In Hamburg findet der Deutsche Humanistentag statt. Florian Chefai ist für den Humanistischen Pressedienst (hpd) vor Ort und berichtet in einem Live-Ticker über die Veranstaltung.
23:30 Uhr: Der erste Tag neigt sich nun dem Ende zu, die Diskussionen noch lange nicht. In der Hotelbar sitzen noch einige wackere Besucher der Veranstaltung und lassen den Tag bei einem Glas Wein ausklingen.
Morgen früh, pünktlich um 10 Uhr, geht es hier weiter. Bis dahin allen Leserinnen und Lesern eine schöne Nacht!
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19:00 Uhr: Nach einer kurzen Pause mit Snacks und Getränken geht es nun um ein Thema, das mit den Wahlen in Brandenburg und Sachsen wieder an Aktualität gewonnen hat: "Wir sind das Volk!" Doch wer ist das Volk? Das fragen sich Dr. Helmut Stubbe da Luz und Tanja Trede-Schicker aus einer philosophischen Perspektive.
Klar wird: Viele Begriffe, die immer wieder in aktuellen Debatten fallen, haben einen großen Interpretationsspielraum und führen damit zu Missverständnissen – so zum Beispiel der Begriff "Populismus". Umso wichtiger ist die Philosophie, die uns zu sprachlicher Präzision mahnt.
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18:00 Uhr: Jetzt wird's kontrovers: Bei der Podiumsdiskussion "Neuer Atheismus – ein Streitgespräch" debattieren Prof. Dr. Werner Zager (Evangelische Erwachsenenbildung Worms-Wonnegau) und Dr. Michael Schmidt-Salomon (Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung).
Schmidt-Salomon betont, dass es eigentlich nicht um die Frage nach der Existenz eines Gottes geht. Vielmehr zähle, ob jemand einen dogmatischen oder einen kritisch-rationalen Zugang zur Welt hat. Es sei daher wichtig, dass sich "Humanisten aller Konfessionen" vereinigen, um sich gemeinsam gegen fundamentalistische Strömungen zu stellen.
Werner Zager erklärt, dass der "Alte Atheismus" niveauvoller gewesen sei als der "Neue Atheismus". Letzterer sei zu polemisch und es mangele ihm an Sachkenntnis. Schmidt-Salomon hält dagegen: Gemessen an der Schärfe früherer Religionskritiker wie Nietzsche oder Kant sei die gegenwärtige Kritik an der Religion geradezu "niedlich".
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17:45 Uhr: Mit dem kleinen Theaterstück "Aufgeklärt!?" leiten Brynja Adam-Radmanic, Hansjörg Albrecht, Claudia Hübner, Jürgen Hübner und Rainer Rosenzweig zur ersten thematischen Veranstaltung über. In der szenischen Lesung beleuchten sie die weltanschauungspolitische Situation Deutschlands und nehmen dabei auch die säkulare Szene selbstkritisch und augenzwinkernd auf's Korn.
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17:20 Uhr: Willkommen beim Live-Ticker des hpd! Der Deutsche Humanistentag hat vor kurzem im schönen Reimarus-Saal im Haus der Patriotischen Gesellschaft begonnen.
Nach einem Grußwort von Dr. Willfried Maier (1. Vorsitzender der Patriotischen Gesellschaft von 1765, Senator a. D.) heißt Humanistentag-Sprecher Konny G. Neumann die zahlreichen Besucher willkommen. Das diesjährige Motto "Humanisten für Menschenrechte und Toleranz" sei nicht ohne Grund gewählt worden: In Zeiten zunehmender Polarisierung müsse überkonfessionell gegen Extremisten und die Feinde der offenen Gesellschaft vorgegangen werden.
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5 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
Werner Zager … der "Neue Atheismus". Letzterer sei zu polemisch und es mangele ihm an Sachkenntnis.
a) zu polemisch: da wäre zu fragen, welcher Maßstab dafür angesetzt werden könnte ? Die Nützlichkeit ? Zu polemisch, um zu überzeugen ? Oder einfach nur zu polemisch, weil übersensible Gläubige bei der kleinsten Kritik ihre heiligsten Gefühle verletzt sehen ?
b) im Vergleich zu der an den Atheisten geübten Kritik bzw. zu einem allgemein üblichen Standard ? Dem stehen unzählige mehr als polemische, nämlich diffamierende Aussagen von Kirchenfürsten über Atheisten gegenüber. Passend zur Tagung sei nur mal Ratzinger zitiert, der in seiner Enzyklika “Caritas in veritate” sagt;
“78 … Der Humanismus, der Gott ausschließt, ist ein unmenschlicher Humanismus.”
c) es mangele an Sachkenntnis: warum soll ich mir groß Kenntnisse über etwas aneignen, was mir schon auf den ersten Blick in seinen grundlegenden Aussagen unsinnig scheint, in extrem schwurbeliger Sprache formuliert ist, und bei grundlegenden Fragen immer in das “Geheimnis des Glaubens” abtaucht ?
d) Atheisten, behaupte ich mal, haben im allgemeinen mehr Sachkenntnis über die Religion, aus der sie ausgetreten sind, als die große Masse der Kirchensteuer-Zahler. Und über welche der unzähligen Religionen und Religionsvarianten soll man sich denn noch kundig machen ?
e) auch diesen Vorwurf kann man an die Kirchenfürsten und Theologen zurückgeben. Ihre haltlosen Unterstellungen zeugen oft genug davon, dass sie sich kaum mit den Argumenten des Atheismus beschäftigt haben. Vermutlich haben sie eine Heidenangst davor. Allein schon das Theodizee-Problem müsste die Grundfesten ihres Glaubens in Schutt und Asche legen, wenn sie es denn mal redlich durchdenken würden und nicht immer wieder weiträumig umfahren würden. Auch hierfür ist GröTaZ Ratzinger ein leuchtendes Beispiel.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Live-Ticker" beim hpd - ist ja ganz was Neues, Flo; gut gemacht!
M. Landau am Permanenter Link
Das grundlegende Problem religioes/ideologisch fixierter Menschen: sie sind vollkommen unfaehig zu akzeptieren, dass immer mehr Menschen die Freiheit vorziehen.
Stefan Dewald am Permanenter Link
Aus meiner Sicht kann ich Werner Zager mit den so zusammenfassen: Es genügt nicht, keine Inhalte zu haben, man muss auch unfähig sein, sich klar auszudrücken.
Thomas R. am Permanenter Link
"Schmidt-Salomon betont, dass es eigentlich nicht um die Frage nach der Existenz eines Gottes geht. Vielmehr zähle, ob jemand einen dogmatischen oder einen kritisch-rationalen Zugang zur Welt hat."
Das läßt sich doch nicht voneinander trennen! Schließlich kann man nicht gleichzeitig kritischer Rationalist und Theist sein.
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"Es sei daher wichtig, dass sich "Humanisten aller Konfessionen" vereinigen, um sich gemeinsam gegen fundamentalistische Strömungen zu stellen."
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Das genügt nicht! Der Kampf vernünftiger Menschen muß ALLEN Formen des Irrationalismus gelten - einschließlich der ihn überhaupt erst ermöglichenden Grundbereitschaft zu evidenzwidrigem Glauben!