Homosexualität in polnischen Krankenhäusern nicht mehr pathologisch?
Nach einem Bericht der polenweiten Tageszeitung Rzeczpospolita wird die Ausbildung der Krankenschwestern geradezu revolutioniert – der Lehrplan für die Ausbildung dieser Berufsgruppe wurde Ende 2012 geändert. In dem ab 2003 gültigen Lehrplan wurde Homosexualität, neben zum Beispiel Gruppensex, Vergewaltigung und Prostitution, noch als Störung beziehungsweise Pathologie aufgeführt. Gelernt wurden die Inhalte von Krankenschwestern, die sich in bestimmten Bereichen wie der Gynäkologie spezialisierten. Dagegen protestierte Mitte 2012 die Organisation Kampagne Gegen Homophobie beim Gesundheitsminister Bartosz Arlukowicz und erreichte eine Änderung im Lehrplan.
Nach Meinung der Rzeczpospolita wurde mit den Änderungen jedoch „aufgrund der politischen Korrektheit übertrieben“, da die Krankenschwestern nun „Elemente der Gender Theorie lernen“, wonach das Rollenverhalten von Mann und Frau „durch die Gesellschaft aufgezwungen ist“. Die katholische Kirche und führende Vertreter von Recht und Gerechtigkeit äußerten sich negativ über die Änderungen im Lehrplan. (Quelle 1), (Quelle 2) und (Quelle 3). (Alle Polnisch)
Neue Finanzierung der Kirche – Einigung zwischen Kirche und Staat absehbar
Letzte Woche wurde ein Kompromiss in Bezug auf die Reform der staatlichen Finanzierung der Kirchen in Polen zwischen dem Minister für Öffentliche Verwaltung und Digitalisierung Michal Boni und dem Erzbischof von Warschau Kardinal Kazimierz Nycz erreicht. Ab 2014 sollen die Kirchen aus einem Teil der Einkommensteuer finanziert werden, wobei der Einkommensteuerpflichtige die Möglichkeit erhält, 0,5 Prozent der von ihm entrichteten Steuer an eine Kirche zu spenden. Dieser Betrag würde dann nicht an den Staathaushalt fließen.
Für das Jahr 2013 wird damit der Staatshaushalt doppelt belastet. Zum einen muss die aktuell geltende Finanzierung der Kirchen gewährleistet werden und zum anderen werden die an die Kirche entrichteten 0,5 Prozent mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 abgerechnet. Damit entgehen für dieses Jahr dem Staat zusätzliche Steuereinnahmen. Bis Ende 2013 wird demnach die Kirchenfinanzierung aus dem Kirchenfonds gewährleistet, dem jedes Jahr Gelder aus dem Staatshaushalt zufließen.
Die Einigung über die Finanzierung wird jedoch als „vorläufiger Kompromiss“ bezeichnet, da noch das polnische Episkopat und die Regierung ihre Zustimmung geben müssen, die jedoch als sicher erscheint. Der Einigung vorausgegangen ist ein langjähriger Konflikt um die Reform der Kirchenfinanzierung. Die katholische Kirche forderte 1,0 Prozent von der Einkommensteuer – Regierungsvertreter haben aber bei einer möglichen Reform 0,3 Prozent in Aussicht gestellt.
Seitens kleinerer Kirchen besteht die Sorge, dass in der Übergangszeit ein Einbruch der Zahlungen aus Steuergeldern erfolgen könnte. Aufgrund dessen sind sie gegen die neue Art der staatlichen Kirchenfinanzierung. Minister Boni stellt jedoch einen Übergangszeitraum von drei bis vier Jahren in Aussicht, in dem den unterschiedlichen Kirchen eine bestimmte Höhe an Geldmitteln gewährleistet wird. Finanzierungseinbrüche, die auf das neue System zurückzuführen sind, würden dann durch weitere Steuergelder ausgeglichen werden. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3) und (Quelle 4). (Alle Polnisch)
Lukas Plewnia
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