Wenn kirchliche und kommunale Krankenhäuser fusionieren

Lippstadt ist kein Einzelfall

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Soest ist geprägt von Kirchtürmen
Soest

Im Windschatten der Krankenhausreform scheint in der katholischen Kirche die Fusion "ihrer" Krankenhäuser mit anderen Krankenhäusern System zu haben, um gegen den fortschreitenden Verlust an gesellschaftlicher Relevanz weiterhin die Hand am langen Hebel zu halten. Als vermeintlich stärkerer Übernahme-Partner drückt die katholische Kirche dabei ihre "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" durch und etabliert so ihre religiöse Geschäftspraxis und Moralvorstellung in der Gesellschaft, die sie über die Kanzel immer weniger erreicht.

Werden neben den durchaus positiven Effekten die negativen Auswirkungen der Klinik-Fusion in Lippstadt betrachtet, gelegen im Kreis Soest, wandert der Blick unweigerlich auch auf die Stadt Soest. Hier fusioniert das Marienkrankenhaus (Katholischer Hospitalverbund) mit dem kommunalen Klinikum Soest.

Bereits im Jahr 2018 entstanden Pläne die beiden Häuser zu fusionieren, in denen der Hospitalverbund die Beteiligungsmehrheit für sich beanspruchte. Im Jahre 2020 unterband das Bundeskartellamt wegen katholischer Marktbeherrschung den Zusammenschluss (2020 fusionierte der Katholische Hospitalverbund auch in Unna sein Katharinenhospital mit dem Evangelischen Krankenhaus zum "Christlichen Klinikum Unna". Anfang 2024 ermöglichte die Krankenhausreform einen neuen Anlauf und es wurden wieder nichtöffentliche Verhandlungen zwischen der Stadt Soest und dem Hospitalverbund aufgenommen. Die Soester Verwaltung unterbreitete den Vorschlag eines "Beteiligungsmodells, nach dem der Katholische Hospitalverbund zunächst 40 Prozent der Anteile am Klinikum Soest übernehmen soll, die restlichen 60 Prozent verblieben bei diesem Modell bei der Stadt Soest".

Von diesem Beteiligungsmodell mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung ist nach Verhandlungsabschluss nichts übrig geblieben. Die Stadt Soest hat sich (willig?) über den Tisch des Herrn ziehen lassen und sitzt nun mit ihren Bürgerinnen und Bürgern mit blassen 38,88 Prozent am eingedeckten Katzentisch zum christlichen Abendmahl. Aufgetischt wird: Grundordnung des Katholischen Dienstes; Arbeitsrecht Dritter Weg: die Teller für Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wieder abgeräumt; Schwangerschaftsabbruch ist leider ausgegangen; selbstbestimmtes Sterben bitte woanders bestellen. Da mag einem kritischen Geist der Appetit vergehen.

Geschehen konnte dies, da die Politik, trotz unveränderter Wettbewerbslage zu 2020, mit einer Sonderregel ein Zeitfenster eröffnet hat, in dem dem Bundeskartellamt die Kontrolle über die Fusion entzogen wird. Die zusammengehenden Krankenhäuser müssen das Bundeskartellamt lediglich nachträglich in Kenntnis setzen.

Die ungewöhnliche Fusion zwischen einem kommunalen und kirchlichen Träger bekam Lob aus der NRW-Hauptstadt. Hier wirft sich die Frage auf, ob Karl-Josef Laumann, Hendrik Wüst und Nathanael Liminski für die Kirche Stolperfallen beseitigt haben. Immerhin steht in Aussicht, dass der Katholische Hospitalverbund das Klinikum in ein paar Jahren ganz übernehmen kann oder soll. Das entspricht in keiner Weise dem Statement des Deutschen Städtetags:

"Die kommunalen Krankenhäuser sind das Rückgrat der stationären Krankenhausversorgung – sowohl in den Großstädten als auch in der Fläche. Denn selbst wo private oder gemeinnützige Träger aus wirtschaftlichen Gründen keine Kliniken betreiben, kümmern sich die Kommunalen um die gesundheitlichen Belange und die umfassende Versorgung der Menschen. Die Leistungsangebote werden nicht zuletzt durch die Bürger selbst über die kommunalen Verwaltungs- und Aufsichtsgremien bestimmt. Sie berichten offen über ihre Strukturen und Vorgänge. Sie sind somit im wahrsten Sinne des Wortes 'Bürger-Krankenhäuser'."

In Soest wird somit nicht nur Bürgereigentum, vermutlich unter Preis "privatisiert" und in ein "christliches Klinikum" umbenannt, sondern es bleiben auch Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger auf der Strecke. Zum Fusionsvorhaben wurden einige kontroverse Leserbriefe geschrieben, Protest wie in Lippstadt blieb jedoch aus.

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