Atheisten haben es an religiösen Feiertagen nicht immer leicht. Oft kommt bei der gemeinsamen Familienfeier das unvermeidliche Thema "Gott" auf und warum man denn nicht mehr glaube. Wie verhält man sich als Atheist? Die Füße still halten, um den Familienfrieden nicht zu stören? Oder diskutieren, was das Zeug hält? Falls Sie, liebe hpd-Leserinnen und -Leser, sich für Letzteres entscheiden, haben wir hier für Sie die besten Argumente für die anstehende Festtagsdiskussion zusammengestellt.
Die Weihnachtszeit ist für viele Menschen in Deutschland schlicht eine Zeit, in der man die Familie oder Freunde besucht, zusammen isst, (Alkoholisches) trinkt, sich gegenseitig beschenkt und – gelegentlich auch – miteinander über grundlegende Fragen diskutiert. Bei diesem Anlass kommt auch die Frage nach Gott hin und wieder auf. Dabei ist ein religiöser Bezug immer seltener vorhanden, geschweige denn der eigentliche Grund für das Zusammenkommen.
Doch in diesem Rahmen bietet die Frage nach Gott durchaus ein großes Konfliktpotenzial. Vor allem dann, wenn besonders glühende Verfechter beider Standpunkte in einem Raum vertreten sind und das "Glühen" nicht lediglich von den Argumenten herrührt. Aber auch bei nüchterner Betrachtung lohnt sich ein genauerer Blick auf die Gründe, warum viele Atheisten davon ausgehen, dass "Gott" nicht existiert. Folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einige der Argumente ausformulieren, die trotz oder gerade wegen ihrer Stichhaltigkeit etwas zu selten Beachtung von der religiösen Seite finden. Für einige der Argumente wird die Existenz eines "Gottes" vorübergehend als gegeben angenommen.
1. Definitionsproblem
Atheismus, Agnostizismus oder Ignostizismus? Aus wissenschaftlicher Sicht wäre wohl der ignostische Ansatz am ehesten gerechtfertigt, weil jeder religiöse Mensch sich "Gott" anders vorstellt und keine einheitliche Definition vorliegt. Fragt man lange genug nach, so ergeben sich selbst unter Mitgliedern ein und derselben Familie unterschiedliche Vorstellungen von "Gott". Da es keinen Sinn ergibt, über Milliarden verschiedene Gottesbildern zu debattieren, sollte man sich der Einfachheit halber auf einen wenigstens in Ansätzen kohärent definierten einigen, wenn man weiter darüber reden möchte. Nehmen wir hierfür den christlichen, da die meisten in Deutschland lebenden religiösen Menschen an eine Form von diesem Gott glauben. Aber allein die Tatsache, dass es noch nie eine einheitliche Definition für Gott gab – selbst innerhalb spezieller Strömungen nicht – und wohl auch nie geben wird, ist für viele Grund genug, das Konzept Religion zu verwerfen.
2. Fehlende Evidenz
Aus demselben Grund, aus dem mehr und mehr Menschen davon ausgehen, dass auch die Zahnfee, Drachen, Dämonen, Geister oder andere Fabelwesen nicht existieren, wird auch die Existenz eines Gottes verneint: es handelt sich um Fantasiewesen, deren Existenz noch nie auch nur ansatzweise bewiesen werden konnte. Warum sollte Fantasiewesen A mit höherer Wahrscheinlichkeit existieren als Fantasiewesen B? Es gibt bei dem enormen Mangel an Beweisen schlicht keinen Grund, die Existenz "Gottes" anzunehmen. Dieser Mangel entsteht einerseits durch die vielen Eigenschaften, die diesem Konstrukt zugeschrieben werden. Je mehr postulierte Eigenschaften, desto einfacher müsste es sein, die Existenz jener übernatürlichen Entität nachzuweisen. Zum anderen entsteht dieser Mangel durch die enorme Zeitspanne, in der bisher kein Beweis erbracht wurde. Beweise sind jedoch unabdingbar, möchte man nicht als jemand wahrgenommen werden, der genauso gut auch – bar jedweder Faktenlage – der Ansicht sein könnte, dass Elvis lebt.
3. Ockhams Rasiermesser
Es ist ratsam, so wenig Zusatzannahmen zu treffen wie möglich und nur so viele wie nötig. Metaphysische Wesen wie Götter erklären nichts, ohne gleichzeitig noch mehr neue Fragen aufzuwerfen und Ungereimtheiten zu produzieren. Hinzu kommt: was auch immer Religionen behaupteten zu wissen und wo auch immer sie ihren Wahrheitsanspruch ansetzten – es stellte sich so zuverlässig wie nur irgendetwas in diesem Universum stets heraus, dass die Wissenschaft Recht hatte und die Religion irrte. Man könnte sogar fast sagen, dass, wann immer die Religion behauptet, sie wüsste ein Phänomen zu erklären, beinahe jede andere Erklärung plausibler ist, sofern in dieser nicht ebenfalls unnötige zusätzliche Annahmen getroffen werden. Konkret auf ein Beispiel angewendet zeigt sich etwa bei der Frage nach dem Ursprung des Universums, dass "Gott erschuf es" keine zufriedenstellende Antwort sein kann, da sich die Frage dann schlicht um eine Stelle verschiebt, nämlich: woher stammt dann "Gott"? Und warum sollte etwas, das für "Gott" gelten kann (gerne angeführt: "war schon immer da"), nicht auch für das Universum gelten können?
4. Vernunftbasierte Ethik
Religionen führen zu Kriegen, begünstigen diese oder führen zu ungerechtfertigter, pauschaler Ablehnung anderer Menschengruppen. Die Blutspur, die sich durch die gesamte Geschichte der Religionen und ihrer vermeintlichen "ewigen Wahrheiten" zieht, ist nur schwerlich zu übertreffen. Während die Moral nur danach fragt, was "gut" und "böse" ist, fragt die Ethik danach, was "fair" und "unfair" ist. Eine zeitgemäße Ethik braucht weder unantastbare Wahrheiten noch übernatürliche Wesen. Dass die Unterteilung in "gut" und "böse" nicht ausreicht, zeigt allein schon jeder religiöse Fanatiker, der im festen Glauben an "die (vermeintlich) gute Sache" selbst die abscheulichsten Gräueltaten vollführen kann. Mit der Frage, ob es fair ist, sich so gegenüber anderen Menschen zu verhalten, haben sich diese offenbar noch nicht sonderlich intensiv befasst. Oder aber sie sind aufgrund von (religiösen) Märchen dem Irrglauben verfallen, anderen durch das Herbeiführen des Todes späteres Leid in der Hölle wegen angeblichen "Sünden" zu ersparen. Auch wenn die Frage nach "Gott" vielen aus agnostischen oder ignostischen Gründen völlig überflüssig erscheinen mag: Sie ist es nicht. Andernorts schlachten sich noch immer Menschen ab, um der Frage nachzugehen, wer den cooleren imaginären Freund hat. Das Leben vieler wäre deutlich besser, wenn die Gesellschaft und insbesondere deren Spiegelbild in den Parlamenten weniger von religiösen Dogmen geleitet wäre. Aus der Ethik oder genauer: aus Werten, die von der Allgemeinheit akzeptiert werden, folgt nämlich eine bestimmte Politik. Ohne den Beginn der Säkularisierung (Verweltlichung) und die Verbreitung des leider noch lange nicht so weit wie möglich fortgeschrittenen Laizismus (Trennung von Staat und Religion) wären bestimmte Gesetze wohl nie gekippt worden. Man denke etwa an die Bestrafung Homosexueller oder die nun in Ansätzen bereits erreichte Beseitigung der Einschränkungen für LGBTIQs.
5. Theodizee-Problem
Viele Gläubige – vor allem die Anhänger der monotheistischen Religionen – schreiben ihrem Gott die folgenden drei Eigenschaften zu: Allwissenheit, Allmächtigkeit und Allgütigkeit. Nur ist diese Kombination in Anbetracht des enormen, menschlichen (sowie tierischen) Leids ziemlich fragwürdig. Denn entweder hat dieser "Gott" die Macht, das unnötige Leid auf der Welt zu beenden und möchte dies nicht tun – dann wäre er nicht allgütig – oder aber er kann es nicht – dann ist er aber nicht allmächtig. Möglich wäre auch: er weiß nichts von dem Leid, dann ist er aber nicht allwissend. Und angenommen er besitzt all diese Eigenschaften und schreitet dennoch nicht ein, weil er, wie so gerne angenommen, einen "größeren Plan" verfolgt, dann möchte man nur zu gern wissen, was das für ein Plan sein soll, bei dem Kinder ihren dritten Geburtstag nicht erleben, weil sie an Krebs sterben, oder aber was das für ein grandioser Plan sein soll, bei dem Kinder erst geboren werden, nur um Minuten später in der Asche von im Krieg zerbombten Krankenhäusern zu ersticken. Sollte ein allgütiges und allmächtiges Wesen, das weiß, welches unnötige Leid sein Plan erzeugen wird, nicht einen Weg finden, damit Kleinkinder nicht qualvoll sterben müssen? Was auch immer das für ein Plan wäre: Er wäre abzulehnen, sollte es ihn denn geben. Doch wahrscheinlicher ist, dass es weder einen vorgefertigten Plan noch Wesen mit den benannten Eigenschaften gibt.
6. Minimale Wahrscheinlichkeit
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich "ein Gott" einer kleinen Gruppe von Altwelt-Tockennasenaffen auf einem kleinen blauen Planeten am Rande der Milchstraße offenbart? Und davon auch nur einer Gruppe, während er andere Gruppen bewusst in die Irre führt? Und wie hoch ist hingegen die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen schlicht immer das "Gott" nannten, was sie sich nicht erklären konnten? Heute haben wir zur Erklärung von Phänomenen die Wissenschaft und müssen längst nicht mehr auf selbsternannte Gurus, Heilsbringer und Gottgesandte vertrauen. Und warum sollte sich ein "Gott" erst viele Jahrtausende, nachdem es menschliche Hochkulturen und verschiedenste Formen von Zivilisationen gab, offenbaren und dafür eine Sprache nutzen, die nur ein Bruchteil ohne Übersetzung versteht?
7. Wetten, dass
Angenommen einer der rund 3.000 bisher erfundenen Götter ist real und dieses Wesen würde tatsächlich nach dem Ableben über uns Menschen "richten", dann wäre der Standpunkt, dass wir aus Mangel an Beweisen an keinen davon glauben, sicherlich einleuchtender als das aufgrund von Bauchgefühlen lebenslange Huldigen des "falschen Gottes". Die Wahrscheinlichkeit "den richtigen" anzubeten liegt ungefähr bei 1 zu 3.000. Und das auch nur, wenn es exakt einen gibt und keine Vielzahl oder, was am wahrscheinlichsten ist, keinen. Supranaturalistische Wesen sind nach allem, was wir bisher wissen, nicht real. Weder können einzelne Anekdoten – dass uns die Psyche nur zu gerne mal einen Streich spielt, wissen wir aus der Neurologie mittlerweile sehr gut – noch andere Phänomene, die lediglich noch nicht durch die Wissenschaft erklärt wurden, ein gerechtfertigter Grund dafür sein, die Existenz solcher Wesen anzunehmen. Lange Zeit nahmen Menschen etwa an, dass die menschlichen Emotionen doch ein Beleg dafür seien, dass es "zwischen Himmel und Erde" mehr gibt, als wir Menschen zu verstehen vermögen. Doch auch hier zeigte sich wieder, dass die Wissenschaft letztendlich die religiösen Annahmen Lügen strafte. Die neuronal bedingten chemischen Prozesse im Hirn, die wir Emotionen nennen (und die durch das Wissen darüber, was genau passiert, übrigens nicht an Bedeutung, Schönheit oder Intensität verlieren), sind mittlerweile hervorragend erforscht. Durch die Stimulation bestimmter Areale lassen sich sogar bestimmte Gefühle erzeugen.
8. Die Bibel
Wer auch immer eines der sogenannten "heiligen Bücher" las, wird recht schnell festgestellt haben, dass es darin um Menschenrechte, Demokratie, Gleichberechtigung von Mann und Frau et cetera nicht sonderlich gut bestellt ist. Und dafür muss man noch lange nicht nur auf das Alte Testament mit seinem rachsüchtigen und blutrünstigsten "Gott" blicken – um beim gewählten Beispiel des Christentums zu bleiben –, sondern dies gilt auch für das Neue Testament, wie dieses Beispiel zeigt: "So jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein." (Lukas 14:26). Tatsächlich lehrt uns die Geschichte sogar, dass die benannten Werte und Errungenschaften der Gesellschaft allesamt entgegen weltlicher und vor allem auch religiöser Herrscher blutig erkämpft werden mussten. Außerdem: in vielen Religionen werden Ex-Gläubige auf Grundlage der vermeintlich "heiligen Schriften" entweder verfolgt oder aber zumindest sozial isoliert. Wer solch eine Handhabung nicht für antiquiert hält, dessen Argumente können in diesem Punkt kaum stichhaltig sein. Es mag zwar eine Tatsache sein, dass viele moderate Gläubige durch eine akrobatische Exegese die verwerflichen Inhalte, Mensch und Vernunft sei Dank, in ihr Gegenteil verkehren möchten. Doch dieser Umstand ändert nichts an den eigentlich sehr eindeutig formulierten, menschenverachtenden Passagen, die es neben den friedfertigen eben auch gibt. Und gerade diese zum Teil widersprüchlichen Stellen sind für viele religionsfreie Menschen ein Grund, der Religion den Rücken zuzukehren. Es gibt schlicht keinen Grund, so viel Aufwand zu betreiben, um widersprüchliche, falsche und menschenverachtende Passagen in ein positives Licht zu rücken, wenn stattdessen auch einfach nach zeitgemäßeren Maßstäben für das eigene sowie das gesellschaftliche Leben gesucht werden kann, die ohne derartigen, angeblich unveränderlichen Ballast auskommen.
9. Verdrehen von Fakten
Gerade eingefleischte Theisten argumentieren nicht selten auf eine Weise, die die Vorläufigkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch ihre bewährten Methoden zu diskreditieren versucht. Wer dies nötig hat, um einen Standpunkt zu untermauern, dessen Integrität kann allein aus formellen Gründen angezweifelt werden. Aber auch inhaltlich ist diese Ansicht fragwürdig: Denn gerade die prinzipielle Offenheit gegenüber besseren Argumenten und die grundlegende Revidierbarkeit, um die Realität sukzessive immer exakter beschreiben zu können, ist die große Stärke der Wissenschaft. Wir geben nicht vor, letztgültige Wahrheiten erkannt zu haben, sondern die Realität stets nur so genau beschrieben zu haben, wie mit den aktuellen Mitteln möglich. Im Gegensatz zu jeder Religion ist Wissenschaft nicht dogmatisch. Jede Theorie in der Wissenschaft besteht nur so lange, bis sie widerlegt und durch eine noch exaktere ersetzt werden kann. Eine Realität wird von der Wissenschaft nicht geschaffen, die Wissenschaft wird von der Realität erzeugt. "Absolute Wahrheiten" gibt es gemäß dieser Auffassung nicht. Zentral ist dabei, dass inhaltliche Kritik prinzipiell immer zugelassen sein muss und sich jede Theorie im Wettstreit mit anderen anhand mehrerer Kriterien messen lassen muss. Wer diese Grundprinzipien der Wissenschaft ablehnt oder als verwerflich darstellt, muss eine effektivere Methodik vorstellen, um Erkenntnisse über die Welt zu erlangen. Wie die vergangenen Jahrtausende zeigten, eignet sich die Religion dafür allerdings nicht.
10. Mut zur Lücke
Nicht für jedes Phänomen gibt es eine Erklärung. Es gibt durchaus auch Begebenheiten, die nicht geleitet durch eine Person oder ein Wesen, sondern allein aufgrund der (äußeren) Umstände zustandekommen. Die Psychologie lehrt uns, dass Menschen dazu neigen, allem und jedem einen Sinn zu geben. Auch dadurch ist zu erklären, weshalb es seit Jahrtausenden Esoterik, Religionen und Verschwörungstheorien gibt und sich selbst die abstrusesten auch heute noch großer Beliebtheit erfreuen. Sei es die vorgebliche Glücksbringer-Halskette, der angeblich durch Engel beschützte Überlebende eines Autounfalls oder aber die Gedankengebilde von Reichsbürgern, Chemtrailern und Co. Doch wie sich herausstellte, irren wir uns nur allzu häufig mit der Annahme, hinter jeder Begebenheit stünde "ein größerer Plan" oder eine "Absicht". Die Annahme, dass das Universum und der Mensch durch Zufall entstanden sind, ist für viele Atheisten zufriedenstellender als die Antwort, ein willkürlich definiertes Fabelwesen hätte dies getan. Und das ist der Fall, obwohl die Evolutionstheorie (auch hier wieder: dass jede Annahme in der Wissenschaft letztlich auf Theorien begründet und somit prinzipiell revidierbar ist, ist keine Schwäche der Wissenschaft) nicht besagt, dass der Mensch "zufällig" entstanden ist. Diese besagt, dass die natürliche Selektion und zufällige Mutation zwei der Triebfedern waren. Und auch bei der Abiogenese (also dem Übergang von anorganischer zu organischer Materie) waren wohl eher die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben schlicht über einen viele Millionen Jahre andauernden Zeitraum so günstig, dass irgendwann beinahe zwangsläufig der Prozess der chemischen Evolution in Gang gesetzt werden musste. Ebenso muss die Entstehung des Universums gemäß wissenschaftlicher Theorien nicht zufälliger Natur gewesen sein. Quantenfluktuationen könnten schlicht zu jenen Umständen geführt haben, dass Raum, Zeit und Materie entstehen konnten. Womöglich war es aber auch einfach "Zufall" – und das wäre in Ordnung. Womöglich werden wir es in einigen Jahrhunderten herausfinden, womöglich aber auch nie – und auch das wären beides Zustände, mit denen die meisten Atheisten gut leben könnten.
11. Immunisierung vor Kritik
Viele werden selbst diesen Text als infame Beleidigung oder übergriffigen Missionierungsversuch zu diskreditieren versuchen. Doch die kritische Reflexion von (Schein-)Argumenten ist per se keine Missionierung, sondern zunächst der Versuch von Aufklärung. Jeder, der der Ansicht ist, dass es am besten wäre, wenn niemand Einfluss auf den Glauben eines anderen Menschen nimmt, der sollte kritisch reflektieren, was daraus logisch folgen würde. Denn dann wäre es plötzlich auch unredlich, jemanden darauf hinzuweisen, dass bestimmte Annahmen wissenschaftlich unhaltbar sind. Zum Beispiel auch dann, wenn jemand an Verschwörungstheorien oder esoterischen Unsinn glaubt. In einer Welt, in der Aufklärung im Keim erstickt wird, möchten jedoch die wenigsten religionsfreien Menschen leben. Kritik muss immer und jederzeit möglich sein. Dass viele Religionen sich mit dem Beginn ihrer Existenz fortwährend gegen Kritik zu immunisieren versucht haben, zeigt, dass ihnen am Wert der Kritik nicht so viel gelegen ist wie am dogmatischen Festhalten an (womöglich) grundfalschen Annahmen. Nicht Frömmigkeit ist eine Tugend, sondern das stete Suchen nach vorläufigen Wahrheiten und die Einsicht darin, dass sich jeder ganz fundamental irren kann und jede auch noch so bewährte Theorie bei Bedarf revidiert werden kann und muss. Diese Tugend wurde von den Religionen bis heute nicht anerkannt, weshalb nicht gerade wenige Atheisten eine grundlegende Abneigung gegenüber den Religionen besitzen.
Diese Gründe sind Beispiele dafür, weshalb viele religionsfreie Menschen heutzutage keinen religiösen Bezug zur Weihnachtszeit mehr benötigen. Der gerne angenommene religiöse Hintergrund des rituellen Zusammenseins und des Beschenkens wird eher mit einem Augenzwinkern hingenommen, wenn nicht gleich – Vorsicht: Konfliktpotenzial! – darauf hingewiesen wird, dass es sich dabei streng genommen um ein heidnisches Fest handelt, welches von vielen Religionen schlicht übernommen wurde.
25 Kommentare
Kommentare
Junius am Permanenter Link
Entschuldigt, aber an dem Thema "Gott" ist nichts "unvermeidlich", und zumindest bei denen, die ich kenne, Familie wie andere, kommt das Thema an Weihnachten genauso oft auf wie sonst auch: gar nic
Roland Weber am Permanenter Link
Mein persönlicher Weg reichte von früher - Singverweigerung - bis heute - glaubt doch was ihr wollt! Wem diese Frage wichtig ist, der interessiert sich auch dafür und hat deshalb auch einiges dazu gelesen.
Sinnvoll diskutieren kann man nur über Fakten (und was da so steht, kann ein Gläubiger kaum abstreiten). Im übrigen erinnere ich dabei gern an das Ockham'sche Rasiermesser: Wenn es eine einfache Erklärung für etwas gibt, muss man nicht mit hochkomplexen Hypothesen arbeiten! Das ausgebliebene Reich Gottes gibt einen wertvollen Hinweis.
Ich habe bereits eine eigene Denkhilfe an den hpd gesandt und hoffe, dass dieser Beitrag auch einmal im Sinne der Suchenden, Zweifler und Argumentationsscheuen veröffentlicht wird.
Kurz: Jesus ist eine literarische Erfindung. Hinter der Erfindung stehen auch ganz irdische und nachvollziehbare Interessen und Motive.
Thomas Greve am Permanenter Link
Vielen Dank für diesen hervorragenden und wichtigen Text.
In diesem Sinne: merry nothing!
Martin Mair am Permanenter Link
Letztlich ist das doch wieder ein Versuch der Missionierung der Nichtangottgläubigen.
Es gäbe da noch die Höflichkeitsvariante:
"Was sagen Sie dazu, wenn irgendwelche andere Personen über Sie selbst hinter Ihrem Rücken irgendwelche Behauptungen über Sie aufstellen und dann noch für sich selber Vorrechte beanspruchen, weil sie ungefragterweise behaupten, eine besondere Beziehung zu Ihnen zu haben."
Daher gebietet es schon die Höflichkeit über Gott keine Aussagen aufzustellen!
Damit gibt es auch keine Notwendigkeit die Nichtexistenz von etwas beweisen zu wollen, was schon per Definition nicht beweisbar ist ...
Und die Conclusio von Feuerbach war: Tue Gutes der Menschen wegen.
Allemal besser als nach dem alten Motto "auf alle Fälle Recht behalten" zu streiten und Unfrieden zu bringen.
Entspannte, aufgeklärte Weihnachten
Martin
Martin Mair am Permanenter Link
Im übrigen: Was in der deutschen Sprache als "Atheisten" bezeichnet wird, müßte korrekterweise eigentlich Antitheisten heißen ... ;-)
"Gottfrei" leben hieße wohl eher, sich nicht in den Kampf gegen Gott zu stürzen sondern einfach zu sagen: Ich weiß es nicht. Auch alkoholfreie Getränke existieren ganz gut neben den alkholhaltigen Getränken ;-)
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Was mir hier immer wieder auffällt ist, dass die Autoren von hpd ihren indoktrinierten Wahn nicht ablegen können - man hat ihnen einen engen, verkapselten Diskursraum gegeben, in denen sie gefangen sind.
Frank Nicolai am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Reichert,
Sie kommentieren jeden Artikel, in dem es um Religion geht, mit den immer gleichen Worten - völlig unabhängig vom Inhalt des Artikels. Deshalb löschen wir so viele Ihrer Kommentare. Auch hier findet sich wieder Ihr Textbaustein: "Götter sind ausgedachte Figuren - Personifikationen von Dinge und Alleingötter waren und sind schon immer Personifikationen der Lichtenergie..."
Wir haben diesen Kommentar freigegeben, weil Sie so freundlich waren, Ihre Zensurvorwürfe hier öffentlich zu machen und uns so Gelegenheit geben, darauf zu antworten.
Reinhold Brenner am Permanenter Link
Alles gute und nachvollziehbare Argumente fuer jeden der sehen und denken kann.
Wolfgang am Permanenter Link
Der Ehemann zu seiner Frau:" Bislang hat mir noch nie ein Gott gesagt, was ich machen darf oder nicht! Wieso immer wieder du??"
Konflikte sind christlichen Ursprungs, weiter nix!
A.S. am Permanenter Link
Ich hab's gerne kürzer:
- All die im Laufe der Menschheitsgeschichte außer Mode gekommenen Gottheiten waren Erfindungen ihrer Priester. Warum sollte das bei den heute noch modischen Gottheiten anders sein?
- Wem nutzt Religion im diesseits? Den Priestern. Der Glaube der anderen verleiht ihnen Ansehen, Wohlstand und Macht.
- Je fester Menschen an ein besseres ewiges Leben nach dem Tode glauben, desto leicheter lassen sie sich in den Krieg schicken. Beweis 1: Einige Jahrtausende Menschheitsgeschichte. Beweis 2: Die Legende von Kaiser Konstantin. Der hat begriffen, wie nützlich die Vorstellung von einem Paradies für seine Soldaten ist. Das Chritentum, traue ich mich zu behaupten, verdankt seinen Aufstieg seiner militärischen Nützlichkeit.
- Mit Religion dressiert man Menschen. Jede Regierung wünscht sich ein in ihrem Sinne gut dressiertes Volk. Die Menschen-Dompteure nennt man "Priester".
- Das ist der Trick der Priester: Schon für ein lediglich behauptetes Leben nach dem Tod in einem himmlischen Paradies tun die Menschen einfach alles. Sogar auf Geheiß ihrer Dompteure ihnen völlig fremde Menschen umbringen und sich in die Luft sprengen.
Wie schon der römische Philosoph Seneca sagte: "Religion gilt dem gemeinen Manne als wahr, dem Weisen als falch, den Herrschenden als nützlich." Wer versteht, WIE und WOZU Religion nützlich für die Herrschenden ist, der hat ganz schnell die Nase voll davon und versteht, was gerade in Deutschland abläuft.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Ein Problem bleibt ungelöst, was sage ich meinen Enkelinnen (5 und 6), warum ich am Heiligabend nicht mitkomme, wenn sie in die Kirche gehen?
Rainer Marczinowski am Permanenter Link
Herr Goeckel, seien Sie beruhigt. Die fragenden Enkelinnen verkraften ihre Antwort, und die Eltern lernen, dass eine einfache Kinderfrage an den Opa auch eine einfache, ehrliche Opa-Antwort verdient.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Atheisten haben es an religiösen Feiertagen nicht immer leicht."
Doch, ich immer.
Meinhart Lammer am Permanenter Link
Ich vermisse in dem von mir geteilten Artikel die Kommentare zum ursprünglichen Artikel, die eine sehr wesentliche Bereicherung darstellen.
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Für die Diskussion mit Gläubigen und Zweifelnden ergänzend hier noch eine kleine Handreichung.
1. Bemerkenswerte beobachtbare Widersprüchlichkeiten:
Die Religionszugehörigkeit wird selten aufgrund eigener Überzeugung gewählt sondern festgelegt aufgrund des Geburtslandes bzw. der Religion der Eltern.
Trotz angeblich überzeugter Gläubigkeit findet kein glaubenserfülltes Beten statt in aussichtslosen Fällen. Beispiele: Bitte um Nachwachsen eines amputierten Beins, Wiederwecken eines gestorbenen Kindes.
Tausende von Göttern wurden bisher verehrt und wieder vergessen – Warum sollte ausgerechnet Jahwe der „wahre Gott“ sein? Jahwe war einst ein kleiner, unbedeutender Wettergott auf dem Nordsinai.
Der biblische Gott hat sich trotz Allwissenheit zweimal fatal geirrt: Er veranlasste die Sintflut, weil die Menschen so schlecht und sündig waren, „dass es ihn reute“. Ein paar tausend Jahre später musste er seinen Sohn auf die Erde senden, damit dieser die Sünden der Menschen, aus deren Verstrickung sie sich selbst nicht befreien könnten, stellvertretend übernimmt.
Wissenschaftliche Argumente gegen Christentum und Kirche:
Etwa ab dem 16. Jahrhundert trat die Naturwissenschaft als dritte kulturprägende Disziplin auf neben Philosophie und Theologie und widerlegt bis heute viele religiöse Vorstellungen.
Geist ist eine Funktion der Materie bzw. materieller Strukturen, keine eigenständige Wesenheit. Einen von der Materie unabhängigen menschlichen Geist, eine separate Seele, gar einen „Geist Gottes“ anzunehmen, ist daher wenig plausibel.
Moral ist über Kooperation und Empathie nach und nach evolutionär entstanden, nicht von Gott den Menschen mitgeteilt worden.
Die (nicht zielgerichtete!) Evolutionstheorie erklärt die Menschwerdung überzeugend, weil wissenschaftlich nachvollziehbar. Die Bibel dagegen erzählt ein einfältiges Märchen.
Moralische Argumente gegen Christentum und Kirche:
Die desaströse Geschichte des Christentums und der Kirche: Kreuzzüge, Inquisition, Pogrome, „Hexen“verbrennungen, hunderttausendfacher priesterlicher Kindesmissbrauch, … erschüttert die Behauptung von der humanen Komponente, die angeblich das Christentum der Menschheit gebracht hätte. Grundsätze humanen Verhaltens haben im Übrigen alle Kulturen weltweit hervorgebracht.
Die Erlösung von den Sünden durch ein von Gott veranlasstes Menschenopfer (!) ist zumindest für heutige Menschen eine intellektuelle und moralische Zumutung ersten Ranges.
Die Christliche Lehre ohne die Aufklärung, wesentlich getragen von relgionskritischen Philosophen, verträte noch heute die Normen einer uralten Hirtenkultur, vergleichbar dem heutigen orthodoxen Islam und dem orthodoxen Judentum.
Die Theodizee zeigt auf, dass Gott entweder nicht allmächtig oder nicht allwissend oder nicht barmherzig ist oder, was die logische Konsequenz ist, nicht in der verkündeten Form existiert.
Gotteserfahrungen als „Beweis“ für die Existenz Gottes:
Die „bewundernswerte Schöpfung“ wird gern als (angeblich) sichtbares Zeichen der Existenz Gottes angesehen. Die Evolutionstheorie dagegen kann deren Entstehung nachvollziehbar erklären. Auch die Kosmologie bietet Erklärungsmuster von deutlich größerer Überzeugungskraft.
Eine unerwartete Begebenheit oder Begegnung wird oft als (angeblicher) Fingerzeig Gottes gedeutet. Dabei hängt die Deutung eines solchen „Fingerzeigs Gottes“ von der ganz persönlichen Situation und der subjektiven Erwartungshaltung ab.
Generell gilt: Eine Gotteserfahrung ist nur eine ganz persönliche, nicht übertragbare Erfahrung, ist also allenfalls von subjektiver, keinesfalls von allgemeingültiger Bedeutung.
Nähere inhaltliche Erläuterungen und Begründungen dazu auf den Seiten der Richard-Dawkins-Foundation. Siehe dort unter Folge 1 bis Folge 4. (Insgesamt gibt es dazu sieben Folgen.) Hier geht es zu Folge 1: Bemerkenswerte Ungereimtheiten und Widersprüche:
https://de.richarddawkins.net/articles/bemerkenswerte-ungereimtheiten-und-widerspruechlichkeiten
Wolfgang am Permanenter Link
Ich bin mit einer Katholikin verheiratet. Argumente sind zwecklos, sinnlos, denn gegen eine
Thomas R. am Permanenter Link
"fragt die Ethik danach, was "fair" und "unfair" ist."
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Roland Fakler am Permanenter Link
Es gibt so viele Vorstellungen von Gott, wie es Gläubige gibt, weil sich jeder seinen Gott so macht, wie er ihn braucht. Es gibt den Küng-Gott ebenso wie den Ratzinger–Gott.
Nora Koch am Permanenter Link
Was macht man wenn die Familie seit Jahren nicht mehr mit einem spricht, egal worüber?
Juli am Permanenter Link
Danke für den Hervorragenden Beitrag. Ich habe alles mit Genuss gelesen.
Paul am Permanenter Link
"Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich "ein Gott" einer kleinen Gruppe von Altwelt-Tockennasenaffen auf einem kleinen blauen Planeten am Rande der Milchstraße offenbart?
Auch das ist so widersprüchlich, einerseits hat sich "Gott" damals nur seinem "auserwählten Volk" offenbart und die übrige damalige Weltbevölkerung quasi ausgegrenzt von der Chance, durch An-Ihn-glauben ins Paradies zu kommen. - Und dann werden später Missionare in alle Weltgegenden ausgesandt, um die "Heiden" zu bekehren. Warum hat "Gott" sich denn nicht gleich ALLEN Menschen offenbart? Die ganzen Religionskriege wären der Menschheit erspart geblieben, und ein "allwissender" Gott hätte das gewusst.
Und was die Propheten betrifft, wenn diese damals einfach behauptet haben sollten, dass sie göttliche Eingebungen erhalten hätten, und über Charisma verfügten, sodass ihnen ihre Behauptungen geglaubt wurden? Niemand hat jemals überprüft, wie sich das damals abgespielt hat, aber Jahrtausende (!) später wird das alles für bare Münze genommen, so wie wenn man immer noch denken würde, dass Gewitter der Ausdruck des Zornes eines höheren Wesens wären. - Mal drüber nachdenken!
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Der Himmel bewahre mich davor, ausgerechnet zu Weihnachten mit der Familie über Gottesfragen zu diskutieren! ;-)
Im Ernst - danke für dieses weihnachtliche Vademecum, Constantin. Ich füge noch hinzu, womit ich schon manche Debatte - oft sogar versöhnlich - zum Thema beendet habe:
Mit der Weiterführung des Ignostizismus-Gedankens. Tausende von Religionen gibt es auf der Welt, nicht gerechnet die schon vergangenen. Die meisten davon haben einen expliziten Alleingültigkeitsanspruch, der Rest letztlich auch einen - impliziten. Das bedeutet aber, dass all diese per Definitionem die Gültigkeit und Richtigkeit aller anderen Glaubenskonstrukte ausschließen. Ist das möglich?
Ja, schon. Es bleibt dann eben eine gültige Position. Dabei stellt sich gar nicht einmal so sehr die Frage, welche das ist. Es stellt sich die erkenntnistheoretische Frage, was angesichts dieser Situation wahrscheinlicher ist: Dass EINE richtig ist oder dass ALLE falsch sind.
Man möge die Diskussion nach Möglichkeit mit dieser offenbleibenden Frage beenden und die Anwesenden zum weiteren Nachdenken auffordern.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Dass EINE richtig ist oder dass ALLE falsch sind" - genau die richtige Frage, Udo! Jemand (Andreas Kilian, wenn ich mich recht erinnere) hat mal die Anzahl aller bisherigen Religionen inkl.
Ich finde, das ist kein schlechter Schnitt.
Ist aber auch ziemlich belanglos für jemanden, der abergläubisch ist.
Paul am Permanenter Link
Die Bibel enthält ja eine ganze Menge von Anweisungen und Ratschlägen. Erstaunlicherweise jedoch Nichts über z.B. die Gefahren von Bakterien und die Ursachen diverser Krankheiten.
Viel wahrscheinlicher ist doch, dass die Bibel NICHT auf göttlichen Eingebungen beruht, sondern die damals Lebenden schlicht ihr damaliges Wissen - und ihre eigenen moralischen Vorstellungen - schriftlich festhielten. Eine göttliche Eingebung wurde lediglich behauptet, um Druck zu erzeugen, und war niemals vorhanden.
Wolfgang am Permanenter Link
Die Bibel enthält ja eine ganze Menge von Anweisungen. Stimmt.
Aber kein einziger aller Gläubigen , ich wiederhole, kein einziger hält sich daran.
Erstens, jeder der Gläubigen bastelt sich seinen Glauben so zurecht, wie er ihm am besten
in den eigenen Kram passt.
Zweitens, kaum einer der Gläubigen kennt die Bibel von vorne bis hinten (ich schon, sonst
wäre ich nicht so antichristlich eingestellt,
Drittens, die teuflische Scheinheiligkeit, Christen bringen sich gegenseitig um oder
bescheißen sich gegenseitig.
Das ganze heißt nicht Christentum sondern Geisteskrankheit.