BERLIN. (hpd) Erst im Februar hatte die Atheisten-Vereinigung "Atheists in Kenya" ihre staatliche Registrierung als Verein durchsetzen können. Auf Druck religiöser Führer ließ der kenianische Justizminister die Registrierung nun jedoch aussetzen.
Der Verein Atheists in Kenya (AIK) hat gerade mal 115 Mitglieder, aber nach eigener Aussage ist er "die lebendigste Atheisten-Vereinigung Afrikas". Damit könnten die AIK Recht haben. In Kenia haben sie in den vergangenen Monaten jedenfalls für allerhand Wirbel gesorgt.
Der begann damit, dass die Atheists in Kenya 2015 eine offizielle Anerkennung als Verein beantragten. Die Registrierungsbehörde lehnte den Antrag jedoch mit der Begründung ab, dass die offizielle Anerkennung eines Atheisten-Vereins Auswirkungen auf den Frieden und die Ordnung des Landes haben könnte, da sich die Mehrheit der Bevölkerung in Kenia selbst als religiös definiert.
Harrison Mumia, Präsident der AIK, weigerte sich, diese Ablehnung zu akzeptieren und schrieb dem Registeramt einen gepfefferten Brief, den er zeitgleich als Pressemitteilung veröffentlichte. "Es gab Kirchenführer, die Minderjährige geschändet haben und trotzdem wurde ihnen erlaubt, Vereine zu registrieren" schrieb Mumia und fragte: "Wie kommt die Beamtin des Registeramts darauf, dass wir den öffentlichen Frieden in Kenia stören würden? Ist sie Hellseherin?"
Mumia berief sich auf die Artikel 27 (4) und 36 (1) der kenianischen Verfassung, die eine direkte oder indirekte Diskriminierung durch den Staat unter anderem aufgrund religiöser Gründe verbieten, sowie allen Menschen das Recht zusichern, sich zu Vereinigungen jeglicher Art zusammenzuschließen. Seine abschließende Ankündigung, vor Gericht zu ziehen, zeigte offenbar Wirkung. Am 17. Februar 2016 wurden die Atheists in Kenya schließlich doch offiziell als Verein anerkannt. Diese staatliche Anerkennung einer atheistischen Vereinigung ist nicht nur für Kenia ein historisches Ereignis, sondern auch für ganz Afrika – ein Kontinent, auf dem Atheisten einen äußerst schweren Stand haben.
Letzteres mussten nun auch die Atheists in Kenya am eigenen Leib erfahren. Kaum waren sie offiziell anerkannt, formierte sich eine Allianz christlicher und muslimischer Führer, die sich an den Justizminister und Generalstaatsanwalt Kenias wandten und drohten, ihre Anhänger zu mobilisieren, falls die offizielle Registrierung der AIK nicht rückgängig gemacht würde. Nach kenianischen Medienberichten wies Justizminister und Generalstaatsanwalt Githu Muigai daraufhin Anfang Mai die Registrierungsbehörde an, die Registrierung der AIK ruhen zu lassen, bis die rechtlichen Fragen hinsichtlich der Vereinseintragung der AIK vom Obersten Gericht Kenias geklärt worden seien.
Wie immer der Streit um die Registrierung der Atheists in Kenya ausgehen wird, eines ist jetzt schon sicher: So viel wie in den letzten Monaten wurde in Kenia über Atheismus nie zuvor diskutiert. AIK-Präsident Harrison Mumia hatte zahlreiche Auftritte in Talkshows und erhielt so Gelegenheit, den Verein vorzustellen und die kenianische Öffentlichkeit darüber aufzuklären, was Atheismus eigentlich ist. Denn hierüber existieren nicht nur in Afrika noch immer abenteuerliche Gerüchte.
2 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
Geradezu ein Paradebeispiel, wie einfach und heimtückisch das Argument von der „Störung des öffentlichen Friedens“ aus unserem Paragrafen 166 missbraucht werden kann, um wichtigste
- hier offensichtlich ein Euphemismus dafür, dass man gewaltsame Ausschreitungen lostreten wird.
Man möchte zu gerne genaueres über die christlichen und muslimischen Führer wissen.
Wie standen und stehen die katholischen Bischöfe dazu ? Man sieht das – vermutlich einzige – gemeinsame Interesse der Religionen: Anti-Atheismus. Entlarvend auch das Zugeständnis der
politischen und religiösen Führungsschicht Kenias, dass hier „religiös“ gleichzusetzen ist
„gewaltbereit gegen Minderheiten“. Kenia ist kein sicheres Reiseland für Atheisten und Religionslose.
pavlovic am Permanenter Link
Man kann den Atheisten aus Kenia nur weiteren Erfolg wünschen in einem so feindlichen Umfeld. Meine Hochachtung und ich zolle Respekt!