Ein Leitfaden zum Kopftuch-Verbot

(4) Was das normale Kopftuch betrifft, so können wir zeigen (siehe unten): (a) dass eine religiöse Pflicht in dieser Hinsicht, auch wo sie vorgehalten wird, nur eine untergeordnete Anforderung ist; (b) dass hierüber weder in der Tradition der Sunna, noch in der gegenwärtigen Praxis, Einstimmigkeit herrscht; (c), dass es stichhaltige Argumente gibt gegen das Tragen bei der Amtsausübung im öffentlichen Dienst; (d), dass auch gegen ihre Verwendung durch Minderjährige in den Schulen schwerwiegende Einwände erhoben wurden.
 
Die obigen Bewertungskriterien, '1. D. (3) I - VI ", haben keinen Alles oder Nichts Charakter: Jedes kann mehr oder weniger überwiegen. Man kann also nicht ohne ernsthafte Überlegungen beschließen, dass die Rechte lt. Art. 9 EMRK (und verwandte Texte) durch ein Kopftuchverbot angetastet werden.
 
Es ist bis heute (…) nicht klar, wie die Gerichte (in Belgien, N. d. Ü.) über diese Frage entscheiden. Würden sie allerdings entscheiden, dass diese Rechte bei privaten Entscheidungen zur Diskussion stehen (…), dann kann nur eine allgemeine Maßnahme, vorzugsweise durch ein Gesetz oder Dekret unterstützt, eine solide Grundlage für Entscheidungsprozesse bilden. Übrigens zeigen die verschiedenen Positionen in der öffentlichen Diskussion, dass diese Angelegenheit sehr komplex ist.
 
Die Regierung begeht hier eine inakzeptable Fahnenflucht, wenn sie in einer so schwierigen Problemsituation einzelnen Schulbehörden jedes Mal allein die Entscheidung überlässt, mit dem Risiko, dass sie Opfer von Hasskampagnen, oder durch das Gericht zurückgepfiffen werden.

Die Abgeordneten müssen daher dringend den Rahmen skizzieren, innerhalb dessen ein Kopftuchverbot zulässig ist und dies mit der Empfehlung, so umfassend wie möglich eine einheitliche Lösung in den verschiedenen Schulen anzustreben. Etwas Ähnliches ist auch sicher im Zusammenhang mit bestimmten Ämtern in der öffentlichen Verwaltung wünschenswert.

2. Der Schleier: historische und kulturell-anthropologische Daten

a. Der Koran sagt über die Kleidung folgendes:
S 7,26: „Wir gaben euch Kleidung, eure Scham zu bedecken, und zum Schmuck; doch das Kleid der Frömmigkeit - (oder "Gewand der Gerechtigkeit") das ist das Beste. „
S 24,31, „Und sprich zu den gläubigen Frauen, (…) dass sie ihre Reize nicht zur Schau tragen sollen, bis auf das, was davon sichtbar sein muss, und dass sie ihre Tücher (Khimar) über ihre Busen ziehen sollen …“
S 33,59: " sie sollen ihre Tücher (jalabib) tief über sich ziehen. Das ist besser, damit sie erkannt und nicht belästigt werden.“

Diese Koranverse haben im Lauf der Geschichte zu unterschiedlichen Auffassungen und Praktiken geführt. (Im Internet finden Sie Tausende von Seiten darüber). Man kann auf jeden Fall daraus Folgendes entnehmen. (i) Die speziellen Arten von Bekleidung sind von sekundärer Bedeutung: Die Frömmigkeit ist das Beste. (Das Kleid der Frommigkeit hat hier eine figürliche Bedeutung.) (ii) Es besteht kein Gebot zum Tragen eines Kopftuches, der Text bezieht sich auf einen „Khimar”  der bereits existierte. (Der Khimar war wahrscheinlich ein Kleidungsstück, das vom Kopf oder vom Hals über den Körper hing, aber teilweise die Brüste sichtbar ließ.) Dass man den Kopf bedeckt, war in vielen Kulturen der Fall und war in einem Wüstenklima normal.) (iii ) Der Genitalbereich und die Brüste müssen bedeckt sein. (iv) „Das, was sichtbar sein darf" wird nicht klar definiert und kann von Kultur zu Kultur variieren. (v) Dass der Hals und die Haare bedeckt sein sollten, steht nicht im Koran. (vi) Aussagen des Propheten (Hadith) über diese Angelegenheit sind mindest ein paar Jahrhunderte später niedergeschrieben und sind oft widersprüchlich. Ihre Echtheit ist fraglich.
Die Koranvorschriften selbst dürften in unserer Kultur kein Problem darstellen, auch wenn man sie streng befolgt (Brust-und Schambereich bedeckt).