(hpd) In einer populärwissenschaftlichen Darstellung entwickelt der Münchener Informatiker Joachim Wehler einen Überblick über die Grundlinien eines rationalen Weltbildes, die auch eine Ideologiekritik alltäglichen Handels enthält.
Worauf kann ich mich verlassen? Woran soll ich mich orientieren? Solchen Fragen stellt sich jeder Mensch und entwickelt daraus Vorstellungen, die Formen vom schlichten Alltagsverständnis bis zur philosophischen Theorie annehmen können. Das hiermit verbundene Weltbild weist dabei unterschiedliche Begründungsprinzipien auf, seien es emotionale oder rationale, religiöse oder soziale Eigenschaften. Den „Grundriss eines rationalen Weltbildes" will Joachim Wehler in seinem gleichnamigen Buch präsentieren. Er arbeitet als Informatiker in einem Softwarehaus und hält als Privatdozent Vorlesungen an der Universität München. Das Buch erschien erstmals 1990 in Reclams Universal-Bibliothek-Reihe. Jetzt liegt eine zweite Auflage vor, welche inhaltlich aktualisiert und erweitert wurde: Zum einen nahm Wehler neue Erkenntnisse vor allem aus den Bereichen der Kognitions- und Neurowissenschaft auf, zum anderen fand das Spannungsverhältnis von Theologie und Wissenschaft in einem gesonderten Abschnitt nähere Aufmerksamkeit.
Wehlers Buch richtet sich an ein größeres Publikum und kann daher als ein populärwissenschaftliches Werk zum Thema angesehen werden. Es gliedert sich in sechs Teile mit 18 Abschnitten: Darin geht es um die unterschiedlichsten Themen von den Bereichen geistiger Unmündigkeit und Regeln zum richtigen Verstandesgebrauch über das Spektrum der Antworten auf die Frage nach sicherem Wissen und die evolutionäre Erkenntnistheorie, die Einsichten und Herausforderungen der Neurowissenschaften und die Auffassungen zum Sinn des individuellen Todes bis zur Kritik der philosophischen Gottesbeweise und zur Begründungsmöglichkeit für moralische Prinzipien. In den jeweiligen Kapiteln finden sich Grundinformationen und -positionen zu den genannten Themen, wobei der Autor auch seine eigene Auffassung nicht verschweigt, sie aber mit der gebotenen Sachlichkeit zum Ausdruck bringt. Im Anhang findet sich noch eine kommentierte Literaturliste mit Tipps zur näheren Auseinandersetzung mit den spezifischen Inhalten.
Wehler legt mit seinem „Grundriss" eine verständliche Einführung und Überblicksdarstellung vor. Mitunter werden einzelne Themen etwas kursorisch und oberflächlich abgehandelt, was allerdings in der „Natur" eines solchen Werkes liegt. Die Argumentation des Autors zeichnet sich darüber hinaus durch Offenheit aus, will er doch kein inhaltlich geschlossenes Denkmodell präsentieren. Vielmehr kommt es ihm darauf an, den Lesern methodisches „Handwerkszeug" zur Entwicklung eines eigenen rationalen Weltbildes zu liefern. Mitunter hätte Wehler dabei aber stärker auf Kriterien wie Erklärungswert, Prüfbarkeit und Widerspruchsfreiheit wie im Kontext der Theismus-Kritik verweisen können. In der Tat dienen diese Prinzipien nicht nur in der akademischen, sondern auch in der alltäglichen Ideologiekritik einer Verankerung rationalen Denkens. Angesichts des anvisierten breiteren Publikums verwundert aber, dass der Autor gerade den Nutzen für den letztgenannten Bereich nicht mittels entsprechender Beispiele wie etwa aus der Politik verdeutlichte.
Armin Pfahl-Traughber
Joachim Wehler, Grundriss eines rationalen Weltbildes, Aschaffenburg 2007 (Alibri-Verlag), 268 S., 18,00 €
Das Buch ist auch im denkladen erhältlich.





