Plakataktion klärt über Kirchenfinanzen auf

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Zwei Plakate / Fotografie © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Seit gestern zieren die Berliner Straßen Großplakate, die den Blick der Berlinerinnen und Berliner auf die kirchlichen Finanzen lenken sollen. Entworfen wurde das Motiv der Plakate von Jacques Tilly. Auf Ihnen ist zu sehen, wie ein Kleriker sich mit Geldsäcken auf die Arche Noah gerettet hat, während hilfesuchende Menschen in den Fluten untergehen.

Frank Welker, Pressesprecher der Aktion, zeigte sich gegenüber dem hpd in bester Laune. „Mit den Plakaten ist es uns gelungen, während des Papstbesuches das Thema Kirchenfinanzen öffentlich sichtbar zu machen. Damit zeigen wir: Es geht nicht allein um den Papst und seine reaktionären Positionen, in Deutschland muss die Rolle der Kirchen grundsätzlich diskutiert werden.“

„Jahr des Kirchenaustritts“

Bereits seit dem 11.11.2010 findet in Deutschland das „Jahr des Kirchenaustritts“ statt. Mit verschiedenen Aktionen machten die Organisatoren darauf aufmerksam, dass ein Kirchenaustritt sich für alle lohnt. Mit der Plakataktion erreicht die Kampagne nun ihren Höhepunkt. Vom 20. bis zum 29. September werden diese in Berlin zu sehen sein. Die Aktion findet während des Papstbesuches statt, ihre Forderungen weisen jedoch über den Tag hinaus.

Wie es der Zufall will, steht eine der Großplakatwände in der Nähe des Hochhaus-Verlagsgebäudes des Axel-Springer-Verlages, an dessen Fassade seit gestern ein überdimensionales BILD-Titelblatt mit dem Papstkonterfei hängt.

IBKA-Pressesprecher Rainer Ponitka erklärt, worum es geht: „Die Kirchen verwenden den Großteil der eingenommenen Steuern für eigene Zwecke, in erster Linie für Personalkosten. Für öffentliche soziale Zwecke dagegen geben sie nur etwa zehn Prozent der Kirchensteuereinnahmen aus. Erhalten aber gleichzeitig 19 Milliarden an staatlichen Subventionen.“ Dafür zeigt Ponitka keinerlei Verständnis: „Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten der öffentlichen Hand ist es inakzeptabel, dass der Staat weiterhin Organisationen aus vordemokratischer Zeit finanziert. Diese Situation muss sofort beendet werden!“

Dieses hoch gesteckte Ziel wird durch die Plakataktion wohl kaum erreicht werden, dennoch sind solche Aktivitäten wichtig, um dem Thema Öffentlichkeit zu verschaffen. Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre waren die Organisatoren bis zuletzt gespannt, ob die Plakate wirklich zu sehen sein würden. „Anders als bei der Buskampagne hat bislang noch niemand versucht, uns Steine in den Weg zu legen“, zeigt sich Frank Welker zufrieden. „Besonders dankbar sind wir den zahlreichen Spendern, die die Aktion ermöglicht haben!“ Es freue ihn, dass das zusammengekommene Geld nun für die vorgesehenen Zwecke eingesetzt werden könne.

Alles andere als reibungslos verlief hingegen eine andere Aktion der Austrittskampagne. So war es das Ziel, spendenfinanzierte Anzeigen in verschiedenen Tageszeitungen zu schalten. Während etwa die Frankfurter Rundschau die Anzeige problemlos schaltete, stellten andere Zeitungen sich quer. So lehnte etwa die Nürtinger Zeitung die Anzeige mit dem Verweis auf Ihre AGBs ab und die Mittelbayrische begründete die Ablehnung mit „ethischen Gründen“ Konkret antwortete man dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) wie folgt: „Unser Haus ist grundlegend christlich, unser Kerngebiet ist Bischofssitz und selbst der Hl. Papst Benedikt XVI. in Rom hat unsere Mittelbayrische Zeitung abonniert.“ Diese Stellungnahme spricht für sich und muss wohl kaum weiter kommentiert werden. Die Organisatoren bleiben aber auch hier dran und suchen nach Möglichkeiten, das gespendete Geld im Sinne der Spender einzusetzen.

Detaillierte Information zur Kirchenaustrittskampagne und weitere Argumente für einen Kirchenaustritt finden Interessierte unter www.kirchenaustrittsjahr.de. Zu den Unterstützern der Aktion gehören der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), die Giordano Bruno Stiftung (gbs) und der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern.

Martin Bauer