Konservative Bischöfe entschuldigen sich vor Gott

Queere Pilgerfahrt nach Rom

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Ein Regenbogen über dem Vatikan
Ein Regenbogen über dem Vatikan

Sie bitten um Vergebung – gegen die "Entweihung", gegen die "Sodomie" und "Sühne". Vier Bischöfe beten vor einer Marienstatue und entschuldigen sich für das "Gräuel, das in der Ewigen Stadt begangen wurde". Es geht um eine LGBTQ-Pilgerreise nach Rom. Der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Ludger Schepers, nannte das Sühnegebet ein "beschämendes Zeichen kirchlicher Engstirnigkeit".

Sie wollten nur beten und ihrem Glauben frönen: Im September pilgerten queere Katholik:innen nach Rom, unter dem Motto "für alle, alle, alle". Organisiert wurde die Pilgerfahrt unter anderem von La Tenda di Gionata ("Das Zelt des Jonathan"), einem italienischen Verein, der sich für Vielfalt in der Kirche einsetzt.

Entweihung des Petersdoms durch Unzucht

Vielfalt im Vatikan – sagen die einen, für die anderen ist es "Sodomie" und "Unzucht". Die Bischöfe Joseph Strickland (USA), Athanasius Schneider (Kasachstan), Marian Eleganti (Schweiz) und Rob Mutsaerts (Niederlande) sehen durch die queere Pilgerfahrt eine "Entweihung" des Petersdoms. In dem Gebet sprachen sie von "Unzucht". Die Pilgerfahrt sei eine "Plattform zur Legitimierung von Sünden gegen das sechste Gebot", mokierten die Gottesmänner. Die Kirche sei "durch den Missbrauch des Heiligen Jahres, der Heiligen Pforte und des Petersdoms öffentlich gedemütigt" worden. Das Gebet endete mit den Worten: "O Herr, lass Deine Kirche erneut erstrahlen – katholisch, frei und keusch."

Vier Ultrakonservative gegen Franziskus

Die vier Männer – Strickland, Schneider, Eleganti und Mutsearts – eint nicht nur ihr Katholizismus. Sie gehören auch zum ultrakonservativen Flügel ihrer Kirche. Joseph Strickland ist kein echter Bischof mehr. Franziskus hatte ihn entlassen. Er war einer der schärfsten Kritiker des ehemaligen Papstes, Impfgegner und Posterboy der Rechten in den USA. Weihbischof Athanasius Schneider aus Kasachstan ist gebürtiger Deutscher, er ist weniger politisch, aber kirchlich ein dogmatischer Traditionalist. Auch er hatte Franziskus öffentlich kritisiert. Der Schweizer Marian Eleganti ist schon lange ein Kämpfer gegen die "Gender-Ideologie" und gegen die Migration von Muslimen nach Europa. Der vierte im Bunde, Rob Mutsaerts aus den Niederlanden, kritisiert den Synodalen Weg der Kirche in Holland und hetzt gegen Homosexuelle.

Buße statt Dankbarkeit über queere Pilgerfahrt

Ludger Schepers, der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, bezeichnete das Sühnegebet der vier Erzkonservativen als "skandalös" und ein "beschämendes Zeichen kirchlicher Engstirnigkeit". Statt Dankbarkeit zu zeigen, sei es pastoral fatal, nach einer Pilgerfahrt Buße zu leisten. "Das ist kein Akt des Glaubens, sondern ein Akt der Ausgrenzung", sagt Schepers. Er gehört eindeutig dem reformorientierten Flügel der deutschen Kirche an und ist damit ein Gefährte von Kardinal Reinhard Marx. Marx hält zwar am zölibatären Priestertum fest und ist strikt gegen die Weihe von Priesterinnen, hat aber vor antidemokratischen Tendenzen in der Kirche gewarnt – unabhängig vom Gebet der vier Bischöfe. Er sagte dem Evangelischen Pressedienst: "Was von rechts außen kommt, ist immer spalterisch". In der katholischen Kirche gebe es viele Menschen, die keine Demokraten seien. Das Sühnegebet der Ultrakonservativen offenbart die Demokratiefeindlichkeit des Klerus und zeigt deutlich die offene Spaltung der katholischen Kirche.

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