Für letzten Samstag hatten in Hamburg St. Georg erneut die radikalen Islamisten des Netzwerks Muslim Interaktiv und Co. zu einer Pro-Kalifat-Demo aufgerufen. Doch bevor diese sich überhaupt versammeln konnten, hatten sich schon die Power-Frauen vom Verein Frauenheldinnen mit einem eigenen Flugblatt ("Frauen gegen das Kalifat! Für Freiheit und Menschenwürde") beherzt zu einer Kundgebung in der Nähe zusammengefunden.
Wie schon eine Woche zuvor traten die Frauen mutig auf, mit Schildern und Parolen, gegen Kalifat und Scharia, für Demokratie, Freiheit und Gleichberechtigung. Immerhin hatten sich beinahe hundert Demonstrantinnen und zur Unterstützung auch Männer zur Kundgebung getraut. Nicht so viele wie beim letzten Mal. Und auch die Vertreter der demokratischen Parteien sowie diverser Organisationen waren diesmal nicht mit dabei. Die Zeit zur Vorbereitung war wohl zu knapp. Und auch ganz ungefährlich war die Versammlung in der Gegend am Steindamm nicht, den die Islamisten gerne für ihre Umtriebe beanspruchen. Sicher, Necla Kelek vom Verein Säkularer Islam Hamburg war wieder stark dabei, solidarisch besucht von Anna von Treuenfels-Frowein (Hamburger Bürgerschaft, FDP, fraktionslos) und anderen aktiven "Frauenheldinnen".
Der Verein Frauenheldinnen bezeichnet sich als "gemeinnützige Förderplattform", nennt als sein Anliegen "die finanzielle und organisatorische Unterstützung von Aufklärung und Widerstand". Und zwar "gegen die ideologische Beeinflussung unserer Gesellschaft, die unsere säkulare und rechtsstaatliche Ordnung untergräbt, unsere Kinder gefährdet und die mühsam erkämpfte Gleichberechtigung von Frau und Mann aufs Spiel setzt". Mit zum Programm zählt aber auch, was die Mitglieder gegen die Scharia-Jünger und Kalifat-Apostel in Marsch setzen, nämlich ihre Gegnerschaft zu "kulturell und religiös begründeten Normen, die seit einigen Jahren vermehrt in Europa und Deutschland Einzug halten und den Frauen nur mindere Bürgerrechte zugestehen". Welcher aufrecht und säkular gesinnte Humanist könnte solche Anliegen nicht unterstützen?
Anlässlich der Pro-Kalifats-Kundgebung bleibt positiv zu erwähnen, dass die Islamisten sich dort nur unter strengen Auflagen hatten versammeln dürfen. Statt eines geplanten Demonstrationszuges war lediglich eine stationäre Kundgebung erlaubt. Gleichwohl hatten die Organisatoren für beachtlichen Zulauf gesorgt. Nach einem Bericht des NDR waren deren Aufruf immerhin rund 2.300 Teilnehmer gefolgt. Laut Polizeibericht jedoch gab es bis zum Ende der Veranstaltung "keine strafrechtlich relevanten Feststellungen". Was noch bei der ersten Demonstration eine Woche zuvor bundesweit für Empörung gesorgt hatte – die Befürwortung eines Kalifats oder gar Forderung zur Errichtung einer solchen Scharia-Diktatur in Deutschland – war diesmal ausdrücklich untersagt.
Verboten war auch der Aufruf zu Hass sowie die Verherrlichung von Gewalttaten wie das Entführen, das Verletzten oder Töten von Menschen, ebenso Forderungen zur Vernichtung des Staates Israel und seiner Bewohnerinnen und Bewohner. Auch durften weder ethnische noch religiöse Gruppen durch Darstellungen oder Rufe in ihrer Menschenwürde oder Ehre verletzt werden. Außerdem verboten war das Verbrennen oder Zerstören israelischer Fahnen. Ungewohnt für die Islamisten: Da die Trennung der Teilnehmenden nach Geschlechtern genauso ausdrücklich untersagt war, mussten die Männer Seite an Seite mit den Frauen demonstrieren. Sie scheinen es überlebt zu haben.
Auf das Verbot von Transparenten mit Losungen wie "Kalifat ist die Lösung", wie sie noch in der Vorwoche gezeigt worden waren, reagierten die Veranstalter diesmal mit massenhaft verteilten Schildern mit der Aufschrift "zensiert", "censored", "verboten" oder mit schwarzen Flaggen ganz ohne Schriftzug.
Insgesamt ist der Hamburger Stadtregierung zu konzedieren, dass sie diesmal auf die Provokationen der radikalen Islamisten gut vorbereitet reagierte. Vermutlich war das Erlauben der islamistischen Kundgebung wirksamer als ein gänzliches Verbot, was Netzwerke wie Muslim Interaktiv möglicherweise zu gefährlichen Reaktionen im Untergrund hätte verleiten können. Positiv zu werten ist auch das starke Polizeiaufgebot zur Einhegung jeglicher Gewaltaktionen seitens der Radikalen sowie zum Schutz der couragierten Gegenkundgebung der Frauen.
Bedauerlich war, dass dort wieder von einer Linken nichts wahrzunehmen war. Angesichts der Nachrichten aus dem universitären Bereich erhebt sich der Verdacht: Blicken unsere linken Zeitgenoss:innen in Sachen Islamismus und Antisemitismus nicht mehr so ganz klar durch? Darf man ernstlich bei – zugegeben – alldem unsäglichen Leiden, das eine palästinensische Bevölkerung derzeit zu erdulden hat, die gebotene Wachheit gegenüber jeder Form von Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit vergessen?