Kommentar

Kirchlicher Missbrauch: Die passive Mitwirkung des Staates

Seit Wochen wird über die Schandtaten der "moralischen Anstalt" Kirche, besonders der katholischen, berichtet. Sogar höchste Würdenträger geben sich bußfertig, und mitunter hat man das Gefühl, dass dabei sogar echte Reue im Spiel sein könnte. Hinter der Zerknirschtheit dürfte sich aber mehr die große Sorge vor dem Verlust der Reputation der vermeintlich heiligen Institution Kirche verbergen.

Dass die kirchlichen Vertreter die derzeit laufende Aufklärungswelle nicht selbst in Gang gesetzt haben, steht dennoch fest. Erst die sich häufenden angezeigten Fälle haben nach und nach die Lawine ausgelöst. Vor allem waren es die Betroffenen und auch kirchliche Laienorganisationen, die den sich so gerne wegduckenden Verantwortlichen in den Kirchenleitungen Feuer unter der Sitzfläche machten. Dabei muss von einer Dunkelziffer von Fällen gesprochen werden, die möglicherweise die "Hellziffer" um ein Mehrfaches übersteigt.

Was aber kaum zur Sprache kommt, ist die bodenlose Gleichgültigkeit unserer staatlichen Stellen, die jahrzehntelang sich weggeduckt haben, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre, staatsanwaltliche Aktivität zu zeigen. Jeder kleine Taschendieb wird zu Recht verfolgt und bestraft. Die ungleich größere Straftat des Missbrauchs eines Kindes, oft genug mit der Folge eines lebenslangen und lebenszerstörenden Traumas, war diesen von Amts wegen verpflichteten Stellen keine Verfolgung wert. Man muss geradezu von einer "passiven Mitwirkung" sprechen, die hier staatlicherseits in Hunderttausenden von Fällen stattgefunden hat.

Die übergroße Zahl der Staatsanwälte war vor Jahrzehnten noch Mitglied der Kirchen, also offiziell Christen. Erklärt das vielleicht deren fromm ergebene Untätigkeit? Aber auch keiner der zuständigen Innenminister des Bundes oder der Länder, fast immer auch von den beiden Kirchenparteien CDU/CSU und SPD gestellt, fühlte sich bemüßigt, von sich aus aktiv zu werden, wenn schon die an sich zuständigen Stellen vor Ort wegschauten.

Offenbar wollte man es einfach nicht wissen, nicht wahrhaben, dass diese "heilige Institution" mit "solchem Schmutz" in Verbindung gebracht wird. In ganz wenigen Einzelfällen gab es sogar mal die eine oder andere gerichtliche Verurteilung. Statt aber hellhörig zu werden, obwohl erkennbar war, dass diese Taten keine Einzelfälle darstellten, dass ihnen vielmehr eine systemische Ursache zugrunde liegen müsse, schwieg man. Zu viele sogenannte Christen hatten kein Erbarmen mit den Opfern, sie konzentrierten ihr "Mitleid" auf diese unheilige Institution, weil ihnen offenbar mit Erfolg tief ins Unterbewusstsein indoktriniert worden war, dass dahinter nur der Teufel stecken könne oder ein bösartiger atheistischer Versuch, die Axt an die Wurzeln des Abendlandes zu legen.

Der überall rechtsextreme Aktivitäten erkennende Christ und Kirchenfreund Steinmeier hätte doch viel früher auch diese Form von Extremismus anklagen können. Aber wohin man auch schaut, es gab eine Kumpanei des Schweigens. Ob die jetzige Bundesregierung mehr diesbezüglichen Betätigungsdrang zeigen wird?

Diese Institution Kirche, die angeblich für die Menschen da sein will, steht gefühlskalt über den Menschen. Diese dienen allenfalls als Stütze eines morschen Systems und als willkommene Geldgeber. Mehr und mehr wache Köpfe haben aber verstanden und versuchen, beim Amtsgericht endlich einen Termin zu bekommen, um gegen ein Zwangsgeld – zwischen 10 und 60 Euro je nach Bundesland – freigelassen zu werden.

Der Text erschien zuerst auf dem Facebook-Profil des Autors.

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