Kunstaktion in München

Die Spur der verbrannten Bücher

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Der Brandfleck auf dem Königsplatz erinnnert an den Ort der Bücherverbrennung vor 87 Jahren
Brandfleck auf dem Königsplatz

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Wolfram Kastner brennt die Mahnung in den Rasen vor der Antikensammlung
Wolfram Kastner mit dem Gasbrenner

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Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, las Heinrich Heine
Lesung aus verbrannten Büchern

Trotz Corona erinnerten die Künstler Wolfram Kastner und Martin Mohr am Sonntag an den Jahrestag der Bücherverbrennung der Nazis und ließen am authentischen Ort eine mahnende Brandspur im Rasen des Münchner Königsplatzes sichtbar werden. Außerdem ging eine Website mit virtuellen Lesungen online.

Denn genau dort verbrannten die Nationalsozialisten, deren akademische Anhänger und Sympathisanten am 10. Mai 1933 Literatur "undeutschen Geistes". Mit Hilfe eines Gasbrenners brannte Wolfram Kastner wie jedes Jahr seit 1995 einen mahnenden Brandfleck an die historische Stelle. Das Kreisverwaltungsreferat hatte die Aktion genehmigt.

Ohne Genehmigung kamen in eigener Verantwortung circa 50 Personen auf den Platz, mit Büchern von AutorInnen, die den Nazis als "undeutsch" galten und die sie für alle Zeit aus der Literatur dieses Landes "ausmerzen" wollten.

Ohne Mikrofon und Lautsprecher lasen einige vor: Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, las aus Heinrich Heines "Almansor", das einen berühmt gewordenen Satz enthält, der sinnbildlich für die Scheiterhaufen-Aktion der Nazis wurde: "Das war ein Vorspiel nur! Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen."

Der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn (SPD) las von Kurt Tucholsky, Oliver Leeb las Oskar Maria Graf, Silvie-Sophie Schindler las Stefan Zweig. Gelesen wurden auch Texte von Elisabeth Castonier, Heinrich Mann, Alfred Polgar, Erich Kästner und Rosa Luxemburg.

Um 10 Uhr wurde zusätzlich eine Website mit 80 Online-Lesungen aus verbrannten Büchern von Walter Benjamin bis Stefan Zweig freigeschaltet, die mindestens ein Jahr lang verfügbar bleiben soll. Beteiligt haben sich der Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, der Liedermacher Konstantin Wecker sowie weitere Schauspieler, Autoren, Musiker, und viele andere BücherfreundInnen, denen es ein Anliegen ist, die Geschichte und diese Literatur, die Freiheit des Wortes und des Geistes zu bewahren und gegen die braune Pest sowie rechtsextremistisches Geplärre zu verteidigen.

Die Rasenfläche des Königsplatzes ist (laut städtischer Sondernutzungserlaubnis) nachher im vorherigen Zustand wiederherzustellen. Das Gras wächst dort im Mai schnell und gut gedüngt ganz von selbst. Damit aber kein Gras über die Geschichte wächst, wird am 10. Mai 2021 auf dem Königsplatz wieder die Brandspur erscheinen und aus den Büchern gelesen, die für eine freiheitliche, menschliche und friedliche Zukunft so gut, wichtig und oft humorvoll sind.

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