Vatikan unterstützt Scientology-Lehrstühle für Pseudomedizin

Eine alternative Heilmethode, von einem SS-Oberscharführer ersonnen, dazu ein schleierhafter Hightech-Konzern aus dem Hinterland Nordrhein-Westfalens, der Vatikan, und natürlich die Church of Scientology, ein obskurer Lehrstuhl an einer italienischen Universität. Was klingt, wie das hanebüchene Setup eines Dan-Brown-Verschwörungsthrillers oder wie der wagemutigste Clickbait-Artikel des Internets, hat es irgendwie geschafft, Realität zu werden.

Mit bestechender Logik präsentiert sich die sogenannte Bioresonanztherapie: Menschen senden elektromagnetische Schwingungen aus. Ist der Mensch krank, sind diese gestört. Mit einem "hochkomplexen" Gerät werden diese Schwingungen buchstäblich umgekehrt, zurück in den Körper geleitet, und einer raschen Genesung ist Genüge getan. Denn die "kranke Schwingung" und die zurückgeleitete inventierte Schwingung neutralisieren sich gegenseitig. Sie haben Krankheiten jedweder Art? Gehen Sie in den Baumarkt, berühren Sie mit zwei Fingern einen Polwandler, und sparen Sie sich die Mühen eines lästigen Arztbesuchs. Dem rationalen Leser mag der Gedanke bereits gekommen sein: Das alles ist vollkommener Unfug und mit einem Mittelstufen-Physikbuch restlos widerlegbar. Wer es genau wissen will, darf sich aber auch an einer uferlosen Bandbreite an wissenschaftlichen Untersuchungen erfreuen.

Franz Morell, SS-Mann und Scientology-Aktivist, gilt als Erfinder der Methode, und wie es mit schwachsinnigen Theorien in der Medizin nicht unüblich ist, hat der ganze Unfug eilends Schule gemacht. In jeder mittelgroßen Stadt kann eine Bioresonanztherapie angetreten werden, und zahlreiche Anbieter der entsprechenden Geräte stehen unter Druck, die Konkurrenz mit immer hochtrabenderem Hokuspokus zu übertrumpfen.

Einer dieser Konzerne nennt sich Rayonex Biomedical und vertreibt "biofeldformenden Geräte" in 43 Ländern dieser Welt. Natürlich können Sie sich für 800 Euro auch zum zertifizierten Bioresonanztherapeuten ausbilden lassen, wahlweise in London oder in Lennestadt. Oder aber, Sie ziehen eine Reise nach Rom in Erwägung, denn dort kann man das Ganze auch an der Universita Anglo Cattolica San Paolo studieren, die vom heiligen Stuhl als Ausbildungscamp des Vatikanischen Klerus etabliert wurde und bis heute in diesem Dienst steht.

Lehrstuhl für Bioresonanzwissenschaften – der dritte seiner Art weltweit, der erste in Europa

Dietmar Heimes, der neue Direktor und Professor des Lehrstuhls, zufälligerweise auch Geschäftsführer bei Rayonex, wird die Erforschung und Lehre seines eigenen Produktes sicher nicht ohne Interessenskonflikte beaufsichtigen. Und der Rektor der Uni, Mauro Contili, war anlässlich der Festivitäten mitsamt vatikanischer Delegation nach Lennestadt gereist, um in der Rayonex-Zentrale den neuen Studiengang den geneigten Medien und Investoren zu präsentieren. Ein Schelm, wer hier an kommerzielle Verflechtungen denkt! Natürlich gebe es finanzielle Interessen, aber die oberste Philosophie laute, den "Menschen zu helfen", sagte der junge Professor. Dann ist ja gut.

Doch dies soll nur der erste Schachzug sein. Denn Deutschland, so Heimes, sei eben engstirnig. Keine Deutsche Universität würde sich mit dem Thema beschäftigen, weil man nicht "die Reputation gefährden wolle". Italien sei da etwas offener. Den Schritt in die restlichen europäischen Länder wolle man von dort aus orchestrieren.