Eklat beim Düsseldorfer Karneval

Jacques Tilly empört über Wagensegnung

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Jacques Tilly
Jacques Tilly

In diesem Jahr wurden erstmals die Düsseldorfer Karnevalswagen gesegnet. Viele von ihnen hat Jacques Tilly gebaut. Der Agnostiker ist enttäuscht und fühlt sich ausgeschlossen. Das Karnevalskomitee versteht die Aufregung nicht: Das Fest habe schließlich christliche Wurzeln.

Dieses Jahr gab es etwas Neues beim traditionellen Richtfest der Düsseldorfer Karnevalswagen, wie der Kölner Express berichtete: Ein katholischer und ein evangelischer Vertreter waren eingeladen worden, um diese zu segnen. Jacques Tilly, der vor allem für die politischen Mottowagen verantwortlich ist, die den Düsseldorfer Karneval prägen, wusste davon nichts. "Zuerst habe ich gedacht, das ist ein Scherz", sagte der Bildhauer dem hpd. "Seit 35 Jahren baue ich die Wagen und in der ganzen Zeit habe ich hier nie einen Pfarrer gesehen."

Der Wagen zum kirchlichen Missbrauchsskandal 2011

Jacques Tilly baut gerne auch kirchenkritische Karnevalswagen, hier ein Beispiel von 2011, Foto: © grossplastiken.de

Unpassend sei das, findet er. Bis zum "Vater unser" hielt er aus, dann verließ er die große Wagenbauhalle, in der die Vehikel der Karnevalsvereine auf ihren Einsatz am Rosenmontag warten, und begab sich wieder an seinen Arbeitsplatz nebenan. Der ist bis zum Rosenmontag tabu für die Öffentlichkeit, die Mottowagen bleiben bis zum Schluss geheim. Hierhin konnte ihn die Geistlichkeit also nicht verfolgen. "Der Karneval ist für alle da, keine Weltanschauungsgemeinschaft kann ihm ihre Regeln überstülpen. Ich habe mich ausgeschlossen gefühlt." Auch andere Karnevalisten seien verärgert gewesen.

Hans-Peter Suchand ist anderer Meinung: Wer Toleranz für sich in Anspruch nehme, müsse diese auch anderen entgegenbringen, sagte er gegenüber dem hpd. Er ist Pressesprecher des "Comitee Düsseldorfer Carneval", das die Idee für die Segnungszeremonie hatte. Bisher wurde nur der Wagen des "Narrencollegiums" gesegnet, es sei aber "allgemein der Wunsch geäußert" worden, dies auf alle auszuweiten. Dazu habe man "Gespräche geführt", eine Abstimmung habe es aber nicht gegeben, erläuterte Suchand auf Nachfrage. Ob das gegenüber Angehörigen anderer Religionen oder Konfessionsfreien fair sei, nur die christlichen Vertreter einzuladen? Beispielsweise fährt nämlich jedes Jahr auch ein Wagen der jüdischen Gemeinde mit. "Der Karneval basiert auf einem christlichen Fundament, wissen Sie das nicht?", entgegnete der Pressesprecher hierauf.

Das sieht Jacques Tilly, der auch Kuratoriumsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) ist, anders. Vor einigen Jahren schrieb er hierzu einen Kommentar für den hpd, in dem es unter anderem heißt: "Die Kirche feiert den Tod, der Karneval das Leben. (…) Darum sind, allen vordergründigen Fraternisierungen zum Trotz, Kirche und Karneval Feinde. Darum hat sie ihn sich einverleibt, weil sie ihn nicht auslöschen konnte und weil es klüger war, ihn geschickt zu lenken, zu bändigen und zu zähmen. Der Karneval ist KEIN christliches Fest, denn er ist dem Christentum zutiefst wesensfremd."

Der Wagen der "KG Knaasköpp", Foto: © grossplastiken.de
Der Wagen der "KG Knaasköpp", Foto: © Gisa Bodenstein

Einen satirisch wertvollen Moment gab es am Freitag allerdings auch: Der Düsseldorfer Karnevalsverein "KG Knaasköpp" hat diese Session den kirchlichen Missbrauchsskandal als Thema für seinen Wagen gewählt. Just an diesem Wagen, der zum Zeitpunkt des Richtfestes draußen vor der Halle stand, mussten die beiden Geistlichen auf ihrem Weg hinein vorbeigehen. Das sei Zufall gewesen, sagte Tilly, passend war es aber allemal. Gesegnet wurde dieser Wagen übrigens nicht.