das Gericht in seiner Kritik an Hartz IV bestätigt: "Diese Gesetzgebung hat die Verelendung und Ausgrenzung von Millionen Menschen vorangetrieben, ohne ihnen genügend Hilfestellungen zur Verbesserung ihrer Situation zu bieten."
Nur zehn Tage vor der Urteilsverkündung hatte die Humanistische Union in Marburg eine bundesweite Tagung zur gerechten Ausgestaltung der Sozialsysteme durchgeführt. Unter dem Titel "Wenn die Würde gewürdigt würde – Kurskorrektur hin zu Sozialen Grundrechten" hatten am Samstag (30. Januar) fünf Fachreferenten vor knapp 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern über den aktuellen Stand der Sozialen Grundrechte in Deutschland referiert.
Die Karlsruher Entscheidung zu den Regelsätzen bestätigt die Kernaussagen der Tagung. Bereits dort hatte der Marburger Rechtsanwalt Dr. Peter Hauck-Scholz darauf hingewiesen, dass sogenannte "zahlenförmige Rechtsnormen" wie die Hartz-IV-Regelsätze auf transparente und nachvollziehbare Weise zustande kommen und auch einer inhaltlichen Überprüfung standhalten müssen.
Sicherung des Soziokulturellen Existenzminimums
Die Sicherung des Soziokulturellen Existenzminimums, das ein menschenwürdiges Leben inmitten der Gemeinschaft ermöglicht, darf nach Ansicht des Marburger Anwalts auch nicht mit angeblichen Sparzwängen abgelehnt oder eingeschränkt werden. Diese Rechtsposition hat auch das Bundesverfassungsgericht mit seinem Spruch untermauert.
Mit Genugtuung nimmt Hanke zudem das Votum der Verfassungsrichter zur Kenntnis, das zusätzliche Leistungen für regelmäßige besondere Aufwendungen einfordert. "Man kann einfach nicht alle Menschen über einen Kamm scheren", bestätigte der Bürgerrechtler die Auffassung des Gerichts.
Auch wenn die Karlsruher Entscheidung aus seiner Sicht noch viele Fragen offen lässt, sieht Hanke darin dennoch "eine schallende Ohrfeige für all diejenigen, die das Sozialstaatsprinzip auf dem Altar der neoliberalen Sparpolitik opfern wollen". Schließlich hatten die Verfassungsrichter ihren Spruch mit nichts Geringerem begründet als dem Schutz der Menschenwürde nach Artikel 1 des Grundgesetzes.
Dragan Pavlovic