Offener Brief an Henning Kullak-Ublick vom "Bund der Freien Waldorfschulen"

Anthroposophie und Rassismus

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Die "Stuttgarter Erklärung" ist das Instrument des "Bundes der Freien Waldorfschulen" zur Abwehr von Kritik an Rudolf Steiners Rassismus. Auf unzähligen Homepages der Waldorfschulen weiterverbreitet, dient sie auch zur Beruhigung irritierter Eltern. Doch wie steht es um den Wahrheitsgehalt der "Stuttgarter Erklärung"?

Bei der Präsentation der "Stuttgarter Erklärung" wird Rudolf Steiner ein "Ausspruch" in den Mund gelegt, den dieser nie gemacht hat. Aber das eigentliche Problem ist größer und stellt die Anthroposophie als solche in Frage.

Offener Brief an Henning Kullak-Ublick, Sprecher und Vorstand des "Bundes der Freien Waldorfschulen".

Sehr geehrter Herr Kullak-Ublick,

ich bitte um Ihre Stellungnahme zur "Stuttgarter Erklärung" des "Bundes der Freien Waldorfschulen", zum Artikel des Humanistischen Pressedienstes: "Rudolf Steiners Rassismus und die 'Stuttgarter Erklärung'".

Meine Frage an Sie: Wieso spricht der "Bund der Freien Waldorfschulen" in der "Stuttgarter Erklärung" noch im Jahre 2020 von "vereinzelten Formulierungen" Rudolf Steiners, die diskriminierend "wirken"?

Unabhängige Anthroposophie-Experten wie Prof. Helmut Zander, Prof. Peter Staudenmaier und andere haben schon vor Jahren nachgewiesen, dass Rudolf Steiners Rassismus durch seine anthroposophische "Evolutionslehre" – Steiners "Menschheitsentwickelung" – verursacht ist. Steiners "Menschheitsentwickelung" ist zentraler Bestandteil der Anthroposophie, ihr Beweggrund und Ziel. Steiners Rassismus ist also wesenhafter Bestandteil der Anthroposophie.

Rudolf Steiner weist menschlichen "Rassen"1 unterschiedliche Wertigkeit zu. Nur die "Weiße Rasse" ist laut Steiner zur Höherentwicklung fähig, andere "Rassen" sind dem Untergang geweiht, Zitat Steiner:

Der Neger hat also ein starkes Triebleben. Und weil er eigentlich das Sonnige, Licht und Wärme, da an der Körperoberfläche in seiner Haut hat, geht sein ganzer Stoffwechsel so vor sich, wie wenn in seinem Innern von der Sonne selber gekocht würde. Daher kommt sein Triebleben. (…) Und so ist wirklich ganz interessant: Auf der einen Seite hat man die schwarze Rasse, die am meisten irdisch ist. Wenn sie nach Westen geht, stirbt sie aus. Man hat die gelbe Rasse, die mitten zwischen Erde und Weltenall ist. Wenn sie nach Osten geht, wird sie braun, gliedert sich zu viel dem Weltenall an, stirbt aus. Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse. (…) Und so werden in der Zukunft gerade aus den Rasseeigentümlichkeiten solche Dinge hervorgehen, die man kennen muss, damit man sich richtig hineinstellt ins Leben." (Rudolf Steiner, "Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums", GA 349)

Dazu sagt Prof. Helmut Zander: "Diese Aussagen, die Steiner 1923, zwei Jahre vor seinem Tod, von sich gab, sind kein Betriebsunfall in seinem Denken, sondern eher ein zusammenfassender Schlussstrich unter Überzeugungen, die Wurzeln in seiner Kindheit haben und die er seit seiner theosophischen Zeit evolutionstheoretisch aufgeladen und immer wieder geäußert hatte. 'Degenerierte Indianer' und 'passive Negerseelen' gehörten schon 1909 zu seinem weltanschaulichen Inventar, dazu kommen vergleichbare Vorstellungen zum Judentum (…)" (Helmut Zander: "Die Anthroposophie – Rudolf Steiners Ideen zwischen Esoterik, Weleda, Demeter und Waldorfpädagogik", Ferdinand Schöningh, 2019, Seite 196)

Mit freundlichen Grüssen

Andreas Lichte

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  1. "Rasse" ist kein wissenschaftlich haltbarer Begriff. In einem Text über Steiners Anthroposophie sehe ich mich aber leider gezwungen, ihn zu benutzen. ↩︎