Kirche macht Osterfeiern politisch

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Folder der Katholischen Kirche in Österreich (Ausschnitt)

WIEN. (hpd) Die katholische Kirche in Österreich reagiert erstmals mit einer großen Aktion auf das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien. In den Ostermessen wird eine Million Folder in den Kirchen ausliegen, mit denen man die Forderungen des Volksbegehrens zu entkräften hofft.

Dieser Ostersonntag wird politisch wie seit Jahrzehnten nicht. Kein Katholik, der eine der Messen besucht, wird die Folder übersehen können, die die Kirchenhierarchie flächendeckend seit einigen Tagen auflegt. (Im Anhang) Sie sollen die Forderungen des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien entkräften. Eine Million Stück hat man gedruckt, sagt Paul Wuthe gegenüber dem hpd. Er ist Chefredakteur der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress in Österreich und Sprecher der Bischofskonferenz. In der Karwoche und zu Ostern erreiche man besonders viele Menschen, sagt Wuthe.

Am Ostersonntag, dem höchsten katholischen Feiertag, geht nach kircheneigenen Angaben fast ein Drittel der österreichischen Katholiken in die Kirche. Das ist dreimal so viel wie sonst und gilt schon als Erfolg. Die Zeiten, in denen man die Hälfte der eigenen Mitglieder mobilisieren konnte, sind lang vorbei.

Bisherige Zurückhaltung aufgegeben

Die Folder sind ein bemerkenswerter Schritt. Bisher hat die Kirchenhierarchie das Volksbegehren nach Möglichkeit nicht öffentlich kommentiert. Zu viel katholische Aufmerksamkeit würde das Volksbegehren zum Thema machen, so die Befürchtung. Das Kalkül dürfte nicht aufgegangen sein. „Engagierte Katholiken suchen Antworten, die wir ihnen mit dem Folder zu geben versuchen“, formuliert es Wuthe. Anders ausgedrückt: Die Basis hat Druck gemacht, endlich etwas Größeres zu tun. Ein Hinweis, dass die Forderung nach mehr Laizität unter religiösen Katholiken und im Klerus intensiver diskutiert wurde und wird als das in der breiten Öffentlichkeit der Fall ist. Die Verunsicherung dürfte groß sein.

Dabei können sich Kathpress und Co nicht vorwerfen, nicht zumindest versucht zu haben, den interessierten Teil der Öffentlichkeit mit ihrer Sicht der Dinge zu versorgen. Die Webseite kirchenfinanzierung.katholisch.at ist seit Anfang September online. Sie ist der Versuch, das Buch „Gottes Werk und unser Beitrag“ zu entkräften, auf das sich die Initiatoren des Volksbegehrens maßgeblich stützen. (Der Autor dieses Artikels ist Co-Autor des Buches, Anm.)

Strategie nicht aufgegangen

Die Strategie dürfte weder gegenüber Medien noch gegenüber der katholischen Öffentlichkeit aufgegangen sein.  Die Folder bei den Ostermessen können insofern auch als Zeichen gesehen werden, dass man sich eingesteht, dass die bisherige Strategie gescheitert ist. „Schönborn nimmt mit dem Folder explizit zu unserem Volksbegehren Stellung. Das können wir als Anerkennung annehmen“, sagt einer der Initiatoren des Volksbegehrens.

Ob die Folder den Druck auf die Kirchenhierarchie abschwächen werden, wird sich zeigen. Neues enthalten sie nicht. Sie sind an die Seite kirchenfinanzierung.katholisch.at angelegt und wiederholen die katholische Sicht auf Kirchenprivilegien. Man tue so viel Gutes und das werde vom Staat honoriert. Überdies spare die Öffentlichkeit auf diese Art Geld. Das ist freundlich ausgedrückt mehr Interpretation als Information.

Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten

Dass die behaupteten Einsparungen etwa in katholischen Spitälern zu Lasten der Beschäftigten gehen, wird nobel übergangen. Das lassen sich mittlerweile auch die Beschäftigten nicht mehr gefallen. In Oberösterreich streikten sie dagegen, dass ihre Arbeitsbedingungen auch mit dem neuen Kollektivvertrag schlechter sein sollen als die der Beschäftigten in den Landesspitälern. Immerhin erreichten sie einen Kompromiss. Die Verhandlungen führten sie bezeichnenderweise mit der Landesregierung. Die Orden, immerhin Eigentümer auf dem Papier, blieben außen vor. In Graz verhinderte der Protest der Belegschaft, dass die Landesregierung das LKH West an die Barmherzigen Brüder verschenkt.

Zu verlieren hat man wenig

Dass solche Details in einer katholischen Darstellung fehlen, die eingestandenerweise vor allem die kirchlichen Aktivitäten in gutem Licht erscheinen lassen soll, überrascht wenig. Bleibt die Frage, ob das Argumentarium aus kirchlicher Sicht erfolgreicher ist als die bisherigen Aktionen, die sich auch eher an die engagierten Katholiken gerichtet hätten. Zumindest wird es die katholische Kirche nicht in den Ruin treiben. Paul Wuthe beziffert die Kosten gegenüber dem hpd mit „ein paar tausend Euro“. Zu verlieren hat man also wenig.

Christoph Baumgarten