Coronavirus: Finger weg vom Weihwasser!

Wegen möglicher Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus wurden bereits in mehreren katholischen Kirchen die Weihwasserbecken geleert. Die evangelische Kirche rät zur Verwendung von Einzelkelchen beim Abendmahl.

"Ein Blitzableiter auf einem Kirchturm ist das denkbar stärkste Misstrauensvotum gegen den lieben Gott", sagte einst der österreichische Satiriker Karl Kraus. Der Verzicht auf Weihwasser aus Angst vor dem Coronavirus dürfte ähnliche Qualitäten haben.

Vergangenen Mittwoch – dem Aschermittwoch –  veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz "Hinweise zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem Virus COVID-19 (Coronavirus) in Gottesdiensten und Kirchenräumen". Darin ist zu lesen, dass "eine Zurückhaltung bei der Nutzung des Weihwasserbeckens in den Kirchen" vorübergehend ratsam sei. Weihwasserbecken sind üblicherweise im Eingangsbereich katholischer Kirchen zu finden. Gläubige tauchen dort beim Betreten und Verlassen der Kirche ihre Finger ein und bekreuzigen sich anschließend.

Auch für die Eucharistie oder Kommunion, also das Verteilen von gesegneten Oblaten und gesegnetem Wein in einem Kelch, die für Katholiken Leib und Blut ihres Religionsgründers Jesus Christus darstellen, rät die Bischofskonferenz zu Vorsichtsmaßnahmen. So sollen Priester und Kommunionhelfer vor ihrem Dienst die Hände waschen und desinfizieren. Es wird empfohlen, gesegnete Oblaten (Hostien) derzeit nicht mehr in den Mund der Gläubigen zu legen, wie dies insbesondere ältere Katholiken praktizieren, sondern in deren Hand:

"Für den Empfang der Heiligen Eucharistie empfiehlt sich gegenwärtig die Handkommunion. Wegen des erhöhten Ansteckungsrisikos verlangen Kelchkommunion und Mundkommunion besondere Vorsicht. Dasselbe gilt für den Körperkontakt (Händeschütteln, Umarmung) beim Friedenszeichen nach dem Friedensgruß des Priesters."

Einige Kirchengemeinden in Deutschland reagierten umgehend und leerten ihre Weihwasserbecken. So zum Beispiel der Kölner Dom, in dem überdies aktuell keine Mundkommunion durchgeführt wird und die Gläubigen nach der Kommunion nicht, wie sonst üblich, zum Händeschütteln aufgefordert werden.

In Österreich und in der Schweiz wird ähnlich reagiert. Auch im Wiener Stephansdom und im Salzburger Dom bleiben die Weihwasserbecken trocken. Ebenso wie im St. Galler Dom, wo die Gläubigen ebenfalls auf die Mundkommunion verzichten müssen.

Doch nicht nur die katholische Kirche, auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat Ratschläge formuliert für Menschen, die sich wegen einer Ansteckungsgefahr sorgen:

"Es ist möglich, bei der Austeilung des Abendmahls vorübergehend Einzelkelche zu verwenden. Da wir darauf vertrauen, dass wir auch im Brot die ganze Fülle des Heils empfangen, kann in Zeiten großer Ansteckungsgefahr auch nur das Brot zu sich genommen werden."

Alternativ könne die Oblate auch in den Wein eingedippt werden, ein Verfahren, das in theologischen Fachkreisen "Intinctio" genannt wird. Allerdings sei hierbei "sorgfältig darauf zu achten, dass die Fingerspitzen nicht mit dem Wein beziehungsweise dem Traubensaft in Berührung kommen."

Aus infektionsbiologischer Sicht sind diese Maßnahmen überaus sinnvoll. Darüber hinaus zeigen sie deutlich, dass die Kirchen heutzutage naturwissenschaftlichen Erkenntnissen erfreulicherweise mehr trauen als ihren eigenen Segenssprüchen.

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