Die radikal-muslimischen Taliban fordern, dass sich alle Frauen in Afghanistan verhüllen – das betrifft selbstverständlich auch TV-Journalistinnen. Dass Moderatorinnen nun mit Burka die Nachrichten verlesen sollen, löst Empörung aus. Aus Solidarität haben die männlichen Kollegen die Kampagne #FreeHerFace gestartet und aus Protest auch ihr Gesicht maskiert. Nicht nur Journalist*innen unterstützen den Hashtag.
Nachdem Mädchen der Zugang zur Sekundarschulbildung verwehrt wurde, sind wieder die Frauen Angriffsfläche für die Gotteskrieger in Afghanistan. Taliban-Führer Hibatullah Akhundzada fordert laut einem am 7. Mai erlassenen Dekret, Frauen sollen sich vollständig verhüllen "idealerweise mit der traditionellen (arabischen) Burka", wie Hindustan Times schreibt. Sollte eine Frau gegen dieses Dekret verstoßen, drohten ihren männlichen Verwandten Geld- oder Haftstrafen. Das Diktat der Talibs betrifft alle Frauen, seit dem 20. Mai auch Nachrichtensprecherinnen.
Männliche Fernsehmoderatoren maskieren sich
Einige Moderatorinnen in den Großstädten hätten sich dem Befehl der Islamisten widersetzt, heißt es bei The Guardian. "Wir haben auf der Redaktionskonferenz entschieden, dass wir zwar den Befehl der Taliban akzeptieren, unsere männlichen Kollegen aber aus Solidarität Masken tragen", sagt Lema Spesali, Nachrichtensprecherin bei 1TV in Kabul, gegenüber The Guardian. Die Männer haben sich mit ihren Kolleginnen solidarisiert. Ihrem Protest haben sie den Namen #FreeHerFace gegeben. Der Hashtag wurde laut TOLO News auch von dem ehemaligen UN-Sondergesandten für Afghanistan, Kai Eide, und dem Chef der irischen RTÈ News verwendet. Internationale Medien wie auch die Mitarbeiter der Deutschen Welle haben den Protest unterstützt.
"Wenn wir Nachrichten sprechen, ist die korrekte Aussprache von Buchstaben und Wörtern wichtig. Maskiert und in einem geschlossenen Raum gestaltet sich das schwierig", sagte Suhaila Yousufi, eine Moderatorin des afghanischen Senders TOLO TV. Die Menschenrechtsaktivisten Farah Mustafawi sagte gegenüber TOLO TV: "Sollte dieses Problem bestehen bleiben, führt das zum Zusammenbruch des wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und sozialen Lebens in Afghanistan."
Würden die Männer auch Burka tragen?
Die Solidarität der Männer mit ihren Kolleginnen währte laut The Guardian zwei Tage. "Mit einer Maske aufzutreten, ist sehr nervig", sagt ein afghanischer Moderator, der namentlich nicht benannt werden wollte. "Man hat das Gefühl, jemand packt einen an der Kehle, so kann ich nicht sprechen." Sahar Fetrat, eine afghanische Aktivistin, die für Human Rights Watch arbeitet, sagte dem Guardian: "Journalisten tragen Gesichtsmasken. Es ist eine großartige Tat." Es sei einer der wenigen Fälle, in denen afghanische Männer etwas Solidarisches tun. Der gesamte Widerstand und die Proteste gegen den Schleier seien bisher von Frauen geführt worden. Die Aktivistin wendet sich dennoch mit kritischen Fragen an die afghanischen Männer: "Die Frage ist, würden sie auch einen Hijab tragen? Würden sie sich mit einer Burka bedecken, wenn sie dazu aufgefordert würden?"