Einer der bekanntesten schwedischen Künstler ist Mitglied in der Vereinigung der schwedischen Humanisten. Die meisten Schweden wissen sofort,
wer Björn Ulvaeus ist und auch viele Nicht-Schweden erkennen in ihm eines der vier Mitglieder der populären Band ABBA.
Zusammen mit seinem ABBA-Gefährten Benny Andersson schrieb er die Musicals „Chess" und „Kristina". Jetzt ist er an dem Musical-Hit „Mamma Mia!" beteiligt, das bereits von 25 Million Leuten weltweit gesehen worden ist.
Der Vorsitzende der Vereinigung der schwedischen Humanisten, Christer Sturmark, traf ihn für ein Interview über Religion, Politik und das humanistische Weltbild. Er begegnete einem Mann, der an keinen der Götter glaubt, welche die Weltreligionen beschreiben und der sich stark für humanistische Themen einsetzt.
Christer: Björn, du bist Mitglied der Vereinigung der schwedischen Humanisten. Erkläre mir doch bitte, warum du beschlossen hast, dich diesen Themen zu widmen und warum du denkst, dass sie wichtig sind?
Björn: Weil ich bemerkt habe, wie Religion zu einer Kraft in der Politik wird und mit der wissenschaftlichen Denkweise konkurriert. Das bereitet mir Sorgen. Ich bin immer schon ein sehr großer Freund der Aufklärung und der Wissenschaft gewesen.
Als ich die vernunftwidrigen, religiös-konservativen Werte entdeckt habe, sowie die Feindseligkeit gegen die Beeinflussung der Gesellschaft durch die Wissenschaft, suchte ich nach einer Organisation, die sich mit diesen Fragen beschäftigt. Ich stellte fest, dass es die Vereinigung der schwedischen Humanisten gibt und erkannte, wofür sie stehen. Infolgedessen wurde ich Mitglied.
Ich vermisse jene Tage, als die Leute noch an die Wissenschaft und den gesunden Menschenverstand glaubten, wie in den Fünzigern und Sechzigern. Jetzt scheint sich Fundamentalismus und Wissenschaftsverachtung auszubreiten. Ich denke, dass die Religion komplett vom Staat getrennt sein sollte. Das ist aber nicht die Situation, wie sie heute ist, nicht einmal in Schweden. Hunderte von Jahren haben wir für eine säkulare Gesellschaft gekämpft, und jetzt sind wir anscheinend wieder auf dem Weg in die Vergangenheit. Ich finde es auch ziemlich erstaunlich, dass es nicht mehr Frauen gibt, die sich zu diesen Fragen äußern.
Ich glaube, dass religiöse Bekenntnisschulen in hohem Grade zweifelhaft sind. Ich halte es außerdem für absurd, dass Organisationen, die weltliche Ziele anstreben, wie zum Beispiel die Vereinigung der schwedischen Humanisten, nicht die gleichen Regierungszuschüsse erhalten wie vergleichbare Organisationen, nur weil sie keine Dienstleistungen anbieten. Vielleicht sollten wir anfangen, Versammlungen einzuberufen, in denen wir Voltaire Respekt zollen!
Christer: Wie konnte es soweit kommen?
Björn: Die Verachtung der Wissenschaft könnte möglicherweise von der Tatsache herrühren, dass es der Wissenschaft bislang nicht gelungen ist, irgendeines unserer grundlegenden Probleme zu lösen, zum Beispiel die Klimaverunreinigung oder die Probleme mit HIV und AIDS. Das ist die schlimmste Krankheit unserer Zeit und die Wissenschaftler können sie nicht heilen. Ich glaube, dass die Wissenschaft viele Leute enttäuscht, wenn sie nicht die Antworten liefern kann, die wir benötigen.
Ich glaube auch, dass die Atombombe und andere Massenvernichtungswaffen zeigen, dass die Wissenschaft für schlimme Dinge verwendet werden kann, was auch zu ihrer Missachtung beiträgt.
Was den religiösen Fundamentalismus betrifft, so könnte er durch die Globalisierung ausgelöst worden sein, sowie durch die Tatsache, dass sich viele Leute in einer Welt unsicher fühlen, die sich schnell verändert. In Identitätskrisen kehren die Leute häufig zu ihren religiösen Wurzeln zurück.
Christer: Würdest du dich selbst als Atheisten bezeichnen?
Björn: Nun, ich bin ein Agnostiker, der zum Atheismus neigt. Ich habe kein konkretes Gottesbild, und ich denke, dass ich auch keines haben kann. Ich glaube nicht an den Gott, welchen die Religionen des Mittleren Ostens beschreiben, und auch nicht an den Gott anderer Religionen. Ich verneine nicht, dass es da draußen etwas gibt, aber ich denke nicht, dass wir versuchen sollten, zu erklären und zu verstehen, was es sein könnte. Wenn Atheismus bedeutet, dass man kategorisch die Existenz eines Gottes ablehnt - so weit würde ich nicht gehen. Das Problem mit Fundamentalisten ist, dass sie prinzipiell glauben, dass es einen Gott gibt und dass sie meinen, zu wissen, was seine Wünsche sind. Ich würde sagen, dass ich ein „Freidenker" bin, ein besseres Wort als Agnostiker und Atheist. Möglicherweise sollten wir es wieder in unseren modernen Wortschatz einfügen.
Christer: Was sind deiner Ansicht nach die wichtigsten Fragen der modernen Gesellschaft in Hinblick auf Religion, Weltanschauung und Politik und wo ist die Trennlinie zwischen der Religionsfreiheit und den Grundregeln der Gesellschaft in Punkto Redefreiheit und Menschenrechte?
Björn: Ich bin es so unglaublich müde, diese Unzahl von Wahnvorstellungen und verrückten Ideen respektieren zu müssen, nur weil sie als Religionen angesehen werden. Der private Glaube sollte selbstverständlich geachtet werden, aber es sollte nicht erlaubt sein, dass er die Gesellschaft oder andere Leute beeinflussen darf.
Wo verläuft die Trennlinie zwischen Aberglauben und Religion? Wenn man bedenkt, dass wir auf einem kleinen Planeten in einem Sonnensystem am Rand einer kleinen Galaxie am Rand des Universums leben, könnte es eine gewisse Übertreibung sein, zu behaupten: Wir haben die Antwort! Aber so sieht es ja zur Zeit aus. Gott hat sich für uns gezeigt. Und dann wird nach und nach die Geschichte von dem aufgeschrieben, wie die Welt entstanden sei, etc. Und alle Religionen behaupten, die korrekte und die einzig wahre zu sein. Das ist einfach zuviel für mich.
Ich denke, dass es wichtig ist, Religionen kritisieren und analysieren zu dürfen, so wie man Meinungen und Werte kritisieren darf. Religiöse Leute müssen damit klar kommen!
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte muss immer Vorrang haben vor der Religion oder anderen kulturellen Traditionen, falls es einen Konflikt zwischen ihnen gibt. Es scheint mir, dass genau dies von unseren Politikern heute nicht ausdrücklich festgestellt wird. Einige Werte müssen allgemeingültig sein, wie die Menschenrechte und die Gleichwertigkeit der Menschen. Ich glaube, dass die Politiker in Schweden zu sehr davor zurückschrecken, das zu betonen, vermutlich aus Furcht davor, als diskriminierend gegenüber den nicht-demokratischen Kulturen angesehen zu werden.
Kulturelle Vielfalt ist immer ein wertvolles Bemühen, aber sie darf niemals als wichtiger angesehen werden als die Erklärung der Menschenrechte. Es gibt tapfere Repräsentanten anderer Kulturen und Religionen auf der Welt, die aktiv an den Kämpfen für Menschenrechte teilnehmen, zum Beispiel Ayaan Hirsi Ali aus Somalia, die in die Niederlande floh. Sie hat das Buch "Demand your Right!" (Verlange dein Recht!) über die Unterdrückung der muslimischen Frauen geschrieben. Diese Art Vorredner und Frau aus der muslimischen Welt sollte in der aktuellen politischen Debatte besser beachtet werden. Sie sagt deutlich, dass die meisten Politiker sich verweigern, wenn sie sich diesen Fragen nähern, weil sie davor Angst haben, politisch inkorrekt zu sein.
Ich denke, dass es meistens die westlichen und linken Liberalen sind, die diese Haltung annehmen. Ich betrachte mich selbst als Sozialliberalen, aber zu diesem Thema sind sogar die schwedischen Liberalen zu vorsichtig und erschrocken. Hirsi Ali meint, dass es das Schlechteste ist, was man Frauen in der muslimischen Welt antun kannt, wenn man es "vermeidet, seine Meinung zu sagen". Ich denke auch, dass es hinsichtlich der arabischen Kultur respektlos ist zu sagen: „Das sind Araber, man kann mit denen nicht über Menschenrechte sprechen". Dies ist eine Diskriminierung der Araber. Selbstverständlich sollten wir den gleichen Dialog mit Moslems über Menschenrechte führen, wie mit anderen auch. Und auch eine Menge Moslems sind nicht religiöser als der durchschnittliche Schwede. Für sie ist es natürlich, dass die Menschenrechte das Wichtigste sind.
Christer: Ja, es gibt intellektuelle Kreise der Moslems, die sehr modern und radikal sind. Ich sprach vor kurzem mit Jan Henningsson, dem Leiter des schwedischen Instituts in Alexandria in Ägypten. Er spricht fließend Arabisch und ist Lehrer an der dortigen Universität. Er erklärte mir, dass es intellektuelle Moslems gibt, die eine völlige Gleichheit für Frauen und Chancengleichheit für Homosexuelle verlangen, Forderungen, die wir normalerweise nicht mit dem Islam verbinden. Also gibt es anscheinend progressive Prozesse innerhalb der moslemischen Theologie.
Björn: Ja, das ist es genau das, was ich meinte. Das sollte in der schwedischen Debatte stärker betont werden. Stattdessen werden Moslems als unfähig betrachtet, überhaupt moderne Ansichten haben zu können, was selbstverständlich falsch ist. Aber offensichtlich können diese muslimischen Intellektuellen keine wörtlichen Interpreten des Koran sein.
Christer: Kannst du mir etwas über deinen eigenen intellektuellen Prozess im Hinblick auf deine Weltanschauung erzählen? Wann hast du damit angefangen, über diese Dinge nachzudenken? Ist deine Meinung zu diesen Fragen seit deiner Jugend gleich geblieben? Wie entwickelte sich deine gegenwärtige Meinung?
Björn: Ich hatte in meiner Jugend eine kurze Liebelei mit der Religion, als ich die Bibel studierte. Als ich ungefähr Fünfzehn war, las ich Dan Anderssons Roman „David Ramms Erbe", über einen jungen Mann, David, der über existentielle und fromme Fragen grübelte. Als ich diesen Roman las, dachte ich, dass ich auch ein Grübler und ernsthaft sein wollte. Aber es war bloß ein Anspruch. Die Schule und die Musik begannen mein Leben zu übernehmen und ich hatte keine Zeit mehr zu versuchen, ernst zu sein und zu grübeln!
Ich glaube, dass ich bis vor fünfzehn Jahren nicht wirklich angefangen habe, über Religion nachzudenken. Es begann mich zu interessieren, warum es Religionen gibt und warum Menschen sie so sehr brauchen. Ich begann über die religiösen Fragen nachzudenken, die man sich erstmals vor sehr langer Zeit stellte. Wer waren die Geschichtenerzähler und warum haben sie erzählt? Vielleicht, um Macht und Einfluss zu bekommen. Das muss eine effektive Möglichkeit gewesen sein, wenn man keine Soldaten und Armeen an seiner Seite hatte.
Christer: Du hast das Musical „Kristina" zusammen mit Benny Andersson über Kristina und Karl Oskar geschrieben - beides sehr fromme Gläubige. Wie hat dir die Arbeit mit diesen frommen Persönlichkeiten gefallen?
Björn: Als ich an den Texten arbeitete, versuchte ich, mich in die Position Kristinas zu versetzen, um herauszufinden, wie sie dachte. Sie war eine aufrichtige Gläubige und der Glaube war für sie das, was ihr die Hoffnung gab, in einer sehr harten Welt zu überleben. Ich konnte wirklich verstehen, warum Kristina und die anderen Immigranten an ihrem Glauben festhielten, was auch immer es sie kostete. Sie waren dort in der Wildnis sehr verletzbar und haben hart gearbeitet, um zu überleben. Aber als Kristina ihr Kind verliert, beginnt sogar sie zu zweifeln.
Ich fasse dieses Gefühl im Lied „Du Måste finnas!" („Es muss dich geben!") in Worte, wenn Kristina direkt mit Gott spricht und sagt: „Es muss dich geben, denn ohne dich bin ich nur ein klägliches Überbleibsel auf einem dunklen und stürmischen Meer". Ich verstand, dass sie ihren Glauben in jenen Tagen benötigten, um zumindest etwas Hoffnung in der Zeit der Verzweiflung zu haben. Für diese Art der Religiosität habe ich einen tiefen Respekt. Aber Karl Oskar war kein Gläubiger. Möglich, dass er Mobergs Alter Ego des alten Atheisten ist. Auch ich bin kein Gläubiger.
Christer: Du bist eine lange Zeit in Schweden und international im Show-Geschäft aktiv gewesen. Manchmal hat man den Eindruck, dass dieses Geschäft sehr stark an der New-Age-Bewegung beteiligt ist. Einige Hollywood-Stars sind Scientologen und Madonna praktiziert Kabbalismus etc. Ist das so und wenn, warum?
Björn: Die Leute, die ich in diesem Geschäft in Schweden treffe, denken nicht, dass ich merkwürdiger bin als irgendjemand anderes. Aber ich glaube, dass viele Künstler „trend-empfindlich" sind und einen Weg gehen, von dem sie glauben, dass er ihre Karriere fördern kann. Viele von denen, die politische Meinungen oder einen Flirt mit der New Age Kultur ausdrücken, teilen möglicherweise nicht diese Ansichten. Aber ich kann nicht sagen, dass ich das sehr häufig in den vergangenen Jahren beobachtet habe. Vielleicht habe ich aber nicht die richtigen Leute getroffen.
Christer: In der schwedischen Übersetzung des Musicals „Mamma Mia" kann man deine Sichtweise des Leben verfolgen. Ich denke an das Lied „Thank you for the music" (Danke für die Musik), das auf Schwedisch „Tack för alla sånger" übersetzt wird. Im Text trennst du dich offensichtlich von der Religion, wenn du schreibst: „... Danke für alle Lieder, Wörter und Melodien, wer aber braucht Religion? Wir können ohne sie leben, aber man stelle sich vor, dass es keine Musik mehr gäbe, nirgendwo. Jeder benötigt ein Lied und einen Tanz..." Steckt eine konkrete Absicht hinter dieser Wortwahl?
Björn: Ich dachte, dass wir es wie John Lennon in „Imagine" (Stell dir vor) tun könnten und eine Aussage hineinschmuggeln. Lennon schreibt „Stell dir vor, es gäbe keine Länder, das ist nicht schwierig, es gäbe nichts, wofür man töten oder sterben sollte, und auch keine Religion."
Es wird auch in Kirchen gesungen und niemand hat etwas gegen den Wunsch für eine „Welt ohne Religion". Ich schrieb die schwedische Version von „Thank you for the music" mit Niklas Strömstedt und wir waren beide auf die Möglichkeit vorbereitet, dass sie Widerstände verursachen würde. Aber keine einzige Beanstandung ist geäußert worden! Kein einziger Beschwerdebrief!
Ich bin darüber ziemlich überrascht, weil bisher über 500.000 Leute das Stück gesehen haben. Als ich an „Kristina" arbeitete, erhielt ich Berge von Briefen von Leuten, die wollten, dass ich in den Kirchen Reden halte, weil jeder glaubte, dass ich religiös war. Aber ich lehnte das ab.
Ich denke nicht, dass es geschätzt worden wäre, wenn ein „Freidenker" in einer Kirche gesprochen hätte! Aber ich liebe Kirchen. Ich denke, dass sie unglaublich schöne Gebäude sind und ich genieße die Atmosphäre und die Ruhe. Aber das ist kein religiöses Empfinden...
Dazu muss ich dir noch eine lustige Geschichte erzählen. Als ich und Agnetha (Fältskog) heirateten, fanden wir ein schönes Schloss, in dem wir die Hochzeitsparty geben wollten. Wir wollten unbedingt dieses Schloss, und es gab dort eine Kirche, die mit dem Schloss verbunden war und wir fanden alles so schön, dass wir entschieden, in der Kirche zu heiraten, überwiegend aus Gründen der Tradition.
Keiner von uns beiden ist religiös. Als ich mit dem Vikar das erste mal sprach, fragte er mich, welchen Beruf ich hätte, und ich antwortete „Ich bin ein Künstler" („I'm an artist"), aber er verstand mich anscheinend nicht richtig, weil er schockiert aussah und ausrief: „Atheist?!"
Er wusste nicht, wie Recht er hatte.
Christer: Eine Menge Leute glauben an verschiedene pseudo-wissenschaftliche Behandlungen und Verordnungen, wie Wunderheilungen. Ich spüre manchmal ein moralisches Dilemma, wenn es darum geht, wie stark man diese Sachen zurückweisen sollte. Wenn ein guter Freund unheilbar krank ist und glaubt, dass ihm das helfen würde, hast du wirklich das Recht, ihm seine Hoffnung, durch das Argumentieren gegen diese unkonventionellen Behandlungsmethoden, zu nehmen? Gleichzeitig ist es tief unmoralisch von gewissen Scharlatanen, Menschen ohne Hoffnung auszunutzen.
Björn: Ich weiß genau, was du meinst. Ich habe einen guten Freund, dessen Frau am Lungenkrebs stirbt. Er versuchte alle Arten alternativer Behandlungen, obgleich er selbst nicht an sie glaubte. Aber er dachte, dass er nichts zu verlieren hätte. Ich denke, es ist eine schwierige moralische Frage ohne offensichtliche Antworten. Es ist einfacher, wenn jemand stark an pseudowissenschaftliche Behandlungen glaubt und sie gegenüber einer ärztlichen Behandlung bevorzugt. Dann hat derjenige seine Entscheidung getroffen. Ich habe vor kurzem das Buch "Science and delusion" (Wissenschaft und Wahnvorstellung) über Pseudowissenschaft und andere Wahnvorstellungen gelesen. Ist es nicht merkwürdig, dass die Leute an so viele absurde Sachen glauben können?!
Christer: Genau. Deshalb hat die schwedische Humanisten-Vereinigung einen Preis von 100.000 Kronen ausgelobt, den diejenigen bekommen, die irgendeine paranormale Fähigkeit unter wissenschaftlich kontrollierten Bedingungen zeigen können. Ich denke nicht, dass wir das Risiko eingehen, das Preisgeld tatsächlich zahlen zu müssen.
Björn: Das ist ausgezeichnet! Ich denke, dass es eine Fernsehsendung darüber geben sollte, als reine Verbraucher-Richtlinie. Ich verstehe nicht, wie die Gesellschaft und die Wissenschaftler so viel Quacksalberei und Betrug in unserer Gesellschaft hinnehmen können. Wir sollten schärfere Gesetze für diesen Bereich haben. Unsere Wissenschaftler, denen dieses Problem bewusst ist, sollten in den Medien häufiger darüber debattieren. Das Problem ist, dass die Medien in gewisser Weise einen Profit mit diesen Sachen erzielen. Horoskope und Fernsehsendungen über die spirituelle Welt etc. Möglicherweise wünschen sie nicht, dass das alles aufgedeckt wird.
Christer: Was hälst du von der politischen Entwicklung in den USA angesichts von Präsident Bushs unbeirrbaren religiösen Glaubensvorstellungen? Denkst du, Schweden könnte wieder religiöser werden?
Björn: Ja, das ist sehr beunruhigend. Die USA hätten unsere Verbündeten im Kampf für die Säkularisierung sein sollen! Der Kampf gegen den Terrorismus wird geschwächt, wenn er als Schlacht zwischen islamischen und christlichen Fundamentalisten betrachtet wird. Aber gleichzeitig denke ich nicht, dass das amerikanische Volk so religiös ist, wie es scheint. Wenn sie auf Umfragen antworten, dass sie an Gott glauben, überlege ich mir, ob das nicht einfach eine Routine-Antwort ist. Die Kirche in Amerika ist auch sehr stark eine soziale Institution. Lass uns hoffen, dass ein Demokrat die Wahl nach Bush gewinnt, möglicherweise Hillary Clinton?
Christer: Was ist deine Meinung über Jesus und die Mythologie, die ihn umgibt?
Björn: Die Geschichte von Jesus ist sehr faszinierend. Sie hat immer noch eine so enorme Kraft, sogar nach 2.000 Jahren! Wir wissen noch nicht einmal, ob es ihn als historische Figur überhaupt gab. Es ist schwierig zu verstehen, dass sich bestimmte Leute Jesus als persönlichen Freund vorstellen können, an den sie sich in schwierigen Zeiten wenden können. Was für ein unglaublich mächtiger Mythos das ist! Ich bezweifle, dass es Jesus als menschliches Wesen gegeben hat, auch wenn ich nicht denke, dass das für einen Gläubigen heute irgendwie von Bedeutung ist. Eine Menge Leute, die zur gleichen Zeit wie Jesus lebten, sind durch die Historiker jener Zeit gut dokumentiert worden, aber es gibt nur einen oder zwei Hinweise auf Jesus.
Christer: Du, der Geschichten und Stücke als Dramaturg geschrieben hast, könntest du mir erklären, welche Art von dramatischen Qualitäten in der Geschichte von Jesus zu solch einer enormen Wirkung geführt haben?
Björn: Die ganze Geschichte von der Jungfrau Maria und von den drei Weisen, von der Geburt Jesus und später die Rückkehr nach Jerusalem, obwohl er wusste, was ihm bevorstand, ist eine geniale Erzähltechnik. Und dann alle die Wunder, die grausame Kreuzigung - wo Jesus selbst das Kreuz zu seiner eigenen Hinrichtung schleppen muss und später dann die Auferstehung. Jeder liebt diese Geschichten. Seine Ankunft in Jerusalem muss wie die Ankunft der Beatles in New York gewesen sein - kein zeitgenössischer Historiker hat sie dokumentiert, soweit ich weiß.
Christer: Also war es ein kluger Einfall von Andrew Lloyd Webber und Tim Reis das Musical „Jesus Christ Superstar" zu schreiben, nicht wahr? Die Hälfte der Arbeit war bereits getan, um es einmal so zu sagen?
Björn: Ja, es war ein fantastischer Erfolg. Es war sogar gemäßigt blasphemisch. Tim Reis erklärte mir einmal, dass sie in den USA viele Probleme bewältigen mussten, da viele Leute gegen die Weise protestierten, wie sie Jesus beschrieben hatten. Herodes wird als Star dargestellt und das Bild von Judas wurde von den Leuten auch nicht akzeptiert. Aber vor allem wurde ihnen nicht erlaubt, ihre Version von Jesus so darzustellen, wie sie es taten.
Christer: Danke für das Gespräch!
Björn: Ich danke dir!
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Interview von Christer Sturmark, veröffentlicht in "Humanisten" 4/2005. Englische Übersetzung von Marika Granerus; Deutsche Übersetzung von Carsten Frerk und Andreas Müller.