Gestern endete nach drei Tagen die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz und damit auch die Protestaktion gegen deren mangelhafte Aufarbeitung des Missbrauchsskandals vor dem Kölner Dom. Die Aktivisten stießen auf große mediale Resonanz, die Kirche bemüht sich derweil um Schadensbegrenzung.
Hochzufrieden ist David Farago, Organisator und Versammlungsleiter des Protests vor dem Kölner Dom, nach den drei Tagen vor Ort. Die Aktion wurde umfangreich von den Medien aufgegriffen: von der Boulevardpresse bis in die großen Formate der Abendnachrichten reichte die Berichterstattung über den "Eichelbischof". "Es war toll, dass wir das Ganze so schnell auf die Beine stellen konnten und es hat sich gezeigt, dass diese Zusammenarbeit wirklich einen Unterschied macht, um unseren Forderungen der Kirche gegenüber Nachdruck zu verleihen. Anhand der vielfältigen Medienberichterstattung kann man sehen, dass wir einen Nerv getroffen haben und durch die Reaktion der Bischöfe sieht man, dass es uns gelungen ist, Druck aufzubauen. Wir haben mit dazu beigetragen, einen eigentlich als Randerscheinung vorgesehenen Punkt zum Hauptgesprächsthema zu machen", sagte Farago dem hpd.
Drei Tage lang hatte die Giordano-Bruno-Stiftung in Kooperation mit neun Verbänden Betroffener von sexueller Gewalt in der katholischen Kirche gegen die unzureichende Aufarbeitung protestiert. Am Mittwoch fand eine gemeinsame Pressekonferenz statt, in der Matthias Katsch, Geschäftsführer des Eckigen Tisches, seine Unzufriedenheit über den derzeitigen Stand der Missbrauchsaufarbeitung zum Ausdruck brachte und noch einmal seine Forderung nach einer unabhängigen Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission, eingesetzt durch das Parlament, bekräftigte. In den Betroffenenbeiräten könnten die Opfer nach wie vor nicht auf Augenhöhe mit den Kirchenvertretern kommunizieren. Auch die Vertreter der anderen an der Demonstration beteiligten Organisationen stellten sich vor. Katsch stellte in Aussicht, dass die Vernetzung der Verbände – die bisher von der Kirche versucht worden sei, zu verhindern – vorangetrieben werden solle und man in Zukunft häufiger gemeinsam auftreten und agieren werde. Im Anschluss wurden zahlreiche Interviews mit den einzelnen Betroffenenvertretern geführt.
Bätzing: Kirche gibt derzeit "skandalöses Bild" ab
In der Abschlusspressekonferenz zur digitalen Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe äußerte sich deren Vorsitzender Georg Bätzing ausführlich zum Thema sexuelle Gewalt in der Kirche. Den Missbrauch gelte es aufzuklären, aufzuarbeiten und in der Prävention "möglichst abzustellen". Er kritisierte eine öffentliche Wahrnehmung, nach der sich die Kirche überhaupt nicht bewege und sich ihren Aufgaben nicht stellen würde; "das tun wir seit vielen Jahren", beteuerte er und zählte verschiedene Maßnahmen auf, die schon ergriffen worden seien. Den Missbrauch nannte er "ein erschreckendes Phänomen in der katholischen Kirche". Den neu eingerichteten Betroffenenbeirat beschrieb er als ein "hochkompetentes Gremium (…), das aber sehr anspruchsvoll ist"; ein "verständlicherweise" schob er noch hinterher. Als weitere Punkte, an denen gearbeitet werde, nannte er eine Standardisierung von Personalaktenführung, eine Veränderung der Strafprozessordnung der katholischen Kirche sowie die Einführung von Spezialgerichten für Missbrauchsfälle und eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zu etablieren, das müsse nun mit dem Vatikan abgestimmt werden.
Anschließend ging er auf die Gesamtwahrnehmung der Lage in der Kirche in Deutschland ein; Vieles konzentriere sich derzeit in der öffentlichen Meinung auf das Erzbistum Köln und das nicht veröffentlichte Gutachten. Der Serverzusammenbruch für die Austrittsterminvergabe werde gedeutet als eine Austrittswelle, die für die gesamte Bundesrepublik interpretiert werde. Auch die Protestaktion vor dem Kölner Dom erwähnte er. Man nehme dies sehr ernst. "Jeder Kirchenaustritt tut weh und wir nehmen ihn wahr als eine Reaktion auf ein skandalöses Bild der Kirche, das wir derzeit abgeben." Es sei jedoch kurzschlüssig, den Fokus allein auf den Erzbischof von Köln zu richten. "Wir, alle Bischöfe (…), tragen Verantwortung für die Lage und müssen (…) beitragen zu einer Lösung, die in der Öffentlichkeit ansehnlich sein kann." "Das Feld der Aufarbeitung und Aufklärung" sei lange noch nicht abgeschlossen. Das Leid, das stattgefunden habe, und das die Betroffenen ein Leben lang präge, werde man jedoch nicht rückgängig machen können.
10 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Dieses verlogene Konstrukt sollte sich nicht auf Schadensbegrenzung konzentrieren sondern auf die Abwicklung.
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Schade das der Kölner Meisteraufseher seine Überlegung zum persönlichen Rücktritt nicht ersthaft verfolgt könnte mancher g l a u b e n. Kölle Alaaf, der Karneval lebt.
Hans-Joachim Horn am Permanenter Link
Das Ziel der Bischöfe "...
Es gibt ein staatliches Strafgesetzbuch, eine staatliche Strafprozessordnung, ein staatliches Gerichtswesen und zuständige professionelle staatliche Ermittlungsbehörden, die dazu da sind Verbrechen aufzuklären und die Täter zu verurteilen.
Alles was die Kirche dazu intern treibt, dient nur der Vertuschung.
Auf jeden Fall muss es ein klares Nein zu religiösen Sondergerichten geben. Für alle Religionen.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Soso, die Kirche will "Spezialgerichte" einführen!
Sternchenskepti... am Permanenter Link
Austreten? Nee!
Ernst-Günther Krause am Permanenter Link
Warum braucht die katholische Kirche eine eigene Gerichtsbarkeit? Antwort: zur Vertuschung von Straftaten.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Einführung von Spezialgerichten" - dann machen Sie das mal, werter Herr Bätzing.
Aber nicht wieder auf die lange Bank schieben...
Colin Goldner am Permanenter Link
Großartige Aktion von gbs-Beirat David Farago und seinen Mitstreiter*innen.
Ein Wort zur Eichelmitra, die Herrn Wölki samt den versammelten Bischöfen auf ihrer Frühjahrskonferenz besonders sauer aufgestoßen sein dürfte:
Die nach oben spitz zulaufende Mitra katholischer Kleriker ist nicht nur „Phallussymbol“, wie man meinen könnte, sondern dadurch, dass sie an der Spitze weit auseinanderklafft, zugleich „Vulvensymbol“: der Bischof (bis hin zum Papst als Bischof von Rom) ist nicht nur Herrscher des „männlichen“ sondern zugleich auch des „weiblichen“ Prinzips: in ihm vereinigen sich, gottgleich sozusagen, die polaren Schöpferkräfte von Mann UND Frau (weswegen es in der Kirche auch keiner Frauen bedarf).
Sternchenskepti... am Permanenter Link
Das ist ja super. Dann können sich die Mädels das Ding ohne Inanspruchnahme einer Änderungsschneiderei genauso über die Rübe ziehen, und es bedarf in der Kirche keiner Männer mehr.
WHD am Permanenter Link
"Ein erigierter Penis hat kein Gewissen!" - so das Fazit. Mit anderen Worten: Die Sexualmoral der Kirche beginnt und endet im Beichtstuhl.