Kalenderthema 2026

Die zufällig richtigen Naturkonstanten

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So stellt sich eine künstliche Intelligenz das Unvorstellbare vor, ein Multiversum. Im Oktober 2025 antwortete die Google-KI Gemini so auf die Aufgabe: "Visualisiere ein Multiversum".
Multiversum

Der Jahreskalender 2026 der Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Rhein-Neckar gibt Informationen über die physikalisch grundlegenden Gegebenheiten, die unser Leben ermöglichen – die Naturkonstanten – und stellt die Frage nach Gründen und Bedingungen für die Genauigkeit ihrer Werte.

Wieso leben wir auf der Erde und nicht etwa auf dem Jupiter, Saturn oder der Venus – oder einem der mittlerweile weit über 6.000 sicher nachgewiesenen Exoplaneten im Kosmos? Nun, weil eben hier auf der Erde die Bedingungen genau so sind, dass das Leben entstehen konnte, bis hin zur Evolution des Menschen. Grundlegend für die Entstehung des Lebens sind physikalische Bedingungen und Werte von Prozessen oder Spezies, die den Rahmen dafür geben. Dieser Rahmen wird durch die Naturkonstanten gesetzt.

Nennt man den Begriff "Naturkonstanten", fällt vielen wohl die Lichtgeschwindigkeit ein, die im Vakuum 299.792.458 Meter pro Sekunde beträgt. Allgemein liest man, dass es mindestens 37 Naturkonstanten gibt; Wikipedia listet 45 auf – die Variationen gibt es je nach Definition, Ableitung oder gesetzten Rahmenbedingungen. Als fundamental gelten solche Konstanten, die sich auf allgemeine Eigenschaften von Raum, Zeit und physikalischen Vorgängen beziehen und sich nicht ableiten lassen.

Es stellt sich die Frage: Wieso haben Naturkonstanten diese Werte? Diskutiert wird diese Frage unter der Bezeichnung "anthropisches Prinzip". Es besagt einfach, dass die Beobachtung eines Universums kompatibel mit der Entstehung eines Bewusstseins sein muss, dass diese Beobachtung macht. Es gibt verschiedene Auslegungen des anthropischen Prinzips; über 30 werden gezählt. Neben der hier genannten schwachen Formulierung etwa gibt es auch die starke Auslegung, das Universum habe so geformt werden müssen, um die Entstehung von Beobachtern in ihm zu erlauben. Diese starke Interpretation setzt also eine Zielrichtung voraus; man spricht von teleologischer Interpretation (telos steht im griechischen für Zweck oder Ziel; logos für Lehre).

Schmiede

Max Planck entdeckte die nach ihm benannte Konstante bei Überlegungen, warum das Spektrum der Wärmestrahlung einer idealisierten Wärmequelle – ein schwarzer Strahler – allein von deren Temperatur abhängig ist. Ein Schmied erkennt von der Rotglut zur Weißglut, wie heiß ein Werkstück ist. Foto: Josef Hofmarcher via Wikipedia (Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Befürworter der teleologischen Interpretation führen eben häufig die genaue Abstimmung der Naturkonstanten an, die notwendig ist, um Leben im Universum zu erlauben. Fast könnte man von einer theologischen Interpretation (theos = griechisch für Gott) sprechen. Die Glaubenssache an der starken Auslegung des anthropischen Prinzips liegt darin, dass nur eine geplante, einzigartige Feinabstimmung es ermöglicht habe, dass Intelligenzen im Universum entstehen. Damit geht man jedoch einen Weg der Besonderheit, den man mit dem geozentrischen Weltbild, also der Erde als Mittelpunkt des Universums, schon einmal – nachweislich falsch – gegangen ist. Ein Punkt, der die Diskussion um Naturkonstanten so wichtig macht: Sollten sie nur minimal andere Werte aufweisen, wäre Leben in unserem Universum nicht möglich, wird argumentiert. Um es kurz zu machen: Die Argumente für das anthropische Prinzip schwinden; so fein muss die Abstimmung wohl gar nicht sein.

Das anthropische Prinzip verliert jedoch vollkommen seine Bedeutung, zieht man die Existenz eines Multiversums in Betracht. Wir leben dann eben in einem Universum, in dem zufällig Leben nach unserer Erkenntnis möglich ist. Es mag viele – womöglich unendlich viele – andere Universen geben, mit anderen Bedingungen, vielleicht sogar anderen physikalischen Gesetzen, mit völlig fremdartigen Lebensformen – oder ohne jedes Leben. Ein Multiversum ist nicht einfach nur eine philosophische Idee, sondern eine mögliche Lösung physikalisch-kosmologischer Gleichungssysteme, die etwa der Stringtheorie zugrunde liegen. In ihr wird versucht, alle Naturkräfte miteinander zu vereinen. Wir könnten also in einem Multiversum leben, das Universen umfasst. Dementsprechend steht Multiversum im Singular; viele Multiversen ergäbe keinen Sinn mehr.

Der Kalender stellt die wichtigsten der rund 40 Naturkonstanten vor und zeigt Gründe auf, warum ihnen diese Bedeutung zugewiesen wird. Es geht dabei um die Lichtgeschwindigkeit und ihre absolute Geschwindigkeitsbegrenzung, die Masse des Elektrons und die Elementarladung, die Feinstrukturkonstante, die Planck-Konstante, die Gravitationskonstante, die Boltzmann-Konstante, die Avogadro-Konstante sowie die Kosmologische Konstante. Die Vorstellung der Konstanten geht auf historische Entwicklungen ein – die Begrenzung der Lichtgeschwindigkeit stellte man bemerkenswerterweise schon 1676 fest, ebenso den Zusammenhang untereinander. Auch die Frage der Genauigkeit und Konstanz der Naturkonstanten wird aufgegriffen: Warum liegen diese Konstanten in dieser oder jenem Wertebereich? Nimmt man ein Multiversum an, in dem unser Universum eins von vielen ist, heißt die Antwort einfach: Weil es zufällig die richtigen sind…

Den Kalender für das Jahr 2026 (A4-Querformat, Tischkalender) kann man über die Website der gbs Rhein-Neckar bestellen.

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