Helmut Schmidt über Religionen

 

__________________

Hannelore (Loki) Schmidt, die Ehefrau des Altbundeskanzlers, ist nach 68 Ehejahren am 21. Oktober 2010 gestorben (ab 1:09:42).
___________________

Sandra Maischberger: Sie haben vor einiger Zeit, auch hier, gesagt, dass Sie den persönlichen Glauben verloren hätten. Schon vor langer Zeit.

Helmut Schmidt: Ja. Weitgehend verloren.

Sandra Maischberger: Wenn ein Mensch, der einem nahe steht, stirbt, ist doch der Glaube an ein Leben nach dem Tode ein tröstlicher Gedanke. Und viele kommen in Krisensituationen wieder dazu. Haben Sie in diesem Jahr einen Weg dahin gefunden?

Helmut Schmidt: Nein, ich habe mich an das gehalten, was meine Frau selbst geglaubt und gesagt hat. Meine Frau ist von Hause aus eine Biologin, eine Botanikerin in spezieller Weise, vor allem aber eine Biologin und Anhängerin von Charles Darwin. Und sie war der Meinung: Wenn ein Mensch stirbt - ob er nun verbrannt wird oder ob er beerdigt wird oder seine Asche auf See ausgestreut wird – in jeden Fall: Die Atome oder Moleküle, aus denen er zusammengesetzt war, die bleiben nach. Und eines Tages werden sie möglicherweise von einer Pflanze, die da wächst, aufgenommen und gebraucht für den Aufbau dieses neuen Baumes. Oder möglicherweise werden sie von einem Tier mitgefressen, das irgendwelche Samen frisst. Es geht kein Molekül verloren. Das war ihre Meinung. Und die hat mich immer überzeugt.


Sandra Maischberger: Sie haben mit Ihrer Frau über alles geredet, glaube ich, über alle Fragen dieser Welt. Haben Sie über das Sterben auch geredet?

Helmut Schmidt: Haben wir getan, ja. Mehr als einmal.

Sandra Maischberger: Hatte sie Angst davor?

Helmut Schmidt: Nein. (Er sinniert nachdenklich) Sie hatte keine Angst und ich habe auch keine Angst.

   

C.F.