"Credo" – Kommentar zur Ausstellung

PADERBORN. (hpd) Wenn sich ein Bundespräsident die Ehre gibt, in der Westfälischen Provinz, genauer gesagt, in Paderborn, eine Ausstellung zu eröffnen, dann muss diese - so die logische Folgerung - etwas ganz Besonderes sein.

"CREDO" der Name, der mit hohen Vorschusslorbeeren bedachten Ausstellung, kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: "Ich glaube".
Das Credo wurde in der alten Kirche im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die Taufe überreicht und hat in vielen christlichen Kirchen auch heute noch diese Bedeutung.

Die "Christianisierung Europas im Mittelalter" ist Namenszusatz und zugleich Kern der Schau, die auf drei Paderborner Ausstellungsflächen verteilt ist. Der Ausrichter ist die Gemeinnützige Ausstellungsgesellschaft Paderborn mbH.

Dass das deutsche Staatsoberhaupt diese Ausstellung zur Eröffnung besucht, könnte zwei Beweggründe gehabt haben. Zunächst könnte man Herrn Gauck unterstellen, er trüge erneut dazu bei, das enge - ja fast abgöttische - Verhältnis zwischen Staat und Kirche zu manifestieren. Andererseits könnte es auch sein, dass der Präsident gekommen war, um sich die Ausstellung anzuschauen und ihren Anspruch auf die Vermittlung von historischen Wahrheiten zu prüfen.

Warum Gauck nun wirklich in Paderborn war, bleibt sein Geheimnis. Dass Joachim Gauck einen guten Draht zur Religion hat, kann man ihm getrost unterstellen, war er doch lange Jahre evangelischer Pfarrer in der DDR. Der Bundespräsident beendet seine Rede zur Eröffnung der Schau am 26.07.2013 mit den Worten: "Wir sind aber frei, verantwortlich zu entscheiden, wohin wir gehen wollen."

Gewiss, die Zeiten, über die "Credo" informiert, sind vorbei. Religionen entsprechen heutzutage zumindest in Europa gezähmten Tigern. Die Bürger des vereinten Europas sind weitgehend frei in ihren Entscheidungen, auch was Religiosität betrifft. Doch wäre es vermessen zu behaupten, der gebändigte Tiger hätte keine Zähne mehr. Mit dem Schwinden des Einflusses der Kirchen, wächst ihr Begehren, die Reste des Einflusses zu erhalten und möglicherweise wieder zu vergrößern. Die Kirchenfürsten werden nicht müde, nutzen jede Gelegenheit, um die Welt immer wieder auf Gott und somit auch auf die Kirche als Institution aufmerksam zu machen.

"Wo der Geist Gottes wirkt, da ist Freiheit" (2 Kor 3,17) sagte der Erzbischof von Paderborn, Hans-Josef Becker in seinem Schlusswort und lobt die Geisteshaltung Gaucks ausdrücklich mit den Worten: "In Ihrer Ansprache scheint zugleich Ihre ganz persönliche Glaubenshaltung auf."

Man war sich trotz unterschiedlicher Konfession dann doch wieder einmal einig, wenn es darum ging, das Christliche Weltbild gegenüber denen, die nicht daran glauben, zu hofieren. Der Bundespräsident war nicht der einzige prominente Kirchenvertreter in den Paderborner Ausstellungssälen. Am 22. August kam Margot Käßmann in ihrer Eigenschaft als Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017 in die westfälische Stadt.

Was zeigt die Ausstellung über den Siegeszug des Christentums? Bringt sie neues ans Licht?

Die Ausstellung umfasst ca. 8000 Exponate, die auf rund 2000 qm Fläche präsentiert werden.

Die Exponate sind im Erzbischöflichen Diözesanmuseum, im Museum in der Kaiserpfalz und in der Städtische Galerie Am Abdinghof zu betrachten oder – je nach Weltsicht – zu bewundern.

"CREDO" ist die dritte Schau einer Serie von Ausstellungen in Paderborn, die sich mit der Entwicklung des Christentums in Europa befasst. Das Leben und Wirken Karl des Großen wurde ebenso gezeigt wie die Ereignisse von Canossa.

Der Anlass „CREDO“ ins Leben zu rufen, ist ein historisches Ereignis mit großer Bedeutung für die Christen. Im Jahr 313 wurde in Mailand ein Abkommen zwischen den römischen Kaisern Konstantin und Licinius geschlossen, welches unter der Bezeichnung "Mailänder Vereinbarung" in die Geschichte einging und das Christentum erstmals als Religion toleriert. Vorher war es den Christen untersagt, ihre Religion in der Öffentlichkeit zu praktizieren.

Eine vergleichbare Intoleranz pflegten die Christen in den folgenden Jahrhunderten gegenüber den Menschen, die sie gewöhnlich als die Heiden bezeichneten und die einer ganzen Reihe Götter huldigten. Ironie der Geschichte? Zunächst muss man feststellen, dass die Ausstellung sehr gut präsentiert ist, der Andrang hielt sich am 01. August allerdings in Grenzen, wofür zwei Gründe verantwortlich sein konnten. Zum einen war es ein sehr heißer Tag, der eher zum Schwimmen einlädt und zweitens findet in Paderborn zur selben Zeit das Libori-Fest, eine Art Kirmes, statt. Da Liborius ein Heiliger im Sinne der Kirche ist, wird er verehrt und Paderborn erhält im Rahmen des Festes Besuch von der internationalen katholischen Geistlichkeit.

Mit diesen Informationen beginnt die Ausstellung im Erzbischöflichen Diözesanmuseum. Das Museum der Diözese ist für Menschen, die Religion und Glaube eher kritisch sehen, ein recht mühsamer Beginn. In diesen Gemäuern dreht sich alles um die Anfänge der Missionierung, die - so der Tenor - ein Prozess von Geben und Nehmen und gegenseitiger Befruchtung war. Gezeigt werden die Versuche, den - nach Ansicht der Kirche - einzig wahren Glauben in den nordischen Gebieten zu etablieren. Irland mit dem Heiligen Patrick ist ebenso vertreten wie Frankreich, für dessen Bekehrung Bonifatius als Leitfigur steht. Die Dänen werden als widerspenstiges Volk erwähnt, das dann letztendlich auch zum rechten Glauben bekehrt wurde, ob es wollte oder nicht. Wüsste man es nicht besser, man könnte meinen, dass die meisten auf die Erlösung gewartet hätten, denn im Vordergrund steht das Positive, das die Christianisierung den Menschen in gewisser Hinsicht brachte. Da werden die Schaffung von Arbeit, Hospitälern und Schulen genannt, die den Menschen ein bestimmtes Maß Fortschritt brachten.

Die Hintergedanken über die Gründe muss sich der Betrachter selbst machen. Auch heute versuchen die Kirchen in die staatlichen Bildungseinrichtungen für Missionsarbeit zu nutzen. Letzteres wird allerdings von immer wenigen Menschen als fortschrittsrelevant angesehen.

Von Gewalt bei der Missionierungsarbeit ist in diesem Museum kaum die Rede und wenn doch, dann handelt es sich um die Gewalt der Andersdenkenden gegen die, die ihnen das "Richtige" beibringen wollten, folglich die Gewalt gegen die Missionare. Im Diözesanmuseum erwartet der aufgeklärte Besucher sicher nichts anderes und konzentriert sich besser auf eine große Anzahl sehr sehenswerte Leihgaben aus aller Welt, darunter kunstvolle Bücher und mittelalterliche Skulpturen.

Das Museum in der Kaiserpfalz macht beim Betreten einen ganz anderen Eindruck, bietet viel Raum, zeigt ebenfalls viele interessante historische Stücke auch der Heidnischen Götterverehrung und befasst sich zu großen Teilen mit der Christianisierung der östlichen Völker darunter der Slawen. Im Zusammenhang mit diesem Volk und dem fast 200 Jahre währenden Kampf gegen die christlichen Unterdrücker wird auch von Zwangstaufen gesprochen – eine der wenigen Stellen in der gesamten Ausstellung, an der man einen Hauch von Kritik spürt. Es wird auch darauf hingewiesen, dass Christliche Feste wie Ostern und Weihnachten auf Termine gelegt wurden, die den Heiden geläufig waren – nichts wirklich Neues. Interessant auch die Darstellung, wie sich die Römische und Byzantinische Kirche im Kampf um die Seelen und logischerweise inklusive der zu erwartenden Abgaben der so genannten Heiden immer mehr entfernen und sich schließlich unversöhnlich trennten.

Das Museum in der Kaiserpfalz zeigt viel an Geschichte, die auch ohne den religiösen Hintergrund beeindruckt.

Der letzte Teil von Credo befindet sich in der Städtischen Galerie und präsentiert eine Mischung von Stücken und Informationen über das Christentum vom Mittelalter bis in die Zeit des Dritten Reiches. Der Besucher erfährt auf einer der Textabbildungen, die reichlich zu sehen sind, dass sogar ein Adolf Hitler die christliche Missionierung der Sachsen begrüßte, zumindest gab er dies auf dem Reichsparteitag 1935 von sich. Was von seinen Worten zu halten ist, das hat die Geschichte gezeigt.

In der Galerie wird der Religion an mehreren Audioplätzen recht eindrucksvoll gehuldigt. Die Existenz Europas ist – so die Essenz – fast unmöglich. Wer's nicht glaubt, wird seliger.

Kritik am Vorgehen der Missionare ist in der Ausstellung so gut wie gar nicht zu finden, was sich vermutlich in den Gästebucheinträgen widerspiegeln wird. Missionare werden überwiegend in der Rolle von „Gutmenschen“ und als Märtyrer präsentiert.

Einige Exponate machen klar, wie absonderlich sich die Vergangenheit im Gegenwärtigen zeigt. So zu sehen in einer Vitrine, die das Ehrenkreuz der Bundeswehr zeigt, dass seinen Vorbildern aus militaristischen Zeiten, die mit in der Vitrine liegen, sehr ähnlich ist. Der direkte Vergleich mit dem Eisernen Kreuz, dass im Zweiten Weltkrieg sehr unrühmlich verliehen wurde, wird die Besucheransichten sicherlich spalten.

Alles in Allem ist "CREDO" eine Ausstellung, deren Besuch - zum Preis von 12 Euro - für alle Museen - sich lohnt, ganz gleich, ob man dem Christentum angehört, ihm zugeneigt ist oder diese und andere Religionen ablehnt. Die Schau vermittelt Impressionen über die Entwicklung der Christen in Europa und regt, aufgrund ihrer etwa zu einseitigen Orientierung, an, sich mit diesen Themen näher zu befassen.

Thomas Häntsch

Anlagen:

Rede des Bundespräsidenten (pdf)
Schlusswort des Bischofs (pdf)