hpd Themenwoche Nicht-Glauben

Colin Goldner: "Jeder hat das Recht, seine höchstpersönlichen Spinnereien zu kultivieren"

Das Nicht-Glauben hat viele Gesichter. Im Rahmen der hpd Themenwoche Nicht-Glauben zeigen wir einige davon. Hier: Colin Goldner.

Beispielbild

Auf persönlicher Ebene ist es mir vollkommen gleichgültig, ob jemand an Engel, Geister oder sonstig über- oder außerirdische Wesen und Wirkmächte glaubt. Solange ich das nicht auch muss. Glaube ist reine Privatsache. Jeder hat das Recht, an alles und jedes zu glauben, was ihm beliebt, egal ob das der Glaube an das Ungeheuer von Loch Ness ist, an die unbefleckte Empfängnis Mariens oder an UFO-Botschaften von den Plejaden; nicht zu vergessen die zweiundsiebzig wartenden Jungfrauen im Jenseits. Jeder hat insofern das Recht, seine höchstpersönlichen Spinnereien zu kultivieren.

Problematisch wird das Ganze erst dann, wenn der jeweilige Glaube krankheitswertig wird. Und das wird er oft, nicht nur der fortschreitenden Einschränkung der Fähigkeit zu selbstverantwortlichem Entscheiden und Handeln wegen, sondern vor allem aufgrund der steten Gefahr eines Abgleitens in psychotische Wahnzustände, die oftmals dazu führen, dass der Gläubige seinen Glauben nicht mehr als Privatsache ansieht, sondern andere davon überzeugen zu müssen glaubt.

PS: In mehr als dreißigjähriger psychotherapeutischer Praxis habe ich keine Klientin und keinen Klienten erlebt, deren Probleme nicht mit irgendeinem irrationalen, sprich: religiös durchsetzten Glaubenssystem verknüpft gewesen wären.

Colin Goldner


Colin Goldner ist Psychologe und Wissenschaftsjournalist. Er ist Leiter des Great Ape Projects (GAP), das sich für dafür einsetzt, dass Menschenaffen Grundrechte gewährt werden.