Peru: Gericht entscheidet pro Sterbehilfe

Sterbehilfe ist in Peru verboten. Nun jedoch hat das peruanische Verfassungsgericht entschieden, dass der Wunsch nach einem Sterben in Würde zu respektieren sei und sich das Gesundheitsministerium und die Sozialversicherung zu fügen haben. Nach sechs Jahren Einsatz ein großer Sieg für Ana Estrada Ugarte und ihre Mitstreiter:innen, der den Weg für weitere solcher Entscheidungen und eine Gesetzesänderung bereiten könnte. Das Gesundheitsministerium hat keine Berufung eingelegt.

Ana Estrada Ugarte ist 44, Psychologin und Sterbehilfe-Aktivistin. In jungen Jahren wurde bei ihr Polymyositis diagnostiziert. Eine Muskelkrankheit, die sich bei ihr im Laufe des Lebens verschlimmerte. Seit gesundheitlichen Komplikationen, die einen Krankenhausaufenthalt nötig machten, benötigt Ana Estrada eine 24-Stunden-Versorgung durch medizinisches Personal, kann ihr Bett nicht mehr verlassen und muss nachts beatmet werden. Aus dieser Situation heraus begann sie, sich für einen selbstbestimmten, würdevollen Tod einzusetzen.

Mittels Computer und Internet führt die Aktivistin einen Blog, den sie nutzt, um Poesie, aber auch Beiträge zum Kampf für Sterbehilfe oder gegen den Machismo, der ihr bei ihren persönlichen Veröffentlichungen immer wieder entgegenschlägt, zu veröffentlichen.

Unterstützung bei ihrem Wunsch, Paragraph 112 des peruanischen Strafgesetzbuches, welcher die Sterbehilfe unter Strafe stellt, auszuhebeln, erhielt Ana Estrada bei der Defensoría del Pueblo, dem "Volksverteidiger"; einem Organ, welches die Interessen Einzelner und der Gemeinschaft wahren und als kritischer Mitarbeiter des Staates prüfen soll, ob Rechte illegitim beschnitten werden.

Bereits 2019 begann der juristische Weg, der im Januar dieses Jahres schließlich beim Verfassungsgericht endete. Einige Minuten lang konnte Ana Estrada Ugarte Richter Jorge Ramírez Niño de Guzmán ihren Fall per Videocall darlegen und Fragen danach, ob sie klar genug zu sprechen sei oder wegen einer Depression den Tod suche, beantworten. Estrada konnte aufzeigen, dass sie klare Aussagen tätigen kann und aktuell nicht sterben möchte, vielmehr durch ihren Einsatz für legale Sterbehilfe einen sehr guten Grund hat weiterzuleben. Auch konnte sie den Richter davon überzeugen, wie wichtig es für sie ist, selbstbestimmt und würdig sterben zu können.

Am 25. Februar schließlich verkündete das Verfassungsgericht, dass das Gesundheitsministerium und die Sozialversicherung die Entscheidung Ana Estrada Ugartes, ihrem Leben mittels Sterbehilfetechniken ein Ende setzen zu dürfen, zu respektieren sei.

Das Urteil bezieht sich allerdings nur auf Ana Estradas Fall und ist keine Aufhebung des Paragraphen 112, könnte allerdings den Weg dazu ebnen. Der Kongressabgeordnete Gino Costa hatte mit Anas Prozessbeginn im Januar einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht.

Die Frist für eine Berufung durch das Gesundheitsministerium ist mittlerweile abgelaufen. Dafür hat sich die peruanische Bischofskonferenz zu Wort gemeldet und den Fall Ana Estradas kommentiert. Für sie ist die Sterbehilfe der falsche Weg mit Situationen wie dieser umzugehen. Obgleich in einem Statement verkündet wird, das Leiden zu verstehen und sich mit der Aktivistin zu solidarisieren, lehnt die Bischofskonferenz Sterbehilfe ab. Sie bietet stattdessen Gebete und Nähe, um das Herz dem Glauben und der Liebe Gottes zu öffnen.

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