Das Horrorkabinett der „Affenmutti“ aus Hönow

Im Jahre 2002 begründete Samel einen eigenen Spendensammelverein mit dem wissenschaftlich klingenden Namen Pro Dryopithecus e.V. (Dryopitheci sind ausgestorbene Altweltaffen, die vor mehr als 12 Millionen Jahren lebten), dem angeblich 60 Mitglieder angehören. Zweck des Vereins ist laut Satzung „der Schutz und die Hilfe für Schimpansen in ihrer natürlichen Umwelt sowie in menschlicher Haltung. Schimpansen aus Zirkus und darstellendem Gewerbe wollen wir einen weitestgehend artgerechten Lebensabend geben.“ Auch von der „Errichtung einer internationalen Auffangstation für Primaten, insbesondere für Schimpansen“ ist die Rede, für die eingehende Spendengelder verwendet werden sollen. (6) Als „Ehrenpräsident“ des Samel-Vereins firmiert ein gewisser Gerhard Klauß, bis zur Wende Generaldirektor der VEB Zentral-Zirkus der DDR und heute Betreiber einer (völlig unbedeutenden) Deutschen Artistenagentur.

Vor dem Hintergrund behördlicher Auflagen wurde ab 2002 im Hinterhof des Samel-Hauses auch eine Käfiganlage als „Freigehege“ errichtet, die den Schimpansen tagsüber und bei geeigneter Witterung etwas mehr Platz bot. Auch wenn die 2005 fertiggestellte „Freianlage“ den Bestimmungen des bundesministeriellen Säugetiergutachtens von 1996 entsprach, die für 14 Schimpansen eine Gehegegrundfläche von gerade einmal 145 qm vorsieht, konnten und können die Unterbringungsverhältnis im Untergeschoss des Wohnhauses, in dem sich die Affen die meiste Zeit aufhalten, diese Bedingungen nicht ansatzweise erfüllen. Zu weiteren Schritten wollten die zuständigen Behörden sich indes nicht durchringen, da diese nur eine Beendigung der Schimpansenhaltung Samels hätten bedeuten können; es hätte dies den Behörden die Verantwortung für die Schimpansen auferlegt, die man nirgendwo vernünftig unterzubringen gewusst hätte. Also ließ man die Sache einfach weiterlaufen, auch als bekannt wurde, dass Samel das ihr auferlegte Nachzuchtverbot schlichtweg ignorierte.

Eilfertig allerdings willigte die selbsternannte „Affenmutti“ ein, einige der - älteren und damit für ihre Shows unbrauchbaren – Affen abzugeben. Eine ältere Schimpansin wurde in der Tat an den Tierpark Hellabrunn in München überstellt. Eine Übernahme weiterer Affen durch die Primatenauffangstation Stichting AAP in Holland scheiterte daran, dass AAP grundsätzlich nur Affen aufnimmt, wenn sichergestellt ist, dass die bisherigen Halter sich keine neuen Affen mehr zulegen bzw. die Affenhaltung dauerhaft eingestellt wird. Samel hingegen wollte nur ihre „unnützen Fresser“ loswerden.(7)

Nachdem Anfang 2008 einer der Schimpansen, die Samel regelmäßig auch zum Einkaufen in den örtlichen Supermarkt mitnahm, eine Bäckereifachverkäuferin zwei Finger abgebissen hatte, erließen die zuständigen Landkreisbehörden eine Ordnungsverfügung zur Gefahrenabwehr. Es wurde verfügt, dass die Schimpansen in eine artgerechte Haltung umzusiedeln seien. Bis dahin wurde Samel untersagt, die Schimpansen öffentlich zur Schau zu stellen. Samel legte Widerspruch ein, dem im Rahmen eines Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder am 12.02.2008 stattgegeben wurde: die Schimpansen konnten vorläufig bei ihr verbleiben (Az.:1L363/08).

Die Landkreisbehörden stellten gleichwohl und unmissverständlich fest, dass „die Schimpansen in Hönow nicht artgerecht gehalten werden. Das Ziel einer Umsiedlung der Tiere in ein Quartier mit artgerechten Haltungsbedingungen wird deshalb (...) weiter verfolgt. Der Landkreis nimmt die Gelegenheit wahr, darauf hinzuweisen, dass von ausgewachsenen Schimpansen eine erhebliche Gefahr auch für Menschen ausgeht. Das gilt auch für Affen im jugendlichen Alter, die bereits über ein erhebliches Aggressionspotential verfügen. (...) Es wird eindringlich davon abgeraten, Frau Samel für Auftritte mit ihren Affen zu buchen. Die hierfür von der Kreisverwaltung erforderliche Erlaubnis wurde ihr nicht erteilt.“(8)

Weitere Schritte wurden gleichwohl erneut nicht unternommen, zumal Samel wenig später fünf ihrer Affen (einschließlich ihres früheren Superstars „Erna“) an den Zoo Nanning in der südchinesischen Provinz Guangxi verkaufte (der seiner mangelhaften Tierhaltung wegen seit je in der Kritik steht). Drei der verbliebenen Samel-Affen starben in relativ jungen Jahren (einer davon erst vier Jahre alt), der Verbleib eines weiteren Affen – Samel hält heute (angeblich) nur noch vier Schimpansen - ist ungeklärt.(9)

Ob Samel trotz des ihr auferlegten Verbotes immer noch durch Kindergärten und Seniorenheime tingelt oder mit den Schimpansen auf Privatparties auftritt, konnte nicht ermittelt werden. Auf ihrer Website macht sie nach wie vor Reklame dafür.(10) Nach wie vor jedenfalls bietet sie die Möglichkeit an, gegen Entgelt eine „Spiel-“ oder auch „Therapiestunde“ mit einem ihrer Affen zu verbringen: „Sie möchten einmal einen Schimpansen anfassen und streicheln, ihn vielleicht auf den Arm nehmen, ihn drücken und knuddeln? Sie möchten spüren, wie ein Schimpanse ihre Zuneigung erwidert, wenn Sie ihm Ihre Liebe und Ihre Aufmerksamkeit schenken? Sie möchten in absoluter Nähe zu einem Schimpansen merken, wie wunderbar und anrührend ähnlich er uns Menschen doch ist?“(11) Kosten: 200 EUR pro Stunde.