Konservativ-Klerikale gegen Aufklärer

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Unterzeichner der Gegenpetition / Grafik: openPetition

STUTTGART. (hpd) Nachdem eine Petition gegen die Bildungs­politik der Grünen in Baden-Württemberg erst recht unbeachtet blieb, hat das Thema jetzt eine größere Öffent­lichkeit und kirchliche Unter­stützung aber auch klaren Wider­spruch erfahren. Man kann die Unter­zeichnung der beiden Petitionen aber auch sportlich betrachten und schauen, ob die Aufklärer ähnlich aktiv sind wie die Konservativ-Klerikalen im Lande.

Bestandteil der grün-roten Bildungs­politik in Baden-Württemberg ist auch der Aktionsplan einer offeneren Thema­tisierung „über die Pluralität von Lebens­entwürfen“ und „sexuellen Aus­richtungen“ im Schul­unterricht.

Dagegen hatte ein Real­schul­lehrer eine Petition auf den Weg gebracht, in der gefordert wird: „…ein klares Zeichen der Bildungs­plan­kommission zu einer verantwortungs­bewussten Sexual­pädagogik und ein ‚Nein’ zur Über­betonung einzelner Gruppen und ihrer Interessen.“ Und auch: „….die Orientierung an den Werten unseres Grund­gesetzes, das den Schutz von Ehe und Familie als demokratische Errungen­schaft verteidigt (GG Art. 3 – Gleichheit vor dem Gesetz; Art. 6 – Ehe und Familie).“

Die Petition dümpelte, seit dem 28. November 2013, erst einmal vor sich hin und nahm dann Mitte Dezember allmählich etwas Fahrt auf. Erst als der Fußball­profi Thomas Hitzlsperger sich öffentlich als homosexuell erklärte (am 8. Januar 2014) und dieser „Tabubruch“ umgehend eine positive Presse bekam, geriet auch die Petition als homophob in das öffent­liche Blick­feld: die Zahl der Unter­stützer stieg steil an.

Nicht nur die CDU in Baden-Württemberg unter­stützt das Anliegen dieser Petition, auch die beiden katholischen Bistümer und die evangelischen Landes­kirchen kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung diese „Leitprinzipien“ des Bildungs­planes. Die Medien griffen das Thema auf und sogar die seriöse ZEIT titelte: „Homosexuellen-Hetze aus dem Schwarz­wald“. Der Landes­sschüler­beirat unterstützte die Regierungs­pläne, der Philologe­verband schickte „warnende Worte“.

Gegen-Petition gegen Petition

Am vergangenen Dienstag, 7.  Januar, geschah dann etwas bisher vermutlich Einmaliges, es wurde auf dem gleichen Petitions­portal eine Gegen­petition aufgelegt. Die Unter­zeichner erklären mit ihrer Unterschrift, dass sie die Umsetzung der "Akzeptanz sexueller Vielfalt" unter­stützen. Es brauchte zwei Tage, bis das kommuniziert worden war und am vergangenen Freitag und Samstag konnte man zusehen, wie gleichsam im Vier-Sekunden-Takt die Unter­stützungs­unterschriften für mehr Toleranz eintrafen.

Beide Petitionen werden weiterhin gezeichnet. Aktueller Stand (heute, Montag, 11:00 Uhr): Petition der Konservativ-Klerikalen mit 113.003 Unterschriften, Gegen­petition der Aufklärer mit 55.166 Unterzeichnern. Allerdings hat die erste Petition noch eine Laufzeit von 15 Tagen, während die Unter­stützer der Aufklärung noch 53 Tage Zeit haben, um weitere Unter­schriften zu sammeln. Es ist, wenn man es sportlich betrachten will, also noch ein offenes Rennen, bei dem die Aufklärer durchaus gute Chancen haben, mehr Unter­zeichener für sich zu gewinnen.

Bemerkenswerte zwei Aspekte

Zwei Aspekte sind bei den Petitionen bemerkens­wert. Zum einen die Unregel­mäßigkeiten bei den Unter­zeichnern der konservativ-klerikalen Petition. Während bei den Aufklärern (in der Übersicht aller Unterzeichner) ganz regelmäßig die Abfolge von jeweils ein Ort (oder Postleitzahl) und ein Name (oder Anonym) zu lesen ist, sind bei den Konservativ-Klerikalen Unregel­mäßigkeiten zu sehen:

Aufklärer (Gegenpetition):

Konservativ-Klerikale:

Der andere Aspekt ist die regionale Verteilung der Unter­stützer der beiden Petitionen. Bei den Konservativ-Klerikalen sind in Baden-Württemberg besondere Ballungs­orte von Unter­stützern die Kleinstädte Trossingen, Filderstadt, Altensteig, Schorndorf und Weinstadt. Im Norden kommen dazu: Molbergen, Lage und Gifhorn.

Ballungsorte von Unterstützern der Aufklärung in Baden-Württemberg sind in Heidelberg, Karlsruhe, Tübingen und Freiburg. Vielleicht ist es kein Zufall, dass es sich dabei um Universitäts­städte handelt.