Die "Allee der Nationen" vor dem Büro der Vereinten Nationen in Genf
Foto: Tom Page via Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)
Am morgigen Samstag, dem 24. Oktober, jährt sich das Inkrafttreten der Charta der Vereinten Nationen (englisch: United Nations, kurz UN) zum 75. Mal. Zu diesem Anlass hat der hpd mit der Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen(DGVN) gesprochen und sie nach Erfolgen, Problemen und Bedeutung der UN gefragt.
hpd: Frau Dr. Heemann, was ist Ihre persönliche Bilanz aus 75 Jahren?
Dr. Lisa Heemann: Die UN haben große und kleine Krisen gemeistert. Natürlich blicken wir zur Zeit oft mit viel Sorge auf das Weltgeschehen und die lautstarken Gegner starker Vereinter Nationen, allen voran die USA: Der Multilateralismus steht unter Beschuss, wie UN-Generalsekretär Guterres sagt, und zwar genau dann, wenn wir ihn eigentlich am dringendsten brauchen.
Auch schon vor der Corona-Pandemie hatte die Welt viele, nur gemeinsam zu lösende Probleme: Klimawandel, wachsende Ungleichheiten oder Gestaltung der digitalen Transformation.
Was ist für Sie das Wichtigste an den Vereinten Nationen? Was ihr größter Erfolg?
Dr. Lisa Heemann ist seit Februar 2016 Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V. (DGVN). Zuvor forschte sie unter anderem am Franz von Liszt-Institut für internationales Recht und Rechtsvergleichung der Universität Gießen und war beim UNHCR, dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen, in Genf tätig.
Die UN sind einfach einzigartig – es gibt keinen anderen Verbund, dem alle Staaten angehören und der gleichzeitig alle großen Themen bearbeitet. Das ist eine unglaubliche Chance. In den letzten 75 Jahren haben die Vereinten Nationen an so vielen Stellen Außerordentliches geschafft – Ausrottung von Krankheiten, Bekämpfung von Armut oder Schutz und Versorgung für die Millionen von Menschen auf der Flucht.
Zu den größten Erfolgen der UN gehören auf jeden Fall die vielen erfolgreichen Friedensmissionen wie beispielsweise in Osttimor, in Liberia oder Sierra Leone. Für mich ist der Menschenrechtsschutz einer der beeindruckendsten Entwicklungen – als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948 verabschiedet wurde, hätten die meisten wahrscheinlich nicht mal in ihren kühnsten Träumen gedacht, dass daraus einmal so viele verbindliche Menschenrechtsverträge entstehen würden, Staaten regelmäßig peinlich genau über ihre Menschenrechtsbilanz berichten müssten und Bürgerinnen und Bürger auch individuell mit ihren Beschwerden in den Fachausschüssen gehört werden. Das war 1945 undenkbar.
Heute kämpfen wir mit der unzureichenden Umsetzung dieser Idee und Ideale, wir haben Staaten, die dieses System offen schikanieren und abschaffen wollen. Aber noch bietet die UN in Genf einen Ort, an dem Menschen und NGOs (Nichtregierungsorganisationen, Anm. d. Red.) der Weltöffentlichkeit berichten können, was sie in ihrem Land erleben.
Für mich ist es außerdem noch bemerkenswert und ungeheuerlich ermutigend, dass sich alle Mitgliedstaaten der UN im Jahr 2015 auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung geeinigt haben. Das ist unser gemeinsamer globaler Fahrplan für die Zukunft.
Worin sehen Sie die größten Schwächen und Probleme?
Die Umsetzung der gesetzten Ziele. Das ist nicht unbedingt den Vereinten Nationen selbst anzulasten, weil es die Mitgliedstaaten sind, die etwa die Ziele für nachhaltige Entwicklung energischer verfolgen, das Klima schützen oder die Menschenrechte umsetzen müssen. Manche Ziele können auch nicht umgesetzt werden, weil die Mitgliedstaaten die Vereinten Nationen nicht ausreichend unterstützen. Zum Beispiel beim Flüchtlingsschutz: Das Ziel und die Ressourcen, die zur Erreichung gebraucht werden, sind bekannt. Aber die Mitgliedstaaten leisten ihre finanziellen Beiträge nicht pünktlich oder nicht vollständig oder unterwerfen sie komplizierten Bedingungen!
Welche Reformen müssen umgesetzt werden?
Als erstes denkt man hier natürlich an die Reform des Sicherheitsrates, die offensichtlich notwendig ist. Doch dafür müsste die Charta geändert werden und das hieße, dass sich 193 Mitgliedstaaten auf einen neuen grundlegenden Vertrag einigen müssten, auch die bisherigen Veto-Mächte. Wir glauben, dass das in absehbarer Zeit unrealistisch ist, und empfehlen, sich vielmehr auf das zu konzentrieren, was möglich ist.
Im Sicherheitsrat haben die gewählten Mitglieder zum Beispiel kleine Erfolge bei den Arbeitsmethoden erreicht und so mehr Transparenz und Effektivität geschaffen. Es gibt viele kluge Ideen für Reformansätze: Die Kampagne "Together First" hat eine Reihe von Reformvorschlägen identifiziert, zu denen eine Diskussion lohnt – eine zentrale Anlaufstelle für die Zivilgesellschaft zum Beispiel oder ein "UN Youth Council".
Warum brauchen wir die UN und was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Für die Zukunft wünsche ich mir starke Vereinte Nationen, die mit globalen Lösungsansätzen auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren können. Wir können nur mit allen Staaten gemeinsam den Klimawandel und seine Folgen bekämpfen, Regeln für die neue digitale Welt entwerfen und auf neue Herausforderungen wie Pandemien reagieren. Die Mitgliedstaaten müssen sich deswegen für Lösungen im Rahmen der Vereinten Nationen einsetzen, nicht für nationale Einzelgänge.
Anscheinend ist es noch nicht überall angekommen, dass Wir nur den einen Planeten- Erde haben und noch immer einige Länder so tun als gäbe es nur deren Interessen.
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Es gibt auch nur eine Menschheit und diese zu erhalten, sollte oberste Priorität weltweit haben.
Bei so manchen "Staatsoberhäuptern" hat man den Eindruck, es gäbe viele Optionen für
deren Land oder die Menschheit. Nein, es gibt nur die eine, alles zu tun um diesen Planeten bewohnbar zu halten für alle Menschen. Jede andere Sicht auf die Erde führt unweigerlich zur Katastrophe.
Am 24. Oktober 1945 trat die Charta der Vereinten Nationen (UNO) in Kraft. Unter dem katastrophalen Eindruck des Zweiten Weltkriegs hatten sich im Sommer 1945 zunächst 51 Staaten zusammengefunden, um gemeinsame Ziele für eine weltweite Zusammenarbeit zu definieren. "Wir, die Völker der Vereinten Nationen, […] haben beschlossen, in unserem Bemühen um die Erreichung dieser Ziele zusammenzuwirken", heißt es in der Präambel.
Religionskritische Bücher haben es nicht immer leicht auf dem Buchmarkt. Genau deshalb hat sich der Aschaffenburger Alibri Verlag auf sie spezialisiert und wurde so in den vergangenen Jahrzehnten zum führenden Verlag für religionskritische Publikationen im deutschsprachigen Raum. In diesem Jahr feiert der Verlag sein 25-jähriges Bestehen. Im Interview mit dem hpd erläutert Verleger Gunnar Schedel, warum Alibri bei kontroversen Debatten innerhalb der säkularen Szene eine Scharnierfunktion übernehmen kann und was der Verlag außer Religionskritik sonst noch alles zu bieten hat.
Dass Religion an Einfluss verliert, zeigt sich in Deutschland daran, dass mittlerweile weniger als die Hälfte der Bevölkerung einer der beiden großen christlichen Kirchen angehört. Dieser gesellschaftliche Prozess hat viele Facetten und wird seit der Aufklärung von einem philosophischen Diskurs begleitet. Andreas Becke hat sich die wichtigsten an dieser Debatte beteiligten Denker vorgenommen und ihre Positionen in einem Buch zusammengefasst.
Der Sommer ist da, Großveranstaltungen finden wieder ungehindert statt, Masken werden kaum noch getragen. Man kann den Eindruck gewinnen, als gäbe es Corona nicht mehr. Unabhängig von den absoluten (gemeldeten) Infektionszahlen – die seit Kurzem wieder steigen – bleiben die Patienten, die ihre Covid-Erkrankung nach der Akutphase nicht loswerden. Long Covid kann nach wie vor entstehen. Der hpd hat mit einer Expertin darüber gesprochen.
Gestern wurde die Studie über Missbrauchsfälle im Bistum Münster veröffentlicht. Der hpd sprach hierüber mit Martin Schmitz, der selbst als Kind Missbrauch durch einen Priester erlebte und Sprecher des Beirats ist, der das Entstehen der Studie begleitete.
1 Kommentar
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Anscheinend ist es noch nicht überall angekommen, dass Wir nur den einen Planeten- Erde haben und noch immer einige Länder so tun als gäbe es nur deren Interessen.
Bei so manchen "Staatsoberhäuptern" hat man den Eindruck, es gäbe viele Optionen für
deren Land oder die Menschheit. Nein, es gibt nur die eine, alles zu tun um diesen Planeten bewohnbar zu halten für alle Menschen. Jede andere Sicht auf die Erde führt unweigerlich zur Katastrophe.