„Das müssen Sie aushalten können“

Nutznießer des Kooperationsmodells

Das auch die konfessionsfreie Bevölkerung die Staatsleistungen an die Kirchen mitbezahlen müssen, sei aber schon allein dadurch gerechtfertigt, dass ja auch die Nicht-Religiösen von den Kooperationsmodell profitieren, denn indem Religion in der Mitte der Gesellschaft gehalten werde, wie z.B. im wissenschaftlichen Umfeld an den Universitäten, müsse sie sich rechtfertigen, bleibe so auch im Blick der Gesellschaft, könne somit sich nicht so einfach radikalisieren, vielmehr hätte gerade die wissenschaftliche Theologie immer einen zähmenden Einfluss auf die Religion genommen.

Und wenn es vielleicht auch manche gäbe, was einem Nichtreligiösen oder Freidenker in unserer durch christliche Einflüsse geprägte Gesellschaft missfallen mag, so wie z.B. Kruzifixe in Klassenzimmern, oder der ökumenische Gottesdienst vor einer Bundesversammlung oder der Ausspruch des Bundespräsidenten „Gott schütze Deutschland“ so würde dies die Freiheit des Einzelnen nicht einschränken und seien eher als folkloristisch einzuschätzen. Abschließend riet Winfried Kretschmann den Zuhörern, dem konfessionellen in der Gesellschaft mit mehr Gelassenheit zu begegnen und über die offensichtliche staatliche Bevorzugung der großen Kirchen war zu hören: „Das müssen Sie aushalten können!“.

Bei der sich anschließenden, teilweise sogar ins humorvolle tendierenden Podiumsdiskussion, vertrat Carsten Frerk das religionskritische Anliegen einer säkularen Auffassung. Die unterschiedlichen Positionen wurden deutlich, auch und insbesondere in Fragen der Negierung der säkularen Positionen. Abschließend wies Frerk auch auf die mangelnde Religionsfreiheit für die Großkirchen in Deutschland hin. Durch ihre wesentlichen Abhängigkeiten von staatlichen Finanzierungen würden sie sich in einer „fiskalischen Gefangenschaft“ befinden und sich politisch nur moderat kritisch äußern können, da sie sonst die ihnen Wohlgesonnenen in den Parteien verärgern würden. Das würde, meinte Kretschmann, ihn auf einem völlig falschen Fuß treffen, dass ein Freigeist eine engagiertere Positionierung der Kirchen anmahne.

Gelassenheit von Privilegierten ist einfach

Bei der abschließenden von Andreas Henschel moderierten Diskussion zwischen Winfried Kretschmann und dem Publikum, wurden Themen, wie Gleichbehandlung in Schule und Beruf, in gesellschaftlichen Gremien wie dem Rundfunkrat aber auch z.B. im öffentlichen Raum bei Werbung für religiöse und weltanschauliche Ansichten und Anliegen angesprochen, wobei Winfried Kretschmann immer wieder dazu riet, man möge die Dinge gelassener einordnen. Eine Gelassenheit, die ihm, wie in einem kritischen Einwand aus dem Publikum zu hören war, als Angehöriger einer protegierten Religion vielleicht leichter zufallen vermag, wenn man aber sein Leben lang als Konfessionsloser Benachteiligung und Diskriminierung erfahre, sei es halt manchmal schwer, gelassen zu bleiben. Ein Satz jedoch hatte eine Zuschauerin bsonds beeindruckt: "Toleranz tut weh."

Zum Abschluss und bevor das zahlreich erschienene interessierte Publikum sich noch bei einem Stehimbiss in kleineren Diskussionsgruppen zu intensiven Gesprächen auch mit Winfried Kretschmann traf, bedankte sich Andreas Henschel mit einem Wein- und Buchpräsent beim Spitzenkandidaten der Grünen: „Wenn Sie demnächst dann Landesvater sind, und persönlich fände ich diese politische Entwicklung durchaus wünschenswert, dann werde ich Sie an die berechtigten Anliegen unseres noch kleinen aber durchaus engagierten Verband erinnern und daran, dass wir das gleiche Recht auf Unterstützung und Privilegierung wie jede andere „sinnstiftende Gemeinschaft“ haben.

H.A.