Blues Brothers jetzt „katholischer Klassiker“

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Stencil graffiti at Staromiejska Street in Szczecin, Poland

(hpd) Vor einigen Tagen erklärte die halboffizielle Vatikanzeitung „L'Osservatore Romano“ den Film „Blues Brothers“, pünktlich zu dessen dreißigjährigen Geburtstag, zum „katholischen Klassiker“. Wer hinter dem Namen der Mutter Oberin, Schwester Maria Stigmata, oder der akrobatischen Erleuchtung von Jake Blues, während einer Soul-Predigt von „Sex-Machine“ James Brown, bislang ein Sakrileg vermutete, der wird damit nun endgültig eines Besseren belehrt.

Stellt sich nur die Frage, wie es dazu kam?

Nun, dazu ist in der Presse zu lesen, dass es eine Vielzahl katholischer Referenzen im Film gebe und dass die Brüder Jake und Elwood Blues schließlich „im Auftrag des Herrn“ unterwegs sind, um ihre Mission zu erfüllen. Aber welche Mission genau ist das? Wirft man darauf einen Blick, wird das vatikanische Kalkül offensichtlich. Die Mission lautet, „die Band“ wieder zusammenzubringen, um mit ihr 5.000 $ zu sammeln und die überfälligen Steuerschulden von Schwester Maria Stigmata und dem von ihr geführten Waisenhaus zu bezahlen. Denn Jake und Elwood sind tatsächlich ehemalige Heimkinder, die sich nun, auch noch nach Jahren, unter abenteuerlichen Bedingungen „im Auftrag des Herrn“ selbstlos für ihr altes Kinderheim einsetzen.

Eine Geschichte also, von der der Vatikan nur träumen kann, in den Zeiten, in denen die Wahrheit über die weltweiten Misshandlungen in christlichen Kinderheimen endlich enthüllt wird. Wie zum Trotz wirkt es da, dass Rom ausgerechnet die „Blues Brothers“ zum katholischen Klassiker erklärt, wo katholische Kritiken bislang größtenteils dazu neigten, den Film von Seiten seiner „rauen Sprache und geschmacklosen Begebenheiten“ (rough language and crude situations) zu beurteilen. Und – wie z. B. die Süddeutsche Zeitung bemerkt – findet das oben erwähnte Erweckungserlebnis von Jake Blues ausgerechnet während einer evangelikalen Predigt in einer Baptistenkirche statt. Im Sinne popkultureller Öffentlichkeitsarbeit ist scheinbar selbst der Vatikan zur Ökumene bereit, auch wenn der „L'Osservatore Romano“ nach Angaben von Reuters keine signifikante Rolle der Spiritualität in dem Film sieht, neben dem Auftritt der Nonne und eben dem Motto der „Blues Brothers“: Unterwegs im Auftrag des Herrn.

Zugleich sorgen sich katholische Kreise in Amerika aber schon um die popkulturelle Öffnung des Vatikanblattes und befürchten sarkastische Reaktionen von säkularen Nachrichtenmagazinen. Ihre Forderung: „L'Osservatore Romano“ soll sich wieder verstärkt den spirituellen Themen und erhabenen Fragen des Glaubens zuwenden.

Ob die Erklärung der „Blues Brothers“ zum katholischen Klassiker als unsensibler Schachzug in der aktuellen und höchst brisanten Heimkinderdebatte zu sehen ist oder als kurioser Versuch, das angeschlagene Image der katholischen Kirche auch mit Hilfe Hollywoods aufzufrischen, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Jetzt wäre es jedenfalls nur konsequent, auch die Harry Potter-Reihe zum katholischen Klassiker zu erklären, durch die Papst Benedikt XVI im Jahr 2005, damals noch im Amt des Kardinals, die Zersetzung des Christentums in der Seele der Leser vorhergesehen hat. Darin kämpfen ja bekanntermaßen Schüler und Lehrer gemeinsam, unter Einsatz ihres Lebens, für ihr Internat und gegen das Böse. Dass Hogwarts kein katholisches Internat ist, kann der vatikanischen PR derzeit sicherlich nur gut tun.
 

Sascha Schmidt

 

Wer sich von den „katholischen Qualitäten“ der „Blues Brothers“ überzeugen möchte, bekommt am Freitag, den 09. Juli die Gelegenheit dazu. An diesem Tag wird der Film um 14:45 Uhr bei Arte zu sehen sein.