Recherchen des Bayerischen Rundfunks (BR) in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Investigativmedium Correctiv legen nahe, dass der vor kurzem verstorbene Papst Benedikt XVI. von Missbrauchsfällen während seiner Amtszeit gewusst haben muss. Aber auch der zuvor amtierende polnische Papst Johannes Paul II. soll von Missbrauchsfällen Kenntnis gehabt haben.
Laut einem aktuellen Bericht des polnischen Privatsenders TVN, dem die Recherche eines Investigativjournalisten zu Grunde liegt, soll der ehemalige polnische Papst Johannes Paul II. (Karol Wojtyla) von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche Polens gewusst haben. Der Journalist Marcin Gutowski will von Zeugen entsprechende Aussagen erhalten haben und soll nachweisen können, dass Karol Wojtyla als Bischof von Krakau von Missbrauch und pädophilen Priestern Kenntnis hatte. Angeblich habe er diese dennoch an Kollegen in anderen Ländern – unter anderem in Österreich – weiterempfohlen, ohne bei der Versetzung ein Wort über die Vergehen der Geistlichen zu verlieren.
Bereits 2022 hatte die Recherche des Niederländers Ekke Overbeek Vorwürfe gegen den Vorgänger von Benedikt XVI. aufgebracht. Damals konnten polnische Medien die "handfesten Beweise" noch abwehren und bemühten sich, die Anschuldigungen zu relativieren und zu entkräften. Sollten sich die Recherchen des Journalisten jedoch als zutreffend herausstellen, erhärtet sich der Verdacht an einer Beteiligung des längst verstorbenen Papstes Johannes Paul II. an der Vertuschung des strukturellen Missbrauchs in der katholischen Kirche.
Auch der vor kurzem verstorbene Papst Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) muss laut jüngsten Recherchen des Bayerischen Rundfunks (BR) in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Investigativmedium Correctiv von Missbrauchsfällen gewusst haben. So soll er über die Taten eines Priesters aus Bayern informiert gewesen sein, der 29 Jungen misshandelt hatte und dafür schon in den 1980er Jahren verurteilt worden war. Der besagte Priester Peter H. hatte darum gebeten, während der Messe Traubensaft statt Messwein trinken zu dürfen. Ein Kollege hatte ein entsprechendes Bittschreiben an den damaligen Erzbischof von München und Freising, Joseph Ratzinger, gerichtet, da Peter H. alkoholkrank sei und daher den Wein nicht vertrage, der während des Gottesdienstes vom Priester rituell zu trinken ist. Interessant daran ist der Kontext: Der Brief mit der Bitte, Traubensaft trinken zu dürfen, enthielt auch die Erwähnung von sexuellen Straftaten von Peter H. unter Nennung der entsprechenden Paragrafen des deutschen Strafgesetzbuchs, nach denen der Priester verurteilt worden war. Dies bestätige auch das Erzbistum München und Freising auf Nachfrage dem BR und Correctiv. Die Antwort Ratzingers erwähnt den Missbrauch jedoch nicht, lediglich die Erlaubnis zur Enthaltsamkeit vom Alkohol unter kirchenrechtlichen Auflagen. Demnach hatte Ratzinger den Brief gelesen und wusste vom Fehlverhalten des Priesters Peter H.
Noch bis zu seinem Tod hatte der Ex-Papst bekräftigt, nichts von den Missbrauchsfällen gewusst zu haben. Relevant sind die neuen Enthüllungen vor allem für den Gerichtsprozess eines Mannes, der gegen die Misshandlung seines Körpers und seiner Seele als Kind vorgeht und auch die Rechtsnachfolger des Papstes auf Schadensersatz verklagt. Peter H. habe sein Leben ruiniert und müsse dafür geradestehen – und idealerweise auch alle, die den systematischen Übergriffen weder Einhalt geboten noch diese öffentlich verurteilt hätten, oder die gar aktiv an der Vertuschung beteiligt gewesen seien. Sexuell motiviertes Fehlverhalten müsse strukturell unterbunden und schonungslos verfolgt werden.
Zwar sind die Straftaten des Priesters Peter H. heute längst verjährt, trotzdem rechnet sich der Kläger hohe Chancen aus, doch noch Gerechtigkeit einklagen zu können. Das Erzbistum München und Freising verzichtet jedenfalls darauf, sich auf die Verjährung zu berufen und erklärte, zu Schmerzensgeldzahlungen bereit zu sein.