Um moralische Werte zu leben, braucht es keinen Gottesglauben – davon sind rund zwei Drittel (65 Prozent) der Erwachsenen in den USA überzeugt. Nur 34 Prozent vertreten eine andere Ansicht. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsentative Befragung des amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center im Frühjahr 2022.
Befragt wurden 3.581 Erwachsene in den USA, außerdem 15.201 Personen in 16 anderen Ländern mit entwickelter Volkswirtschaft in Nordamerika, Europa, dem Nahen Osten und dem asiatisch-pazifischen Raum.
Dabei zeigte sich, dass die Antworten der amerikanischen Teilnehmer stark voneinander abweichen, je nachdem, wie wichtig oder unwichtig die Befragten religiösen Glauben für das eigene Leben einschätzen. Unter den Personen, die Religion für sich selbst wenig oder gar nicht bedeutend finden, bejahen 92 Prozent, dass ein moralisches Leben auch ohne Gottesglauben möglich ist. Dagegen sind es 51 Prozent bei denjenigen, die Religion eine gewisse oder große Wichtigkeit im eigenen Leben bescheinigen.
Wie zu erwarten, zeigten sich zudem Unterschiede zwischen den politischen Lagern. Anhänger der Demokraten sind erheblich häufiger der Ansicht, dass Moral ohne Gottesglauben existieren kann (71 Prozent versus 59 Prozent). Am höchsten ist die Zustimmung bei liberalen Demokraten (84 Prozent), am geringsten bei konservativen Republikanern (53 Prozent).
Auch Lebensalter und Bildungsgrad spielen offenbar eine Rolle. So finden 71 Prozent der Amerikaner unter 50 Jahren religiösen Glauben für die Entwicklung moralischer Werte entbehrlich, bei den Älteren nur 59 Prozent. Weiter bejahten 76 Prozent der Befragten mit Hochschulabschluss diese Aussage, aber lediglich 58 Prozent derjenigen mit Highschool- oder niedrigerem Abschluss.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in den übrigen untersuchten Ländern. Die durchschnittliche Zustimmung ist dort mit zwei Dritteln sogar noch etwas höher. Die höchste Zustimmungsrate gibt es in Schweden; dort sagen neun von zehn Befragten, dass moralische Werte auch ohne Religion existieren können. Die geringste Zustimmung gibt es in Malaysia, wo dies nur jeder Fünfte bejaht.
Auch die Situation in Deutschland wurde in der Befragung untersucht. Demnach halten hierzulande insgesamt 62 Prozent der Befragten Moral ohne Religion für möglich (Antwort "nicht möglich": 37 Prozent). Unter den Teilnehmenden ohne religiöse Bindung bejahen dies 81 Prozent, unter den Religiösen sind es immerhin noch 51 Prozent. Politisch eher links orientierte Personen stimmten zu 72 Prozent zu, bei den eher rechts orientierten sind es 57 Prozent.