Genom der ältesten noch lebenden Orang-Art analysiert

Gerade entdeckt und bald ausgestorben?

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Tapanuli-Oran-Utan
Tapanuli-Oran-Utan

Gerade erst entdeckt könnten sie in nur wenigen Jahrzehnten ausgestorben sein. Schon 1997 gab es erste Hinweise auf eine dritte Orang-Art im Dschungel Indonesiens. Die Gen-Sequenzierung von 37 Individuen durch das Institut für Evolutionäre Anthropologie und Genomik in Zürich und das Deutsche Primatenforschungszentrum in Göttingen brachten nun die Bestätigung. Doch von den Tapanuli-Orangs gibt es nur noch rund 800 Exemplare.

Die auf Sumatra am Toba-See im Norden der Insel lebenden Tapanuli-Orang-Utans, die sich in ihrer Gestalt durch die Schädel- und Zahn-Formation von dem ebenfalls auf Sumatra beheimateten Pongo abelli und dem auf Borneo lebenden Pongo pygmeaeus unterscheiden, sind selbst genetisch fast unveränderte Nachfahren dieser ältesten noch existenten Orang-Art, die sich schon vor ungefähr 20.000 Jahren herausgebildet hat. Das hat man durch einen Vergleich des Genom-Materials am Computer rückrechnen können. Sie haben unter anderem einen kleineren Schädel, gekräuseltes kurzes Haar und Schnurrbärte. Auch die Weibchen sind bärtig. Im "Current Biology" wurde die Art jetzt erstmals offiziell taxonomisch genau beschrieben und Pongo tapanuliensis genannt. (Erste Orang-Vorläufer entwickelten sich innerhalb der Gattung der Hominiden vor 15 Millionen Jahren. Vor 14 Millionen Jahren spaltete sich davon im heutigen Indien der ausgestorbene Ramapithecus ab.)

Nun sind die frisch getauften Tapanuli-Orangs aber durch die Abholzung der Wälder und den geplanten Bau eines Staudamms zwecks Stromgenerierung in ihren Überlebenschancen bereits massiv gefährdet und könnten von der Bühne des Lebens verschwinden, kaum dass wir von ihnen erfahren haben.

Tapanuli-Orang-Utan - Batang -Toru - Foto Maxime Aliaga - zur Verfügung gestellt durch Primatenforschungszentrum Goettingen
Tapanuli-Orang-Utan - Batang -Toru - Foto: Maxime Aliaga - zur Verfügung gestellt durch Primatenforschungszentrum Goettingen

Forscher der Australian National University hatten 1997 erstmals Orang-Utans in Nord-Sumatra entdeckt. 2013 gelangte dann ein Skelett eines getöteten Orangs der Tapanuli-Population in die Hände der Wissenschaftler. Unter ihnen war Matthew Nowak, der über dieses Skelett promovierte und heute das Sumatra-Orang-Utan-Schutzprogramm leitet. Er sagt: "Wir waren völlig überrascht, dass der Schädel in einigen Merkmalen anders ist, als was wir zuvor gesehen hatten." Michael Krützen, Instituts-Chef an der Universität Zürich: "Als wir feststellten, dass sich die Tapanuli-Population morphologisch von allen anderen Orang-Utan unterschieden, passte unser Puzzle zusammen." Christian Roos, der am Deutschen Primatenforschungszentrum in Göttingen die Genom-Untersuchungen leitet: "Genetische Untersuchungen ermöglichen es uns, Unterschiede zwischen verschiedenen Arten viel genauer zu definieren, als dies mit früheren Methoden möglich war. Denn erst im Erbgut findet man wichtige Belege für eine getrennte eigenständige Entwicklung."

Matthew Nowak warnt: "Wenn nicht früh genug Maßnahmen eingeleitet werden, um gegenwärtige und künftige Bedrohungen zu reduzieren, und jedes noch verbleibende Waldstück zu bewahren, stirbt eine Menschenaffenart bereits in wenigen Jahrzehnten aus."

Dabei war sie doch gerade noch quasi vor den Augen der frühen Menschen entstanden, 20.000 Jahre nachdem auf Sulawesi ein struppiges Trüppchen des Homo sapiens die ersten Hirscheber auf Felswände malte, die man ebenfalls vor nur wenigen Jahren entdeckte.

Tapanuli-Orang-Utan Batang -Toru - Foto Maxime Aliaga - Zur Verfügung gestellt durch  Primatenforschungszentrum Göttingen
Tapanuli-Orang-Utan Batang -Toru - Foto: Maxime Aliaga - Zur Verfügung gestellt durch  Primatenforschungszentrum Göttingen