WUPPERTAL. (hpd) Religiöse Führer unter Anleitung der katholischen Schulministerin in NRW haben sich neulich gegenseitig versichert: "Der staatlich verantwortete Religionsunterricht ist somit auch ein wesentlicher Beitrag zur ethischen Bildung junger Menschen. Er trägt dazu bei, dass sie die Kompetenz erwerben, ihr Leben auch in der Verantwortung für andere und für das gesellschaftliche Miteinander zu gestalten." Dazu wurde eine "Gemeinsame Erklärung zum Religionsunterricht in NRW" verabschiedet.
Immerhin haben sie auch festgestellt, dass "in der Geschichte der Menschheit immer wieder auch Krieg, Unterdrückung und Mord durch Religion begründet worden (ist). Dies geschah auch im Namen des Christentums."
Davon waren in Deutschland nicht nur Juden, sondern auch z.B. die Täufer (heute Mennoniten) während der Reformation tödlich betroffen. Inzwischen haben sie Frieden geschlossen mit den Lutherischen, die 2017 in ihrem Luther-Jubeljahr gut dastehen wollen. Bei der gemeinsamen Erklärung der Religions-Fürsten waren die Mennoniten nicht dabei, aber per Erlass ist ab kommendem Schuljahr zunächst im Schulversuch der "Religionsunterricht nach den Grundsätzen der Mennonitischen Brüdergemeinden in Nordrhein-Westfalen allgemein eingeführt".
Der Humanistische Verband und andere säkularen Organisationen weisen schon seit längerem auf die systematische Benachteiligung nichtreligiöser Menschen auch in der Schule hin und fordern, diese Diskriminierung zu beenden. Kürzlich hat auch der Fachverband Ethik eine Denkschrift "Ethikunterricht" vorgelegt und fordert das Recht auf Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses zu beachten.
Obwohl in einzelnen Bundesländern der Ethikunterricht in Schulen vor 40 Jahren eingeführt wurde, erhalten bis heute die meisten religionsfreie Schüler/innen kein weltanschaulich neutrales Unterrichtsangebot. Zum Beispiel wurde in NRW vor Jahren die Lehrplanentwicklung für die "Praktische Philosophie" in der Grundschule gestoppt. So ist das Recht auf Freiheit des Glaubens für über 100.000 Grund-Schüler/innen nicht viel wert.
Der Humanistische Verband fordert bundesweit die Zulassung "Humanistischer Lebenskunde" als Unterrichtsfach. Dieses dient z.B. in Berlin und Brandenburg seit Jahren der Wertebildung. Zum "Berliner Modell" gehört grundsätzlich der integrative Ethikunterricht für alle Schüler/innen. Freiwillig können sie zusätzlich ein wertebildendes Unterrichtsfach aller Bekenntnisse/Religionen wählen – oder auch "Humanistische Lebenskunde".
Religionsfreie Menschen sind ebenso Steuerzahler wie konfessionelle Bürgerinnen und Bürger. Sie besitzen den gleichen Anspruch auf ethische Unterweisung, solange diese in öffentlichen Schulen angeboten wird – aus allgemeinen Steuergeldern. Dass es vielerorts keine Alternative zum Religionsunterricht gibt, ist eine klare Benachteiligung von Schüler/innen und Eltern, die keiner Konfession angehören.
Schulministerin und Religionsobere halten sich damit nicht auf und sind sich einig: "Der Religionsunterricht insgesamt leistet einen aufklärenden Beitrag zur Identitätsbildung und zur Prävention und leitet zur Pluralitätsfähigkeit an. … Er will Schülerinnen und Schüler zur wertschätzenden Beurteilung eigener und fremder religiöser Ausdrucksformen, zur kritischen Bewertung religiös begründeter Handlungsmuster und zur Gestaltung eigener Handlungsoptionen befähigen."
Dazu könnte die "Humanistische Lebenskunde" einen Beitrag leisten – auch in NRW.
Leicht geänderte Übernahme mit freundlicher Genehmigung aus dem Blog des Humanistischen Verbandes Deutschlands - Wuppertal/Bergisches Land
5 Kommentare
Kommentare
Markus Schiele am Permanenter Link
"Der Religionsunterricht [...] will Schülerinnen und Schüler zur wertschätzenden Beurteilung eigener und fremder religiöser Ausdrucksformen [...] befähigen."
Ich finde: Nicht die "religiösen Ausdrucksformen" gilt es wertzuschätzen, sondern die Menschen! Sind es doch vielfach gerade diese "Ausdrucksformen", welche die Menschen einengen, herabwürdigen und erniedrigen!
Paul am Permanenter Link
" leitet zur Pluralitätsfähigkeit an"
War das ein Anflug von Ironie? Vielleicht sollte der/die ein oder andere Herr/Dame mal in einem Fremdwörterbuch nachschlagen, was die Bedeutung dessen ist. Wer die Vielfaltigkeit fördern möchte, sollte dann erst recht auch einen humanistisch geprägten Unterricht zulassen und nicht nur hohle Phrasen dreschen.
Kay Krause am Permanenter Link
Dem Grundgesetz entsprechend müßte es richtig heißen:
Religiös gepragte Menschen dürfen Andersdenkenden nicht bevorzugt werden!
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Humanistische Lebenskunde zeigt im Begriff schon, worin ihr Beitrag besteht. Nun sind in den meisten Bundesländern für Konfessionslose sog.
Option. Den Kirchen, die das seit 30 Jahren zu verhindern versuchen, aber sofort den Islamunterricht (4% Muslime) zur Unterstützung von "Religion" ausbauen wollen, muss man endlich in den Arm fallen. Für ethisch-humanistische Bildung im BRD Osten und Westen! Für die Jugend: Lebensorientierung, Glück im Leben, zivile Werteumsetzung, Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und Konfliktlösebereitschaft angesichts einer multikulturellen und multiweltanschaulichen Diversifizierung. Für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft! Karin Resnikschek
Angela am Permanenter Link
"Der staatlich verantwortete Religionsunterricht ist somit auch ein wesentlicher Beitrag zur ethischen Bildung junger Menschen.
Der ultimative Witz des Tages!!!
Die eigentliche massgebliche Kompetenz, die ich im Religionsunterricht bzw. eher durch denselbigen erworben habe, ist die Kunst des Lügens ohne rot zu werden und dabei meinen Gegenüber noch in die Augen schauen zu können. Wenn ich das nicht bis zur absoluten Beherrschung gelernt hätte, so hätte ich meine Schulzeit in einer kirchlichen Schule wohl kaum überstanden. Da dies eigentlich im Gegensatz zu meinem Naturell steht, war mir "Reli" eigentlich durch und durch zuwider, im Grunde genommen habe ich unter dieser Nötigung zum Lügen sogar gelitten. Getröstet hat mich dann immer wieder die unumstößliche Tatsache, dass man in "Reli" doch nur selbst an allen Ecken und Enden belogen wird ("Die 10 Gebote sind die Grundlage jeglicher Menschenrechte" - Für so dumm gehalten zu werden, so etwas, einer ohnehin meist recht lebens- und weltfremd tickenden Lehrkraft abzunehmen ist eigentlich schon beleidigend.). Daher habe ich meine diesbezüglichen Gewissensnöte immer nach dem Motto "Angelogenwerden und Zurücklügen" beruhigt. Das Lob eines Schulpfarrers, dass er es so ihn so fasziniert, wie mich das Thema interessiere, habe ich übrigens als Kompliment für meine schauspielerischen Fähigkeiten verbucht. Nur am Rande sei noch erwähnt, dass ich nach Schulwechsel, Kirchenaustritt und der damit verbundenen "Reli"-Befreiung meine quälenden chonischen Ekzeme alle von heute auf morgen loshatte. Wenn man das noch in Rechnung stellt, so hat dieses "Fach" für mich außerdem noch eine massive Übergriffigkeit auf meine Gesundheit dargestellt.
Was an dieser staatlich verordneten Erziehung zum Lügen und Heucheln so wertvoll für den gesellschaftlichen Zusammenhalt - von der vereinsspezifischen Trennung ganz zu schweigen - sein soll ist mir durch und durch schleierhaft, derartige Aussagen sind lediglich ein erschütterndes Zeugnis völliger Realitätsferne. Den einschlägigen Verfassern sei hiermit auch einmal ein Blick auf die aktuellen Austrittszahlen nahegelegt, diese sind es doch, die die wirkliche Stimmung in diesem Land wiederspiegeln, anstelle sich auf ihre Wunschdenken zu verlassen.