Zensur in Bayern

MÜNCHEN. Gleich drei interessante Erfahrungen mit der Geistes- und Pressefreiheit gab es für den Bund für Geistesfreiheit München

innerhalb kürzester Zeit, zum Glück nicht alle negativ.

Zum ersten will der bfg am 1. Mai eine Veranstaltung mit den Aktionskünstlern Wolfram Kastner und Petra Perle und dem Aktivisten Dietmar Holzapfel durchführen. Als Veranstaltungsort ist das Münchner Kulturzentrum Gasteig festgelegt, in dem auch die Religionsfreie Zone (RfZ) 2006 stattgefunden hatte. Die Gasteig GmbH ist zu 100 % Tochtergesellschaft der Stadt München und die Rechnung für die RfZ 2006 in Höhe von ca. 5.000 € hat der bfg München selbstverständlich pünktlich überwiesen.

Trotz des guten Geschäfts war allerdings damals die Gasteig-Geschäftsleitung von konservativen Abgeordneten im Stadtrat dafür angegriffen worden, Raum für solch gottlose Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Weitere erkennbare Folgen hatte das allerdings bisher nicht.

Die für das Programmheft vom bfg München beabsichtigte Ankündigung der Veranstaltung war: "01.05.07, Wolfram P.Kastner, Dietmar Holzapfel *, Petra Perle* (*angefragt), Veranstalter: dto., Titel: "Christliche Sauereien", Untertitel "Es war einmal EIN Papst und EIN Hitler. Die gehen vor DEM Papst einträchtig durch München. Da war auch eine "Nonne" mit Fahrrad und ein Kerl im rosa Fummel... Film mit Lesung aus den Werken der Literaturwerkstatt der Münchener Polizei"

Der Programmtitel war der Leitung des Gasteigs - in Person von Dr. Wirth - zu heiß. Er rief (übrigens sehr freundlich) beim bfg München an und kündigte an, von seinem "redaktionellen Recht" Gebrauch zu machen, und die Ankündigung so zu streichen, weil der Titel "Christliche Sauerei" zu hart oder gar beleidigend sei und die Erwähnung des Papstes in Zusammenhang mit Hitler ebenfalls. Nachdem ein Vorstandsmitglied vom bfg Herrn Dr. Wirth die Gründe für Titel ("Judensäue" in christlichen Domen, Vortragsthema Kastner) und Zusammenhang Hitler/Papst (Reichskonkordat 1933) erläutert und auf die aktuellen und historischen Tatsachen hingewiesen hatte, einigte man sich gütlich auf Beibehaltung des Titels und die neue Formulierung des Begleittextes:

"Von der "Judensau" in christlichen Kirchen über die Protestaktion gegen das "Hitler-Konkordat von 1933" mit dem Vatikan, die Nonne auf dem Fahrrad bis zum Kondom an der Papstpuppe.. Vortrag und u.a. Film, mit Lesung aus den Werken der Literaturwerkstatt der Münchner Polizei."

Da ziemlich sicher ist, dass Dr. Wirth auch deswegen wieder Ärger mit konservativen Kreisen im Münchner Stadtrat bekommen wird, muss man seiner Zivilcourage wirklich Anerkennung zollen.

Zum zweiten hatte der bfg München beim Verlag der Vorlesungsverzeichnisses der Ludwig Maximilians Universität (Alpha Verlag) eine bezahlte Anzeige bestellt. Der Inhalt der Anzeige ist harmlos ("Interessenvertretung für Konfessionslose"), sie sollte im Vorspann der Theologischen Fakultäten platziert werden, damit sich Theologiestudenten umfassend informieren können. Nach Protesten der theologischen Fakultät zog der Verlag den Auftrag allerdings zurück und weigerte sich schriftlich, die bereits zugesagte Platzierung vorzunehmen. Er schlug stattdessen eine unauffällige Stelle weiter vorne im Vorlesungsverzeichnis vor. Der bfg München lehnte undankbar ab. Der Verlag verzichtet auf den Auftrag.

Ebenfalls aus der Ludwig Maximilians Universität München (LMU) kommt der dritte Fall: der bfg München plant eine Diskussion zwischen dem Philosophen Prof. Dr. Bernulf Kanitscheider mit dem Psychologen und Psychoanalytiker Dr. Eugen Drewermann. Drewermann habilitierte sich 1978 in Katholischer Theologie und erhielt die Paderborner Lehrerlaubnis für Dogmatik. Diese wurde ihm dann allerdings 1991 wieder entzogen, weil er wohl die falschen theologischen Erkenntnisse gewonnen hatte.

Die Veranstaltung sollte - wie bereits öfter praktiziert zu diversen Themen - an der LMU stattfinden. Auch eine vom bfg organisierte Diskussion zum "Zentralrat der Konfessionslosen" hatte bereits dort stattgefunden. Mit Drewermann hat die LMU aber scheinbar Probleme: Den bfg erreichte am 2.2.07 eine Mail aus der Universitätsverwaltung: "zu Ihrem o. a. Antrag müssen wir Ihnen mitteilen, dass gemäß den Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 12.02.1982 i. V. m. Schreiben LMU HA II v. 21.11.2000 die Überlassung von Hochschulräumen für Veranstaltungen, die nicht Veranstaltungen der Hochschule sind, stark eingeschränkt sind. Leider handelt es sich bei Ihrer Veranstaltung nicht um eine genehmigungsfähige Veranstaltung im Sinne unserer Richtlinien. Ihrem Antrag auf einen Hörsaal kann somit leider nicht entsprochen werden. Wir bedauern Ihnen keine günstigere Mitteilung machen zu können und bitten um Verständnis."

Nachfragen des bfg vom 10.3. über die Richtlinien, die dieser Entscheidung zugrunde liegen, blieben bis dato unbeantwortet. Der bfg München bleibt dran und wird berichten. Möglicherweise hat die LMU ja erkannt, dass Theologie keine echte Wissenschaft ist und lehnt die Teilnahme Drewermanns deswegen ab? Wir freuen uns auf weitere Konsequenzen aus dieser Erkenntnis!

Wolf Steinberger