Luxemburg

Gut leben ... frei von Religion

Kurz vor Weihnachten hat die luxemburgische Atheisten-Vereinigung AHA eine neue Kampagne gestartet. Sie will damit Atheisten ermutigen, von der Familie und der Gesellschaft Respekt einzufordern für die Entscheidung, frei von Religion zu feiern und zu leben.

Weihnachten ist eines dieser Familienfeste, wo es besonders schlimm ist. Treffen bei der festtäglichen Familienzusammenkunft religiöse und nicht-(mehr)-religiöse Familienmitglieder aufeinander, gibt es nicht selten erhitzte Diskussionen. Oft wird dabei von nicht-religiösen Menschen gefordert, sich religiösen Ritualen zu unterwerfen. Weil man es immer so gemacht hat – und überhaupt, was würden sonst die Leute sagen!

Der Zeitpunkt für den Start der aktuellen Kampagne der Allianz vun Humanisten, Atheisten an Agnostiker zu Lëtzebuerg (AHA) am Freitag vor Weihnachten war deshalb passend gewählt. Mit einem Video-Clip richtet sich die Kampagne "Gut leben… frei… von Religion" ("Gutt liewen… fräi… vu Relioun") an nicht-gläubige Menschen, die ähnliche Situationen wie die im Film geschilderte im Familienkreis wahrscheinlich schon oft erlebt haben:

Eine junge, hochschwangere Frau und ihr Mann sitzen gemeinsam mit der Mutter des Mannes in deren Wohnzimmer. Offensichtlich haben die werdenden Eltern gerade über das Kind gesprochen. Und darüber, dass sie es nicht taufen lassen werden. Denn der Dialog (im Film natürlich auf Luxemburgisch) beginnt mit einer Drohung der Mutter.

Mutter: Also dann gibt es aber keinen Cent. Und ich passe auch nicht auf dieses Kind auf.

Mann: Ich hab' gedacht, das Thema wäre abgeschlossen. Wir wollen nichts damit zu tun haben.

Mutter: Nicht getauft! Das Kind kommt ja in die Hölle, wenn es nicht getauft ist.

Mann: Mutter! Gott und die Hölle, das sind Fake News. Unser Franz soll frei von religiösen Zwängen aufwachsen.

Frau: Er soll das selbst entscheiden, wenn er groß ist.

Nach einer Nahaufnahme des wenig begeisterten Gesichts der Mutter, springt die Handlung zwei Jahre in die Zukunft. Wieder sitzen die jungen Eltern mit der Mutter des Mannes zusammen im Wohnzimmer. Wobei die Mutter ihrem kleinen Enkelsohn verliebt den Kopf streichelt und sagt:

Mutter: Getauft oder nicht getauft, du bist mein Enkelchen, nicht wahr, Franz, mein Süßer?

Auf der Webseite der luxemburgischen Atheisten https://aha.lu wird erklärt, mit welchem Ziel die Kampagne gestartet wurde:

"Immer weniger Menschen glauben an 'Gott'. Trotzdem heiraten viele Menschen entgegen ihrer nicht-religiösen Überzeugung in der Kirche und lassen ihre Kinder taufen. Die meisten Begräbnisse sind religiös geprägt. Viele Entschlüsse für religiöse Zeremonien werden jedoch nicht aus religiöser Überzeugung heraus getroffen, sondern u.a. auch wegen effektiven oder empfundenen sozialen Druckes (z. B. seitens der Familie). Im starren Rahmen dieser religiösen Rituale wird zudem den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen der Menschen kaum bis gar nicht Rechnung getragen.

Es gibt Möglichkeiten, all diese wichtigen Etappen des Lebens ohne 'Gott', Religion und Kirche zu durchleben. Feste und Zeremonien können durchaus frei von religiösen Zwängen und trotzdem, je nach Anlass, lebensfroh, gebührend oder bewegend gefeiert werden. Wichtige Ereignisse wie Geburt, Heirat oder Abschied können nach persönlichen Wünschen und Bedürfnissen einzigartig gestaltet werden.

Mit seinem Video-Clip im Rahmen der Kampagne 'Gutt liewen… fräi…' will AHA aufzeigen, dass es im 21. Jahrhundert sinnvoll ist:

1) seine Kinder nicht kurz nach der Geburt in eine religiöse Schublade zu stecken, sondern ihnen die persönliche Entscheidung betreffend ihre Weltanschauung selber zu überlassen – als erwachsene und mündige Menschen;
2) religionsfrei und gottlos glücklich zu feiern, wenn man ohnehin nicht religiös ist;
3) von der Familie und der Gesellschaft Respekt einzufordern für die Entscheidung, frei von Religion zu feiern und zu leben."

Laurent Schley, Präsident der luxemburgischen Atheisten-Vereinigung AHA, zeigt sich vom Erfolg der Kampagne begeistert. Auf Facebook wurde das Video bereits innerhalb der ersten Woche von knapp 60.000 Menschen gesehen. In Anbetracht der Tatsache, dass Luxemburg nur rund 600.000 Einwohner hat, eine beachtliche Leistung.