Ob autonom fahrende Autos, Pflegeroboter, Sprachassistenten auf dem Smartphone oder Social Bots – Künstliche Intelligenz ist keine Science-Fiction, sondern übt schon jetzt großen Einfluss auf unser Leben aus. Beim "Stuttgarter Zukunftssymposium" wurden Risiken und Chancen der Zukunftstechnologie ausgelotet.
Wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Innofact jüngst ergeben hat, besteht in der deutschen Bevölkerung eine große Unkenntnis über Künstliche Intelligenz. Nur etwa die Hälfte der Befragten wusste wirklich etwas mit dem Begriff anzufangen. So verwundert es kaum, dass die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den ethischen und politischen Herausforderungen der rasant voranschreitenden Entwicklung neuer Technologien weit hinterherhinkt.
Um die Debatte über Potenziale und Gefahren der Künstlichen Intelligenz stärker in die Gesellschaft hineinzutragen, veranstaltete die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) gemeinsam mit dem Ethikverband der Deutschen Wirtschaft, der Integrata-Stiftung und dem Weltethos-Institut Tübingen das "Stuttgarter Zukunftssymposium". Dort diskutierten unter dem Motto "Mensch bleiben im Maschinenraum" zahlreiche Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik über den aktuellen Stand der Forschung und die Möglichkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit den Technologien der Zukunft.
Als Impulsgeber wurden hochkarätige Referentinnen und Referenten wie Constanze Kurz vom Chaos Computer Club, Christian Stöcker von SPIEGEL-Online, Eric Hilgendorf von der Forschungsstelle RobotRecht und Gina Schad von iRights e. V. eingeladen. Zu einzelnen Kernfragen der Debatte konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusätzlich in kleineren Workshops beschäftigen.
"Menschen sollten keine Angst vor Intelligenz haben"
Eröffnet wurde das "Stuttgarter Zukunftssymposium" von dem Philosophen und gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon. In seinem Auftaktvortrag betonte er, dass es keinen vernünftigen Grund dafür gebe, Angst vor Künstlicher Intelligenz zu haben. Stattdessen sei vielmehr die "Künstliche Dummheit" ein echter Grund zu Sorge. Denn "während Künstliche Intelligenz die Menschenwürde schützt, richtet Künstliche Dummheit sie zugrunde."
Schmidt-Salomon warnte in diesem Zusammenhang vor einer "Vermaschinisierung des Menschen". Durch die Anpassung des Menschen an eine maschinelle Logik könne nämlich dessen unverwechselbare Subjektivität und damit seine individuelle Würde infrage gestellt werden. Um im "Maschinenraum" Mensch bleiben zu können, sei es daher wichtig, "dass wir unsere Lebendigkeit verteidigen und eben nicht zu Sklaven eines letztlich lebensfeindlichen, lustfeindlichen, rationalistischen Kalküls werden", so Schmidt-Salomon weiter. Ferner sei auch eine "Vermenschlichung der Maschine" mit Gefahren verbunden. KI-Systeme, die ein Bewusstsein nur vortäuschen, ohne dies im Notfall eingestehen zu müssen, sollten verboten werden. Welch fatale Folgen ansonsten drohen, sei spätestens mit den Chatbots und Social Bots deutlich geworden, die im letzten US-Wahlkampf zur Meinungsmanipulation eingesetzt wurden.
Ein Thema von hoher Relevanz
Michael Mörike von der Integrata-Stiftung teilte Schmidt-Salomons Plädoyer für eine kritische Reflexion des technisch Machbaren: "Wir müssen gemeinsam über ethische Rahmenbedingungen diskutieren, bevor es zu spät ist. Deswegen freuen wir uns, dass auf dem Stuttgarter Zukunftssymposium Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft miteinander ins Gespräch kommen." Bernd Villhauer vom Weltethos-Institut an der Universität Tübingen ergänzte: "Es genügt nicht, über die Auswirkungen von technischen Innovationen zu klagen – wir können zu einem Miteinander von menschlichen Bedürfnissen und technischen Innovationen kommen. Es sind Menschheitsfragen, die in Stuttgart verhandelt werden."
Weitere Informationen:
Der technische Fortschritt gibt dem Menschen immer effektivere Werkzeuge an die Hand – doch unter welchen ethischen Kriterien sollten sie eingesetzt werden? Die aktuelle Broschüre der Giordano-Bruno-Stiftung mit dem Titel "WIE muss Technik?" geht dieser Frage nach und untersucht, wie die universellen Menschenrechte im Zeitalter der Digitalisierung verteidigt werden können. Die 16-seitigen Broschüre kann über die Website der Giordano-Bruno-Stiftung als PDF-Dokument heruntergeladen werden.