Das Horrorkabinett der „Affenmutti“ aus Hönow

 

Ende Dezember 2011 buchten zwei Tierrechtler des Great Ape Project undercover eine „Spielstunde“ mit einem der Samel-Schimpansen, um auf diese Weise Einblick in Haltung und Vermarktung der Tiere zu gewinnen.

Obgleich sich Frau Samel bei den telephonischen Vorgesprächen ausgesprochen misstrauisch zeigte und eine Vielzahl an Vorbedingungen erfüllt sehen wollte, setzte sie gegen 200 EUR „Futterspende“ einen Termin fest, an dem die „Spielstunde“ stattfinden sollte. Die beiden GAP-Aktivisten wurden vorbei an der Käfiganlage im Hinterhof des Samel-Hauses in einen bunkerartigen, mit Stahlgitterschleuse und umlaufenden  Weidezaundrähten gesicherten Raum geführt und angewiesen, auf bereitstehenden Besucherstühlen Platz zu nehmen. Nach einer extrem schulmeisterlich vorgetragenen Belehrung verließ Samel den Raum, um nach kurzer Zeit mit der achtjährigen Schimpansin Babsi - angeleint an einer eng um den Hals gelegten Würgekette - zurückzukehren. In Kasernenhofton wurden verschiedene Aktivitäten angeordnet - Füttern mit Götterspeise, gemeinsames Ansehen eines Bilderbuches etc. -, die der Schimpansin offenbar gut bekannt waren: sie machte jedenfalls bereitwillig mit. Gelegentlich nur zuckte sie zusammen, wenn Samel ihre Anweisungen besonders barsch vortrug. Nach einer Stunde wurde die Schimpansin wieder hinausgeführt: Ende der Vorstellung. Nachfragen zur Haltung oder zur medizinischen Versorgung der Tiere wurden brüsk unterbunden. Ein näherer Blick auf die Käfiganlage wurde ebenso verhindert wie ein Blick ins Innere des Wohnhauses.

Auch wenn die beiden Tierrechtler sich während der „Spielstunde“ keinem persönlichen Risiko ausgesetzt sahen, erschien ihnen doch die ganze Inszenierung als völlig unverantwortlich: Nicht auszudenken, wenn die gut 60 kg schwere Schimpansin aus irgendwelchem Grunde einen Wut- oder Aggressionsanfall bekommen hätte. Erst im Nachhinein erfuhren sie, dass vor Jahren Samel-Ehemann Erhard mehrere Finger eingebüßt hatte: ein Schimpanse hatte sie ihm abgebissen. Auch das Risiko einer Krankheitsübertragung - nach beiden Seiten hin - wird von Samel offenbar völlig ignoriert.

Das Great Ape Project wird dafür sorgen, dass das seit vier Jahren bestehende Verbot, die Schimpansen öffentlich zur Schau zu stellen - wozu auch die „Spielstunden“ zählen – endlich konsequent durchgesetzt wird und Verstöße dagegen auch geahndet werden. Desweiteren wird Strafanzeige gegen Samel u.a. wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet werden mit dem Ziel, ihr die weitere Haltung der Schimpansen zu untersagen. Auf Einsicht ist bei Christiane Samel nicht zu hoffen: eine ihrer Schimpansinnen, so Samel, sei hochschwanger und werde in Kürze ein Baby zur Welt bringen.

Colin Goldner

 

Anmerkungen und Quellenangaben

(1) Zirkusse, die heute unter den Traditionsnamen Berolina, Busch oder Aeros unterwegs sind, haben mit den seinerzeitigen Staatszirkussen der DDR nichts zu tun.
(2) Winkler, D.: Wie beerdigt man einen Zirkus? Das langsame Sterben des Staatszirkus der DDR. Norderstedt, 2001
(3) Kegel, S.: ’Aeros’ hat jetzt wieder Oberwasser. in: Berliner Zeitung vom 4.11.1995
(4) Reich, A.: Der Zirkus ist tot, es lebe der Zirkus. in: Berliner Zeitung vom 18.1.1997
(5) www.schimpansenshow.de [12.1.2012]
(6) www.affenbaby.de/01verein.htm [12.1.2012]
(7) www.peta.de/web/home.cfm?p=2514 [10.1.2012]
(8) Pressemitteilung des Landkreises Märkisch-Oderland vom 14.02.2008 www.maerkisch-oderland.de/molaktuelles/aktuellesdetail_druck.php?id=714 [10.1.2012]
(9) www.peta.de/samel [10.1.2010}
(10) www.schimpansenshow.de [12.1.2012]
(11) www.affenbaby.de/13schimpansenkontakt.htm [12.1.2012]

aus: Tierbefreiung, 74, 3/2012