Das Nicht-Glauben hat viele Gesichter. Im Rahmen der hpd Themenwoche Nicht-Glauben zeigen wir einige davon. Hier: Ali Utlu.
Ich glaube nicht an Götter, Fabelwesen, Geisterwesen, Esoterik und allem was damit zu tun hat. Besonders dabei erwähnt sind Religionsbücher wie die Bibel oder der Koran. Sie sind in sich unlogisch, widersprechen sich und sind menschengeschrieben. Auch Konstrukte wie "Himmel" und "Hölle" oder sogenannte "Sünden".
Religionen hatten vielleicht mal ihren Zweck als Basis für eine Gemeinschaft, auch als Rechtssystem. Das wurde aber durch einen modernen Staat mit säkularen Gesetzen ersetzt. Alles Unerklärliche in der Menschheitsgeschichte wurde immer mit dem "göttlichen" interpretiert, weil man dafür keine Erklärung hatte. Doch die heutige Wissenschaft liefert fundierte, nachvollziehbare Erklärungen, die evidenzbasiert sind. Daraus beziehe ich mein Wissen, die ein Glauben nicht liefern kann. Ich nehme die Verantwortung über mein Leben in die eigene Hand und überlasse diese nicht irgendwelchen Fabelwesen. Der Mensch alleine ist für sein Leben und Handeln verantwortlich, wie bei allen anderen Tieren auch. Vor 180.000 Jahren gab es noch eine intelligente Spezies neben dem Menschen, der Neandertaler. Laut Religion dürfte es ihn nicht geben. Religion ist eine Ideologie, keine Wissenschaft.
Alle Erkenntnisse, die der Mensch gewonnen hat und noch immer gewinnt, weisen darauf hin dass es keinen Gott gibt. Dieser omnipotente "Gott" passt nicht in die Lebenswirklichkeit und ist nur ein Konstrukt von Menschen. Ich halte die Urknall-Theorie, die Naturgesetze und die Evolution für deutlich wahrscheinlicher. Dinge wie Naturgesetze kann ich selbst nachprüfen, aber nicht die Existenz eines "Gottes". Man kann mir zeigen, wie die Evolution das Tier Mensch hervorbrachte, Kreationisten wiederum können die Evolution nicht widerlegen. Naturgesetze bleiben für immer gültig, "Götter" existieren nur, solange Menschen an sie glauben, hören sie damit auf, sterben auch die Götter. So starben schon tausende "Götterwesen" im Laufe der Menschheitsgeschichte.
Ich brauche keine Religion, um eine Moral zu haben. Wenn ich richtig von falsch nicht unterscheiden könnte, fehlte es mir an Empathie, nicht an Religion. Für Religionen sind nicht alle Menschen gleich, Homosexuelle wie ich werden von ihnen verdammt, man ruft sogar zum Mord auf. Religion hat nur einen Selbstzweck: Den Machterhalt und die Unterwerfung. Und den allumfassenden Alleinstellungsanspruch über die "Wahrheit". Alles humanistische, die Freiheit, die Menschenrechte mussten erst gegen den Willen der Religionen erkämpft werden. Religionen sind für mich wie politische System, vergänglich.
Da ich meinen Nicht-Glauben öffentlich auslebe bekomme ich sehr viele Anfeindungen von Gläubigen Menschen. Die Tatsache, dass ich ein Ex-Muslim bin, bringt mir immer wieder Morddrohungen ein. Das belastet mich sehr. Auch das ich mich als Nicht-Gläubiger in unserem Staat immer öfter religiösen Bestimmungen fügen muss (Tanzverbot etc.) zeigt mir, dass Menschen wie ich keine Lobby in diesem Staat haben und wir sehr wachsam sein müssen, das Religionen nicht unsere Lebensweise bestimmen. Aber im ganzen ist der Nicht-Glaube eine Befreiung, vor allem von Zwängen die Religionen mit sich bringen.
Ali Utlu ist Menschenrechtsaktivist, Blogger und seit vielen Jahren politisch tätig.
9 Kommentare
Kommentare
Ali Utlu am Permanenter Link
Ergänzend: Ideologien die Frauen im besonderen das Recht absprechen gleichwertig zum Mann zu sein, sind generell abzulehnen.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Diese Ergänzung spricht das Grundübel männerdominierter Ideologien an. Herrschsucht der männlichen Spezies liegt den abzulehnenden Ideologien zugrunde.
Achim am Permanenter Link
Ich stimme da im Großen und Ganzen mit überein. Aber der Kern und Sinn der Religionen werden nicht erwähnt. Es sind Erlöserreligionen. Das ist eben das Verbrechen der Religionen.
Achim am Permanenter Link
Ich stimme da im Großen und Ganzen mit überein. Aber der Kern und Sinn der Religionen werden nicht erwähnt. Es sind Erlöserreligionen. Das ist eben das Verbrechen der Religionen.
Achim am Permanenter Link
Ich muss mich noch mal zu den Wahnvorstellungen melden und eine Definition zum Wahn von Jaspers posten. Karl Jaspers hat 1913 die Kriterien für Wahn als Krankheitssymptom durch folgende drei Punkte festgehalten:
1) subjektive Gewissheit
2) Unkorrigierbarkeit durch Erfahrung und zwingende Schlüsse
3) Unmöglichkeit des Inhalts.
In der Praxis wird das dritte Kriterium heute dahingehend spezifiziert, dass sich der Wahninhalt außerhalb des kulturimmanenten Erfahrungshorizonts befinden muss, da man ansonsten alle Gläubigen in die Psychiatrie einweisen müsste. Diese Definition zeigt doch allen nur was für eine Breitseite die Gesellschaft durch die Religionen erhalten haben. Als Fazit bleibt nur festzuhalten, dass es sich bei den "Gläubigen" um Glaubenswahnsinnige handelt. Warum diese Spezifikation. Wenn ich die Kriterien für einen Wahn erfülle, dann ist es auch ein Wahn. Das ist genauso als wenn ich die Kriterien für eine Schwangerschaft erfülle. Dann bin ich schwanger. Da gibt es keine Spezifikation mehr. Außer bei Maria. Doch dies berührt wieder die psychotischen Gedanken von den Wahngläubigen eines kulturimmanenten Erfahrungshorizonts.
Horst Fetter am Permanenter Link
Das ganze Geschimpfe bringt uns nicht wirklich weiter. Ich denke wir sollten eine Strategie entwickeln, mit dem Ziel diesen Religions-Wahnsinn möglichst schnell und wirksam zu beenden.
Melebert am Permanenter Link
Horst, die Strategie heißt Bildung, naturwissenschaftliche Bildung und Bildung, die auf Evidenz wert legt und nicht auf Glauben.
Es bleibt nur die Frage, wie man derlei etablieren kann.
Grüße
Melebert
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Das ganze Geschimpfe bringt uns nicht wirklich weiter."
Nachdem, wie Rationalisten oder Ketzer früher jahrhundertelang vom Klerus behandelt wurden, darf man sich auch mal Luft machen. Auch wenn man die heute noch existente Selbstherrlichkeit der "Gottesvertreter" bedenkt.
Aber wenn der gröbste Frust abgebaut ist, sollte man in der Tat strategischer denken.
"Ich denke wir sollten eine Strategie entwickeln, mit dem Ziel diesen Religions-Wahnsinn möglichst schnell und wirksam zu beenden."
Der Kernpunkt dieser Strategie ist klar: Das Nachwachsen des Glaubens verhindern. Einem erwachsenen Gläubigen würde man ja etwas nehmen, wenn man ihn vom Unglauben überzeugte, einem noch nicht indoktrinierten Kind hingegen nichts.
Doch um dieses Ziel zu erreichen, müssten bereits erfolgreich indoktrinierte Menschen aus Politik, Medien und Gesellschaft zumindest von einer Verschonung der Kinder überzeugt werden. Hier liegt der Knackpunkt.
Solange die Glaubenskonzerne noch Geld machen mit ihren Seilschaften und solange sich Politiker noch Wählerstimmen für eine zur Schau getragenen Gläubigkeit versprechen und solange Journalisten Angst vor ihren Redakteuren haben, die wiederum vorm vermeintlich gläubigen Konsumenten Angst haben, wird sich nicht viel ändern.
Wir haben immer noch die gleiche Hexen- und Ketzerverfolgung, wie im Mittelalter, nur dass die Methoden heute zivilisierter erscheinen. Am Geist des Glaubensklüngels hat sich nichts geändert.
"Meiner Meinung nach, müsste ein solches Projekt mit einer schonungslosen Mensch-Analyse beginnen."
Genau das! Wir müssen vermitteln, dass der Mensch lange vor Erfindung der Religion empathisch war - empathischer sogar, als die menschenverachtenden Religionen - und dass er auch lange davor Zivilisation entwickelte.
Der Mensch ist auch fantasiebegabt, was sich in Kunst, leider aber auch in Religion ausdrücken kann. Wir denken als natürliches Überlebensprinzip magisch-teleologisch, aber wir können diesen Aberglauben durch bessere Erkenntnisse ersetzen. Ohne institutionalisierte Religion wäre dieser Anpassungsprozess an die Realität wesentlich schmerzfreier.
Der Menschen an sich ist also recht gut geraten, nur hat ihn seine (notwendige) Neigung zu Irrationalem auf ein zivilisatorisches Abstellgleis gefahren, von dem er nur schwer wegkommt.
Wenn wir Kinder davor bewahren könnten, diese falsche Weichenstellung nehmen zu MÜSSEN (weil alte Männer in Frauenkleidern und lustigen Hüten dies so wollen), dann findet irgendwann die Menschheit wieder auf die alte Spur zurück - Richtung Zukunft...
Horst Fetter am Permanenter Link
Nur so eine Idee: Wäre es nicht an der Zeit eine neue politische Partei zu gründen ? Wir sind immerhin schon mehr als 30% der Bevölkerung.
Und Michael Schmid-Salomon gibt bestimmt einen guten Bundeskanzler ab.