Viele Gläubige reagieren ungläubig, wenn ihr Gott oder ihre Heilslehre kritisiert oder in Frage gestellt werden. Egal, ob sie an Jesus als Sohn Gottes, an Allah, Krishna, Buddha oder sonst einen Religionsführer oder spirituellen Meister glauben. Es scheint, als ergebe für Strenggläubige ein Leben ohne religiösen Inhalt keinen Sinn.
Ihre heftigen Reaktionen auf Kritik nähren die Vermutung, dass skeptische Fragen für sie eine existenzielle Bedrohung darstellen. Oder einen Angriff auf ihren Glauben. Kritiker werden von ihnen gern auch als moralisch bedenklich eingestuft, weil sie glauben, dass nur der Glaube an einen Gott Menschen zu wertvollen und verantwortungsbewussten Wesen machen könne.
Fromme Christen beispielsweise sehen oft den Satan am Werk, wenn Skeptiker kritische Fragen stellen. Oder gar atheistische Positionen vertreten.
Diese heilige Empörung relativiert sich aber, wenn man die Statistiken zu Rate zieht. Die Zahl der Ungläubigen oder Konfessionslosen steigt nämlich kontinuierlich. In ein paar Jahrzehnten werden sie voraussichtlich die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen.
Religionskritik ist aber kein neues Phänomen, wie man oft vermutet. Schon Denker und Philosophen der Antike haben den Glauben an einen Gott oder Schöpfer angezweifelt, wie der Schweizer Schriftsteller Claude Cueni in seinem Buch "Die Bibel der Atheisten" zeigt. Darin listet er atheistische Zitate aus allen Epochen auf.
Das Resultat ist verblüffend: Schon die alten griechischen Philosophen fanden klare Worte zum Glauben an Gott. Eine kleine Auswahl zeigt, dass Atheismus und Agnostik kein Phänomen der aufgeklärten Zeitgenossen ist.
Stephen Hawking
Beginnen wir aus aktuellem Anlass mit dem in diesen Tagen verstorbenen Astrophysiker.
"Die Religion ist ein Märchen für diejenigen, die sich vor der Dunkelheit fürchten."
Lucretius
Noch härter formulierte es sogar der römische Dichter Lucretius (ca. 98 – 55 v. Chr.)
"Alle Religionen scheinen den Ignoranten göttlich, den Politikern nützlich und den Philosophen lächerlich."
Al-Ma’arri
Der arabische Dichter Al-Ma’arri (973 – 1057) argumentiert mit der Intelligenz.
"In dieser Welt gibt es nur zwei Sorten Menschen – intelligente Menschen ohne Religion und religiöse Menschen ohne Intelligenz."
Galileo Galilei
Beim Universalgelehrten Galileo Galilei (1564 – 1642) ist es eine Frage der Vernunft.
"Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott, der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns verlangt, dieselben nicht zu benutzen."
David Hume
Der schottische Philosoph David Hume (1711 – 1776) argumentiert mit der Theodizee.
"Will Gott Böses verhindern, kann es aber nicht? Dann ist er impotent. Kann er es, aber will es nicht? Dann ist er bösartig."
Denis Diderot
Der französische Schriftsteller Denis Diderot (1713 – 1784) formuliert seine Religionskritik martialisch.
"Der Mensch wird erst dann frei sein, wenn der letzte König mit den Gedärmen des letzten Priesters erdrosselt wird."
Goethe
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) sieht die Wissenschaft bedroht.
"Der Glaube ist nicht der Anfang, sondern das Ende allen Wissens."
Napoleon
Auch der französische Kaiser Napoleon Bonaparte (1769 – 1821) war Atheist.
"Religion ist das, was die Armen davon abhält, die Reichen umzubringen."
Baudelaire
Der französische Schriftsteller Charles Baudelaire bringt die Machtfrage ins Spiel.
"Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss."
Wilhelm Busch
Auf humorvolle Weise – wie könnte es anders sein – formuliert es der deutsche Dichter Wilhelm Busch (1832 – 1882).
"Wer in Glaubensfragen den Verstand befragt, kriegt unchristliche Antworten."
Sartre
Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre (1905 – 1980) sieht das Ende der Götter kommen.
"Auch Götter sterben, wenn niemand mehr an sie glaubt."
Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors von watson.ch.
53 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Sehr schöne Aphorismen, die leider bei Gläubigen wirkungslos verpuffen oder Widerwillen erzeugen. Warum nur? Weil die Autoren dieser Sätze vielleicht Recht haben?
Wolfgang am Permanenter Link
Gläubige wissen nicht und wollen auch nicht wissen, was für einen Unsinn eigentlich glauben.
Ralf Bülow am Permanenter Link
Bei mir erzeugen die angeblich schönen Aphorismen vor allem deshalb Widerwillen, weil die meisten so nie gefallen sind.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"... und Stephen Hawking hat sich höchstens sinngemäß so geäußert..."
So so! Selbst wenn dies so wäre, was würde es ändern? Aber Hawking hat genau diese Aussage (natürlich auf Englisch) 2011 in einem Interview mit "The Guardian" von sich gegeben.
Oder warum hätte der englische Mathematik-Professor und bekannte Kreationist John Lennox daraufhin sagen sollen: „Der Atheismus ist ein Märchen für diejenigen, die sich vor dem Licht fürchten.“?
Kommentare, wie der Ihre, zeigen nur zu deutlich, dass Ihnen vermutlich längst bewusst ist, wie dünn des Eis des Glaubens ist, auf dem noch immer viel zu viele Gläubige stehen. Es knirscht verdächtig.
Aber das Bestreiten logischer und sinnvoller Aussagen wird das Eis nicht dicker machen - genauso wenig, wie das Erfinden gläubiger Einstein-Zitate...
Ralf Bülow am Permanenter Link
Lieber Herr Kammermeier, auf dünnem Eis stehen nur die Leute, die nicht existierende oder passend zurechtgemachte Zitate in die Welt setzen.
Andreas am Permanenter Link
Stephen Hawking war Mitglied der "Päpstlichen Akademie der Wissenschaften", auch sonst findet sich dort ein "who’s who" der Wissenschaften (Nobelpreisträger) – halten die alle "Gläubigen"
Ernst Seler am Permanenter Link
Die Worte von Denis Diderot sind plastisch drastisch.
Vor 33 Jahren entdeckte ich zufällig das große Kruzifix vor unserem Kind in der Schule. Das sog. Kruzifixurteil von 1995 ist sattsam bekannt. Zufällig fanden sich erst jetzt Worte von Rudolf Steiner, mit denen er die Wirkung des Kruzifixes auf den Menschen charakterisiert. Werden diese Worte öffentlich gemacht – demnächst – dann müssen auch „Anthroposophen“ vor Scham in den Boden versinken, da wir von der Generalsekretärin der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1995 sogar der „Bösartigkeit“ öffentlich im Bayerischen Fernsehen verdächtigt wurden. Das Problem sind nicht „Gott“, „Jesus Christus“, das Problem ist der Mensch, der seine eigene Göttlichkeit, seinen ewigen Wesenskern nicht findet. Steiners Hinweis zur Wirkung des Kruzifixes erklärt uns nun, warum wir als Eltern, Familie von den „Priestern“, den „Königen“ (Ministerpräsidenten) so vehement verfolgt wurden. Religion in ihrer jetzigen Art ist ein Gefängnis für Seele und Geist.
Das "Kruzifix" bereitete den Untergang Europas vor ...... siehe Gegenwart, Fortsetzung Markus Söder, Bayern... .
pavlovic am Permanenter Link
Den schönsten Spaß erlaube ich mir mit Anthroposophen auf folgende Art und Weise: Ich sage Ihnen, dass ich auch für Rudolf Steiner bin! Um dann hinterherzuschieben - aber nur für den jungen Steiner!
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ pavlovic
der "junge Steiner" war ein Scharlatan wie der "alte Steiner", siehe auch meinen Artikel beim hpd: "Des Steiners neue Kleider", https://hpd.de/artikel/11618
Kay Krause am Permanenter Link
Zum Kommentar von Ernst Seler:
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Religion in ihrer jetzigen Art ist ein Gefängnis für Seele und Geist."
Religion in jeder Art ist ein Gefängnis für Seele und Geist...
Jochen Beck am Permanenter Link
Die Urheber der Zitate waren keineswegs alle Agnostiker/Atheisten. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Galilei sich komplett vom katholischen Glauben löste. Napoleon war Deist im Sinne der Aufklärung.
Rainer am Permanenter Link
Herr Beck,
ich muss zugeben, die Widersprüchlichkeit dieser Aussagen Goethes hat etwas sehr Weises, etwas Nachvollziehbares für mich.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Unterschreibe ich alles. Satz für Satz.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Herr Trutnau!
Wenn Sie das obige Zitat des Denis Diderot gutheißen, dann bewegen Sie sich ziemlich nahe am Tatbestand der Verhetzung. Überlegen Sie sich das lieber nocheinmal!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Um ähnlich drastische Worte, die aber auf der Seite von Gläubigen wohl gelitten sind, zu entschärfen, wenden doch gerade Theologen gerne die Taktik an, diese Aussagen im zeithistorischen Kontext bewertet sehen zu woll
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Der Kontext ist tatsächlich zu beachten.
Und genau deshalb würde ich die Bibel nicht "Satz für Satz" unterschreiben.
Bei Diderots Satz war es ähnlich.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Sehe ich ähnlich, Bernd.
Und Denis Diderot war m.E. auch für seine ironischen Spitzen bekannt.
Ist aber auch völlig egal.
Wer wie er als Aufklärer eine (nein, DIE) Encyclopédie verfasste / redigierte / herausgab, ist für mich quasi unantastbar. Ich wage die Behauptung:
Wären Menschen wie er und andere seiner Zeit nicht gewesen, wären wir heute noch im dunkelsten Mittelalter.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Vielen Dank. Das sind zwar Totschlagargumente, aber manchmal nutzen sie um käsige Gespräche schnell zu beenden.
Wolfgang Kloste... am Permanenter Link
Weitere Zitate hier: http://www.reimbibel.de/zitate.htm .
Simon Scharfenberger am Permanenter Link
Galilei war weder Atheist noch Agnostiker.
pavlovic am Permanenter Link
Die größte Religionsfeindlichkeit bewiesen nicht die Atheisten, damit wird deren Einfluß überschätzt.
Hans-Josef Kersting am Permanenter Link
Erbärmlich, wie manche Menschen ihr bisschen Intelligenz überschätzen. Ein bisschen mehr Demut wie Sokrates:"scio nescio" täte den Menschen gut.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Erbärmlich, wie manche Menschen ihr bisschen Intelligenz überschätzen."
Wen genau wollen Sie damit beleidigen? Und warum?
Werner Helbling am Permanenter Link
Es sind mir keine Quellen bekannt, wo Atheisten / Agnostiker / Pantheisten, Menschen andrer Glaubensrichtungen bekämpft und umgebracht haben.
Thomas am Permanenter Link
"Wie kann man einer solchen Religion angehören, ohne sich auf der Basis dieser fürchterlichen Schandtaten nicht in Grund und Boden zu schämen."
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Norbert Schönecker am Permanenter Link
Ich weise hin auf:
) den Terror der Französischen Revolution (insbes. Hebertisten und Septembermorde)
) Pol Pots Terrorregime in Kambodscha
) Maos Kulturrevolution in China
Bei Hebert war wahrscheinlich wirklich der Hass auf Gott und Religion die Grundlage seines Denkens und seiner Taten.
Die anderen genannten Diktatoren sahen vermutlich in jeglicher Religion eine Konkurrenz zu ihrer eigenen Allmacht und bekämpften schon alleine deshalb Religionen und ihre Vertreter.
Die Etablierung des Atheismus und die Bekämpfung von Religionen sind aber definitiv zusammengehörende Bestandteile des Marxismus/Kommunismus. Viele tausende Gläubige, besonders gezielt Geistliche, wurden im Namen der atheistischen Ideologie ermordet.
Die unleugbare Tatsache, dass die abrahamitischen Religionen dasselbe getan haben, lässt die Morde im Namen des Atheismus nicht verschwinden.
Wir können uns also alle schämen, ob Atheisten oder Theisten. Das ist ja nichts Schlechtes. Fehler einzusehen ist sowieso eine notwendige Voraussetzung für jeden Fortschritt.
Jochen Beck am Permanenter Link
Ich finde die Vorstellung albern dass ich mich für Aussagen Diderots schämen soll, nur weil er ein Aufklärer war und ich mich als Humanist in der Tradition der Aufklärung sehe.
Aber wirklich abstrus finde ich die Behauptung, ich müsse mich für die Taten der Kommunisten (im Sinne von Lenin, Stalin, Mao, Pol Pot, …) schämen, nur weil die auch Atheisten waren. Ich bin nie Kommunist gewesen. Die Ideologie dieser Regime war zutiefst dogmatisch und totalitär. Sie hatten mit dem traditionellen Christentum (dem vormodernen Christentum) mehr gemeinsam als mit Kant, Russel und Popper.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Herr Beck!
Wenn Sie sich nicht für Aussagen oder Taten von Aufklärern schämen müssen - warum wird dann von Humanisten so oft verlangt, dass ich mich als Katholik für den Hexenhammer oder für Pizarros Genozid schämen soll? Die sind auch nicht göttlich inspiriert.
Wie gesagt, ich finde es durchaus nützlich, beim Blick in die Vergangenheit Scham zu empfinden. Das beginnt damit, dass ich mich als Mensch mit der Menschheit solidarisiere und somit Scham für viele Taten der Menschheit empfinde. Als Mann schäme ich mich besonders für Verbrechen von Männern an Frauen, als Österreicher besonders für Verbrechen Österreichs, als Christ besonders für Verbrechen im Namen des Christentums. Ich hielte es für normal, sich als Atheist für Verbrechen im Namen des Atheismus zu schämen, oder als Demokrat für Verbrechen im Namen der Demokratie.
Scham soll ja nicht dazu führen, sich ins Winkerl zu stellen und zu verstecken. Sie soll dazu führen, zu lernen und es besser zu machen. Sie ist im Idealfall etwas Produktives.
Dass Sie, Herr Beck, nicht mit Kommunisten in einen Topf geworfen werden wollen, verstehe ich sehr gut. Ich will ja auch nicht mit Moslems in einen Topf geworfen werden, nur weil die auch Theisten sind.
Meine tatsächlich sehr unsaubere Verallgemeinerung entstand dadurch, dass Werner Helbling ebenfalls verallgemeinernd geschrieben hatte, ihm seien "keine Quellen bekannt, wo Atheisten / Agnostiker / Pantheisten, Menschen andrer Glaubensrichtungen bekämpft und umgebracht haben." Und das ist einfach historisch falsch. Im Namen des Atheismus fanden viele Tausend Morde statt - durch Kommunisten, durch Anarchisten, durch Sozialisten (Hebertisten).
Da Sie offenbar die Französische Revolution insgesamt befürworten, deren terroristische Auswüchse aber vermutlich nicht, halte ich es für angebracht, dass Sie diese Auswüchse schamhaft betrachten. Ich wiederhole: nicht, damit Sie sich selbst verachten. Sondern, um solche Fehler zu vermeiden.
Jochen Beck am Permanenter Link
Hallo Herr Schönecker,
ich bestehe darauf, dass ich es nicht nötig habe, mich für die Worte und Taten anderer Menschen zu schämen, um deren Fehler zu vermeiden. Die genannten Personen haben nicht einmal die gleiche Weltanschauung bekannt wie ich. Atheismus / Theismus sind keine Weltanschauungen sondern nur Bausteine darin. Ich vermute Sie haben diese Scham auch nicht nötig. Ihr Schamhaftigkeitswahn ist Ausdruck jener christlichen Demut, die sich auch in der Vorstellung zeigt, dass man sich vom Erfinder der grausamen Naturgesetze als armer Sünder abkanzeln lassen muss.
Von mir aus, müssen Sie sich nicht für den Hexenhammer und die spanische Konquista schämen. Gewiss viele Akteure der christlichen Kriminalgeschichte waren keine religiösen Autoritäten, denen Inspiration durch Gott zugeschrieben wurde. Aber die katholische Kirche nimmt dies für die Bibel, und für die Ausprägung der Glaubens- und Sittenlehre durch das kirchliche Lehramt, in Anspruch. Genau diese haben aber durch ihr inhumanes Gehalt sehr wohl die Steilvorlage für die christliche Kriminalgeschichte geliefert. Das habe ich hier bereits vor Jahren in meinem Kommentar zu Ricarda Hinzes Deschner-Film zu zeigen versucht:
https://hpd.de/node/10475
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Herr Beck!
Ich danke Ihnen dafür, dass Sie fair genug sind, mir dieselben Rechte zuzugestehen wie Ihnen selbst - was das "sich schämen Müssen" betrifft. Das trifft ja nicht auf alle Humanisten oder sonstigen Menschen zu, die hier posten.
Meine Schamhaftigkeit betrachte ich nicht als Wahn. Ich will nochmal versuchen zu zeigen, dass das, was ich unter "schämen" verstehe, eine ganz natürliche und nützliche Sache ist:
1) Ich bin ein Mann. Ich bin es gerne (obwohl ich es mir nicht selbst ausgesucht habe). Wenn ich aber betrachte, wie meine Geschlechtsgenossen über Jahrtausende Frauen behandelt habe, dann ist das zum Schämen. Meine Konsequenz: Weil das Unterdrücken von Frauen offenbar typisch männlich ist, achte ich besonders darauf, wie ich Frauen behandle. Z.B., indem ich keine frauenfeindlichen Witze erzähle.
2) Ich bin Österreicher und gehöre dem deutschen Kulturkreis an. Auch das bin gern, und bis zu einem gewissen Grad kann ich das sogar selbst entscheiden. Ich mag die deutsche Kultur, besonders in der Wiener Ausprägung. Ich weiß aber auch, welche Verbrechen im Namen des Deutschtums verübt worden sind. ("Am deutschen Wesen ...") Das ist zum Schämen - weil es meine Kultur betrifft. Und weil Nationalismus im Allgemeinen und deutscher Nationalismus im Besonderen offenbar im Menschen drinstecken, deshalb achte ich sorgfältigst darauf, jede Deutschtümelei zu vermeiden. Z.B., indem ich andere Kulturen und deren Wert kennenlerne.
3) Ich bin Katholik. Das bin ich besonders gerne. Und weil ich die Geschichte meiner Kirche kenne, schäme ich mich auch manchmal dafür (auch für manche Bibelstellen). Und weil ich also die Gefahren kenne, die der Glaubenseifer mit sich bringt, achte ich besonders darauf, dass mein Glaubenseifer nicht zum Fanatismus wird. Z.B., indem ich den Buddhismus studiere und manches an ihm schätze.
Ähnliches würde ich mir von Atheisten bzgl. ihres Atheismus wünschen.
Die Vehemenz, mit der von manchen Kommentatoren hier jeder Zusammenhang zwischen Atheismus und den Verbrechen atheistischer Ideologien geleugnet wird, erschreckt mich. Ich befürchte, dass sie dadurch blind werden für die Gefahren ihrer eigenen Geisteshaltungen. Merke: Auch "Bausteine" sind gefährlich!
Wer glaubt, dass die eigene Weltanschauung (inkl. Humanismus oder Katholizismus) völlig frei ist von der Gefahr, in Fanatismus abzurutschen, der ist auf dem Holzweg. Die Verbrechen von Gesinnungsgenossen zu betrachten und sich dabei zu schämen, kann hier hilfreich korrigieren. Stattdessen zu rufen "Das hat ja nichts mit mir zu tun!", das korrigiert und hilft hingegen gar nicht.
Thomas am Permanenter Link
"Die Vehemenz, mit der von manchen Kommentatoren hier jeder Zusammenhang zwischen Atheismus und den Verbrechen atheistischer Ideologien geleugnet wird, erschreckt mich."
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Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Thomas!
"Die Beseitigung der Religionen ist also von allen ethischen Erfordernissen das mit Abstand wichtigste."
- Und genau hier kann (kann!) es gefährlich werden!
Bekanntlich ist kurzfristiges Leid (um Ihr ethisches Hauptkriterium zu verwenden, das notabene nicht meines ist) oft notwendig, um mehr langfristiges Leid zu verhindern. Z.B. bei Schutzimpfungen, bei körperlichem oder geistigem Training, in der Erziehung.
Das kann auch gegen den Willen des Individuums geschehen. Ich denke hier an Zwangseinweisungen bei psychiatrischen Erkrankungen.
Jetzt könnte ein Mensch durchaus auf die Idee kommen, zur Vermeidung künftigen Leides alle organisierten Religionen gesetzlich zu verbieten. Um die Selbstvernichtung der Menschheit zu verhindern, könnte es sogar geboten sein, dieses Gesetz gewaltsam umzusetzen.
Das hieße: Eine Verfolgung religiöser Amtsträger wäre genauso ethisch erlaubt oder sogar geboten wie eine Verfolgung gefährlicher Psychopathen (was ich ja nach Ihrer Meinung auch bin).
Dass ich nach Ihrer Ethik immerhin nicht in der Loire ertränkt würde, sondern wahrscheinlich "nur" interniert und ethisch umerzogen, ist mir ein geringer Trost.
Wenn Sie diese ethische Auffassung nicht vertreten, dann erklären Sie mir bitte den Fehler in der Logik meiner Darlegung. Hier die komplette Argumentation, ausgehend von Ihren (!) Prämissen, die Sie in diesem Forum bereits großteils so dargestellt haben:
1) Religion verursacht Leid (Anm.: Gemeint ist hier immer organisierte Religion)
2) Religion ihrerseits wird von deren Amtsträgern künstlich am "Leben" erhalten
3) Religion entspricht keiner Wirklichkeit und ist deshalb entbehrlich
4) Religion soll also beseitigt werden
5) Am schnellsten kann Religion beseitigt werden, indem man ihre Amtsträger beseitigt
6) Das Leid, das durch die Beseitigung der Amtsträger verursacht wird, ist langfristig kleiner als das Leid, das durch die Religion verursacht wird
7) Deshalb wirkt die Beseitigung der Amtsträger insgesamt leidvermindernd
8) Deshalb ist es ethisch geboten, religiöse Amtsträger zu beseitigen
9) Religiöse Amtsträger sollen ähnlich wie gemeingefährliche Geisteskranke oder wie gemeingefährliche Verbrecher behandelt werden, weil sie eines von beiden sind.
Über den Punkt fünf kann man natürlich spekulieren. Er stammt auch nicht von Ihnen. Aber falls er zutrifft (was keine Frage der Ethik ist), dann ist das doch alles einleuchtend, oder?
Wenn Sie also mit meiner Darstellung übereinstimmen, dann erklären Sie mir bitte den Unterschied zum Leninismus oder Stalinismus. Und zwar den Unterschied in der Praxis, nicht in der dahinterstehenden Ideologie.
Es ist mir nämlich relativ egal, ob ich wegen der Machtgier eines Diktators oder der ethischen Überzeugung eines Humanisten eingesperrt werde, nur weil ich Katholischer Priester bin.
Thomas am Permanenter Link
""Die Beseitigung der Religionen ist also von allen ethischen Erfordernissen das mit Abstand wichtigste.""
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"Und genau hier kann (kann!) es gefährlich werden!"
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"Bekanntlich ist kurzfristiges Leid (um Ihr ethisches Hauptkriterium zu verwenden, das notabene nicht meines ist) oft notwendig, um mehr langfristiges Leid zu verhindern. Z.B. bei Schutzimpfungen, bei körperlichem oder geistigem Training, in der Erziehung."
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Moralität ist nun mal kein quasi-mathematisches "Leidsubtraktionsverfahren", und das persönliche "Leidmanagement" wird naturgemäß weitgehend von subjektiven Kriterien bestimmt. Ein rationaler Mensch berücksichtigt dabei allerdings psychologische Gesetzmäßigkeiten, soweit sie auf ihn zutreffen, denn es ist ihm bewußt, daß Selbstschädigungen auch Fremdschädigungen zur Folge haben können.
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"Das kann auch gegen den Willen des Individuums geschehen."
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SOLLTE es aber nicht, wenn es sich nur irgendwie vermeiden läßt, und es WIRD sich umso besser vermeiden lassen, je rationaler und moralischer die Menschen werden.
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"Jetzt könnte ein Mensch durchaus auf die Idee kommen, zur Vermeidung künftigen Leides alle organisierten Religionen gesetzlich zu verbieten."
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Ihrer Natur entsprechend kann und soll Ethik ausschließlich der individuellen Verhaltenssteuerung dienen, und Individuen sind nicht in der Position, irgendetwas gesetzlich zu verbieten. Noch dazu haben Verbote nichts mit Ethik zu tun, weil sie Gehorsam, also antimoralisches Verhalten erzwingen sollen.
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"Hier die komplette Argumentation, ausgehend von Ihren (!) Prämissen, die Sie in diesem Forum bereits großteils so dargestellt haben:"
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Wiederum zeigt sich, daß Sie so gut wie GAR NICHTS von dem verstanden haben, was ich Ihnen mit gewaltigem Aufwand nahezubringen versuche, seit wir das erste Mal "aneinander geraten" sind. Das ist wirklich deprimierend!
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"1) Religion verursacht Leid (Anm.: Gemeint ist hier immer organisierte Religion)"
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NEIN, gemeint ist JEGLICHER Irrationalismus EINSCHLIESSLICH der Religionen, die seine Trojanischen Pferde sind und mit ihrer anti-ethischen Wirkung Menschen dazu gebracht haben, die Erde zu jenem grauenvollen Ort zu machen, der sie ist.
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"2) Religion ihrerseits wird von deren Amtsträgern künstlich am "Leben" erhalten"
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Religion wird von ALLEN am Leben erhalten, die nicht aktiv gegen den Irrationalismus vorgehen oder gar andere Menschen religiotisieren, also vermutlich von kaum weniger als der gesamten Weltbevölkerung. Religiöse "Amtsträger" nehmen lediglich insofern eine Sonderstellung ein, als sie privilegierten Zugriff auf besonders viele Gehirne haben, den sie auch noch in verbrecherischer Schamlosigkeit ausnutzen.
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"3) Religion entspricht keiner Wirklichkeit und ist deshalb entbehrlich"
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Etwas euphemistisch formuliert, aber das lasse ich jetzt mal so stehen.
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"4) Religion soll also beseitigt werden"
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Sie MUSS beseitigt werden, wenn sich die Menschheit ethisch entwickeln soll, und das ist im Interesse aller leidensfähigen Wesen.
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"5) Am schnellsten kann Religion beseitigt werden, indem man ihre Amtsträger beseitigt"
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Siehe 2)! Außerdem wäre das antimoralisch, weil es Lebensinteressen vorsätzlich und zwanglos mißachtet. - Kommentare zum Rest Ihres Postings erübrigen sich.
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"Was hielten Sie denn von einer Religion, deren Gebot lautet: "Tu das, was nach möglichst gründlicher Analyse der gegebenen Umstände am besten geeignet erscheint, den Interessen möglichst aller von einer Handlung oder Unterlassung betroffenen Wesen nach dem ethischen Gleichheitsgrundsatz leidvermeidend gerecht zu werden" ?"
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Abgesehen davon, daß auch GEbote nichts mit Ethik zu tun haben, wäre selbst eine solche Religion nicht zu akzeptieren, denn die Unvereinbarkeit von religiöser Normativität und Ethik ist LOGISCH-ABSOLUT! Bitte erinnern Sie sich:
Frage: Warum tust du x?
Religiot: Weil "Gott" es will.
Hier ist x eine antimoralische Handlung, weil sie aus einem vorsätzlichen Verzicht auf ethische Reflexion (also dem Erkennen und Abwägen von Leidensfähigkeiten und den mit ihnen verbundenen Interessen nach dem Gleichheitsgrundsatz) erwächst. Der Religiot müßte x auch dann tun, wenn es schwerstes Leid zur Folge hätte. Für einen Moralisten wäre das ausgeschlossen.
Frage: Warum tust du x?
Moralist: Weil es meinen Interessen dient, während es sie leidvermeidend nach dem Gleichheitsgrundsatz mit denen jener empfindungsfähigen Wesen in Ausgleich bringt, die von meiner Handlung direkt oder indirekt betroffen sind.
Hier ist x eine moralische Handlung, die in all ihren Aspekten geprüft und zur Optimierung moralischen Verhaltens herangezogen werden kann. Der Moralist müßte x auch dann tun, wenn es dem Willen irgendeines Gottes widerspräche. Für einen Religioten wäre das ausgeschlossen.
Fazit: Eine Handlung oder Unterlassung kann nur entweder religiös, oder ethisch motiviert sein.
Deskriptive Ableitung: Keine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung ist JEMALS moralisch.
Normative Ableitung 1: Religiös motiviertes Verhalten ist wegen seines antimoralischen Charakters und seiner teleologischen Willkür prinzipiell unakzeptabel.
Normative Ableitung 2: Da religös motiviertes Verhalten untrennbar mit religiösem Denken verbunden ist, kann auch dieses Denken nicht akzeptiert werden.
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"Haben Sie sich schon einmal mit dem Jainismus beschäftigt?"
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Siehe https://hpd.de/artikel/palitana-erste-vegetarische-stadt-welt-14493 und https://hpd.de/artikel/toleranz-oder-rassismus-13076.
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"Es ist auch möglich, als Christ jede Handlung dem Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" unterzuordnen"
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Liebe ist ein innerer Zustand und KEINE ETHISCHE KATEGORIE! Es ist also vollkommen gleichgültig, ob man sich selbst oder Andere liebt oder haßt, während man sich nach möglichst gründlicher ethischer Reflexion moralisch verhält.
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"Es ist möglich, dass ein gläubiger Mensch aufgrund seines Glaubens (!) exakt so handelt, wie Sie es als ethisches Ideal beschreiben."
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Wer wollte das leugnen? Allerdings wäre es aufgrund der Beliebigkeit religiöser Überzeugungen reiner Zufall, und DER ZUFALL IST NIEMALS MORALISCH!
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"Umgekehrt ist es möglich, dass ein Atheist sich eine Ethik zurechtlegt und diese auch philosophisch begründet, aufgrund derer er völlig anders handelt (man betrachte z.B. die Ethik Friedrich Nietzsches)."
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Was Nietzsche entworfen hat, mag ein normatives System sein, aber es ist KEINE ETHIK, denn die soll ja nicht IRGENDWELCHEN Zwecken dienen, sondern der Leidvermeidung nach dem Gleichheitsgrundsatz, weil das nun mal dem zentralen Interesse aller empfindungsfähigen Wesen entspricht. Siehe auch hier (zum mindestens zweiten Mal): http://tr63.alfahosting.org/f/at.htm
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"Ob sich ein Mensch aufgrund seines Glaubens oder aufgrund einer rein philosophischen Ethik anständig verhält, ist mir offen gestanden völlig einerlei."
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Auf die katastrophale ethische Unbedarftheit von Bemerkungen wie dieser gehe ich unter dem Artikel über Herrn Mansour ein. Ich hoffe sehr, Sie können sich endlich zu einer korrekten Verarbeitung meiner Gedanken durchringen, denn noch scheint in Ihrem Kopf nahezu vollständige Desorientierung darüber zu herrschen. Im Grunde kann ich mich auch nur noch wiederholen, und das ist sehr ermüdend.
Thomas am Permanenter Link
"Ich will ja auch nicht mit Moslems in einen Topf geworfen werden, nur weil die auch Theisten sind."
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Gondel am Permanenter Link
Also Herr Schönecker ich bitte Sie, das ist jetzt aber wirklich Kindergartenniveau, offensichtlich ausgelöst durch eine glaubensbedingte Denkblockade, den Begriff Atheismus zu kapieren.
Also nochmal von vorn: Alle diese Ideologien einschließlich der Ihrigen haben ein gemeinsames Ziel: Die Geistesarmut der Menschen auszubeuten, um die Macht- und Besitzgier sowie die vorwiegend christliche Prunksucht ihrer Führungseliten samt ihrer Teilhaber zu befriedigen.
Auch besteht in der Entstehung weitgehende Deckungsgleichheit: Die eine, als die alten Kulturen aus der zeitbedingten Unwissenheit mit den hilflosen Mitteln der Religionen versuchten, den Unbilden der Natur beizukommen, und die andere erwuchs, als die Menschen genötigt waren, den Unbilden des Zarenreiches beizukommen, mit ähnlich katastrophalen Folgen. Das Einzige was beide unterscheidet ist, dass die eine das Paradies im Himmel verspricht, was also mehr im Bereich der pathologischen Befunde angesiedelt ist, und die andere das Paradies auf Erden, zwar absolut unerfüllbar, aber immerhin theoretisch wenigstens noch denkbar.
Stalin selbst war gläubig, nach Aussagen seiner Schwester selbst in späteren Jahren noch.
Die jungen Sowjets sahen in den Orthodoxen die Verbündeten des Zarentums und somit der ausbeutenden Klasse, was sie ja auch waren. Dass es unter ihnen auch viele Opfer gab ist vor allem ihrem extrem hohen Bevölkerungsanteil geschuldet. Atheistische Weltanschaungsgründe spielten dabei ÜBERHAUPT KEINE Rolle, es wird Ihnen kaum möglich sein, auch nur ein einziges weltanschaulich atheistisch begründetes Opfer nachzuweisen. Außerdem waren die Opfer an ehrlichen Kommunisten, sonstigen Andersdenkenden, ethnischen Minderheiten usw. viel größer.
Es gab KEINE Aufnahmebedingung in die KPdSU, die von den Mitgliedern Atheismus forderte.
Religion sollte nur nicht verallgemeinert werden im Sinne eines Bestandteiles der marx.-lenin.
Parteitheorie.
Und so ähnlich setzte es sich fort mit Mao, dem großen Vorbild für Pol Pot, der erst mal den Feudalismus zu beseitigen hatte usw..
Es handelt sich also unmissverständlich um Quasi-Religionen, und dass Sie Atheisten einreden wollen, sich für derartige religionsgleiche Gebilde schämen zu müssen, ist geradezu eine Unverschämtheit.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Gondel!
Ich nehme den Begriff "atheistisch" weiterhin wörtlich, auch wenn Ihnen das nicht gefällt: a-theos, also: kein Gott. So verwenden ihn fast alle Menschen.
Wenn ich die Abwesenheit jeglicher Ideolgie bezeichnen will, dann steht mir der Begriff "ideologiefrei" zur Verfügung.
Wenn Herr Helbling oder sonstwer aber von "Atheisten" spricht, dann nehme ich an, dass er genau das meint, was er sagt: Menschen, die an keinen Gott glauben. Und weder Stalin noch Stalinismus, weder Mao noch Maoismus, weder Kommunismus noch Sozialismus sind Götter. Ein Gott ist ein kultisch verehrtes transzendentes Wesen.
Es gab in der Geschichte einige atheistische Ideologien. (Ich wiederhole: Dass diese naturgemäß ideologisch strukturiert waren und in dieser speziellen Hinsicht manchen Religionen ähnlich, macht sie nicht zu Theismen.) Einige dieser atheistischen Ideologien kamen in manchen Ländern an die Macht. Und fast alle davon begannen ein mörderischen Regime und vertrieben oder ermordeten nach Möglichkeit alle Anhänger anderer Ideologien. Mir fällt momentan keine Ausnahme ein.
Wenn eine andere Ideologie (z.B. in der UdSSR die orthodoxe Kirche) zu stark war, dann wurde sie infiltriert und zur Zusammenarbeit gezwungen. Manchmal gelang das. In China gelang es nur zum Teil. Dort gibt es bis heute die staatlich anerkannte Katholische Kirche (von der Kommunistischen Partei beherrscht) und die romtreue Untergrundkirche, die als staatsfeindlich eingestuft und entsprechend tödlich verfolgt wurde und wird.
Es ist also eine historische Tatsache, dass im Namen atheistischer Ideologien Gottgläubige (als Anhänger anderer Ideologien) gezielt verfolgt und ermordet wurden. Dass diese Morde von den Anführern der atheistischen Ideologien (Mao, Pol Pot, Stalin) angeordnet wurden, um ihre eigene Macht zu festigen, das habe ich in meinem vorigen Posting bereits geschrieben. Bei vielen Anhängern, die die Morde durchgeführt haben, vermute ich - neben Angst um das eigene Überleben in einem Terrorregime - simplen blinden Hass auf "die anderen". Das gilt für die Morde in der Vendee; für Morde von Anarchisten an Geistlichen in Spanien 1936/37; für "Säuberungen" in Russland.
Zu Russland bringe ich ein Zitat aus dem Wikipedia-Artikel zu Lenin:
"So äußerte sich Lenin in einem Brief an das Politbüro vom 19. März 1922 bezüglich des Vorgehens in der Stadt Schuja, wo es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Soldaten, die Kirchenbesitz einziehen sollten, und Gläubigen gekommen war, folgendermaßen:
„Jetzt, und nur jetzt bei all den ausgehungerten, sich von Menschenfleisch ernährenden Leuten und den mit Hunderten, Tausenden von Leichen übersäten Straßen können (und müssen) wir mit energischem Eifer und ohne Erbarmen den Kirchenbesitz konfiszieren. Genau jetzt und nur jetzt ist der Augenblick, die Priester der Schwarzen Hundert niederzumachen, und zwar mit einer solchen Entschiedenheit, Erbarmungslosigkeit und Brutalität, dass sie sich noch jahrzehntelang daran erinnern werden.“
„Je mehr Vertreter des reaktionären Priesterstands und der reaktionären Bourgeoisie an die Wand gestellt werden, desto besser für uns. Wir müssen all diesen Leuten unverzüglich eine solche Lektion erteilen, daß sie auf Jahrzehnte hinaus nicht mehr an irgendwelchen Widerstand denken werden“. Dieses Vorgehen führte im ganzen sowjetischen Staatsgebiet zu staatlich gelenkten Pogromen gegen Gläubige, Priester und religiöse Einrichtungen."
Verfolgt (bis zur Ermordung) wurden aber auch katholische, muslimische und jüdische Minderheiten. Hierfür gibt es keinen rational-politischen Grund, im Sinne von "sie sind uns gefährlich". Nur einen ideologischen: Sie sind religiös, verehren Gott, sind also Feinde des kommunistisch-atheistischen Staates.
Zum Thema "Schämen" lesen Sie bitte meine Antwort auf Jochen Becks Posting, ein kleines Stückchen weiter oben.
Gondel am Permanenter Link
S.g. Herr Schönecker,
Ich empfehle Ihnen, sich die Beiträge von Thomas noch einmal anzusehen, auch unter dem Artikel >>"Alternative Fakten" ist Unwort des Jahres<<, er kann das alles viel fundierter erklären.
Und Stalin und Mao sind die untranszendenten Pendants zu Ihrem Barmherzigen, ein Kim Il Sung war dabei sogar noch viel erfolgreicher als Ihr Herr Jesus, denn er brachte sein Volk bereits in seinen Lebzeiten zu der Überzeugung, bereits im Paradies zu leben. Oder sind die Genannten ihrer Meinung nach etwa unkultisch verehrte Wesen?
Ihren Terminus "atheistische Ideologie" werte ich als Wunschgedanken-gesteuerte Fehlbezeichnung, in deren angeblichem "Namen" sowieso überhaupt nichts passierte.
Die Ideologie unter Lenin/Stalin war eine kommunistische, der philosophische Hintergrund der Dialektische Materialismus. Alles was zur Zeit der Säuberungen an Gewalt geschah, geschah aus rein machttaktischen Gründen, die Gottesfrage lag überhaupt nie auf der Tagesordnung.
Und die Haupttaktik war die brutalstmögliche Verbreitung von Angst und Schrecken, vor allem in den eigenen Reihen, das hatten sich die Herren Trotzki, Lenin und Stalin schon ganz genau von dem frommen, alttestamentarisch inspirierten Iwan dem Schrecklichen abgeschaut.
Die Enteignungen der Besitzenden war Grundlage des Gelingens der Revolution, was Sie da anführen, ist zwar erwähnenswert, einzuordnen aber unter "ferner liefen". Schon allein die Enteignung der Bauern und die Vergabe des Landes an die neuen Besitzer hatte Millionen Hungertote zur Folge.
Es ist schon zynisch, dass für Sie bei diesem Gesamtvolumen an Getöteten, Verhungerten, brutal Enteigneten, Vertriebenen und Verschleppten scheinbar nur die besitzenden Orthodoxen einer Nachbetrachtung würdig sind.
Die grausamsten jemals an der Menschheit verübten Verbrechen sollten mit dem Umsichgreifen des Faschismus erst noch folgen und wurden von Katholiken begangen..
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Gondel!
Aus Ihrem Traktat über die Bedeutung werde ich nicht recht schlau.
Ich habe Atheisten so definiert: "Menschen, die an keinen Gott glauben."
Sie sehen das offenbar ebenso. Wo ist also Ihr Problem?
"Alles was zur Zeit der Säuberungen an Gewalt geschah, geschah aus rein machttaktischen Gründen, die Gottesfrage lag überhaupt nie auf der Tagesordnung."
- Wenn ich dasselbe über die Kreuzzüge oder die Inquisition schriebe, dann hielten Sie mir sicher historische Betriebsblindheit vor. Und zwar zurecht.
Belegende Zitate für den vorsätzlichen und gezielten Mord an Kirchenvertretern habe ich Ihnen gebracht. Sie zu ignorieren ist nicht gerade seriös.
Dass Machterhalt für Diktatoren immer auch eine Rolle gespielt hat, habe ich ohnehin schon mehrmals geschrieben. Aber würden Sie schreiben, Pizarros Verbrechen geschahen "aus rein machttaktischen Gründen, die Gottesfrage lag überhaupt nie auf der Tagesordnung"? Nein? Warum tun Sie das dann bei Lenin, Mao und Pol Pot?
"Es ist schon zynisch, dass für Sie bei diesem Gesamtvolumen an Getöteten, Verhungerten, brutal Enteigneten, Vertriebenen und Verschleppten scheinbar nur die besitzenden Orthodoxen einer Nachbetrachtung würdig sind."
- Natürlich sind alle Getöteten und sonstwie Entrechteten gleich wichtig. Aber das Thema ist nun mal "Verbrechen aus atheistischen Motiven" und nicht "Verbrechen aus Machtgier" oder "Verbrechen aus wirtschaftlicher Unfähigkeit". Deshalb habe ich mich auf die Morde konzentriert, die offenbar das Ziel hatten, den Glauben an Gott aus der Gesellschaft zu verbannen.
Gondel am Permanenter Link
S.g. Herr Schönecker,
das Problem liegt darin, dass Sie Atheisten immer unterstellen, zu glauben.
Was stellen Sie sich eigentlich unter einer Revolution zumal unter den damaligen russischen Bedingungen vor, so etwas ähnliches wie ein Kindergeburtstag, wo alles Friede-Freude-Tralala abgeht? Und sind Sie nicht mal in der Lage, Ihr eigenes Zitat zu deuten? Es handelt sich hier doch wohl in erster Linie um - kurz gesagt - Widerständler gegenüber staatlichen Maßnahmen, die Kirchenzugehörigkeit ist eher zweitrangig. Und wo bitte habe ich gegenüber Ihrer Fehlgewichtung etwas ignoriert? Eher demontieren Sie doch gerade selbst Ihre Einbildung des netten, zugeständnisfreudigen Katholiken von nebenan, indem Sie ausgerechnet für die Schwarze Hundert Partei ergreifen.
Rechnen Sie zu "im Namen des Atheismus" auch die weitaus größeren Opferzahlen, die in den eigenen Reihen angerichtet wurden, dass z.B. täglich 1000 Spione "enttarnt" und an die Wand gestellt werden mussten, wurde diese Zahl nicht erreicht, wurde der Verantwortliche sofort mit dazu gestellt. Das ging so lange, bis kaum noch Kader zur Verfügung standen, um das Land zu verwalten, und man genötigt war, diese Aktion einzuschränken. Selbst unzählige in die Sowjetunion emigrierte ausländische Kommunisten blieben davon nicht verschont.
Natürlich war die Unvereinbarkeit von Religion und Dialektischem Materialismus Gegenstand Marx'scher und Lenin'scher Betrachtungen, aber nicht Bestandteil des Parteiprogramms oder des Kommunistischen Manifestes.
Die Parteimitgliedschaft wurde hingegen dezidiert für Religiöse und Gottesgläubige offen gehalten, Lenin war der Überzeugung, dass sich mit Fortschreiten des Kommunismus jedweder Irrglaube von selbst erledigt.
Ihre "Morde, die das Ziel hatten, den Glauben aus der Gesellschaft zu verbannen" bleiben hochmehrheitlich ein Fake.
Aber es sei Ihnen zugestanden, glauben Sie ruhig weiter, ein Pol Pot habe seine eigenen Unterstützer "im Namen des Atheismus" massenhaft gefoltert und niedergemetzelt.
Zu Pizarro lesen Sie bitte den Beitrag von Thomas vom 29.03. 5:32
Werner Helbling am Permanenter Link
Als kath. getaufter Erdenbürger bin ich zum 100 % überzeugten Atheisten, Pantheisten und Pazifisten mutiert.
Und was daraus die Menschheit fertig gebracht hat in den letzten runden dreitausend Jahren, ist nun wirklich schlicht und einfach beschämend.
Über die weltweite Politik kann man sich nur ärgern. Überall tauchen neue «Adolf Hitler» Figuren auf. Politiker, die zumeist einer Religion angehörig sind. Die sich vereidigen lassen mit dem Slogan: «So Gott mir helfe». Wenn es schief geht, hat Gott die Schuld! Sogar Putin, lässt sich im Beisein der höchsten orthodoxen Kirchenfürsten, beim bekreuzigen und beten ablichten und filmen. Auch ein (Schein-) Heiliger. Ob er in seiner kommunistischen Erziehungszeit Religionsunterricht besucht hat, entzieht sich meinem Kenntnisstand.
Man rüstet gegenseitig mit «kleinen Atombomben» auf, mit einer Wirkung wie seinerzeit in Japan.
Städte mit 60 – 100'000 Personen kann man damit gut auf einen Schlag auslöschen, eine Kleinigkeit für diese paar Machtmenschen.
Vor den jetzt vorrätigen Atom- und Wasserstoffbomber haben sogar diese Vollidioten Angst, weil sie befürchten, damit sich selber zu vernichten. Runde sieben Milliarden Menschen werden damit verängstigt, unterdrückt und manipuliert.
Waffenarsenale sind vorhanden, man könnte jeden einzelnen Erdenbürger hundert- ja tausendmal umbringen.
Seit 50 Jahren hat sich die Erdbevölkerung verdoppelt. Seit gut hundert Jahre sogar verfünffacht. Sie explodiert buchstäblich!
Und unsere abrahamischen Religionen (Juden / Christen / Islam) verbieten nach wie vor die Verhütung. Nach dem Motto: «liebet und vermehret euch», statt: «liebet und vermehret euch nicht»!!!!! Ganz wie nach Gotteswort befohlen?
Die Menschheit ist leider nicht lernfähig. Sie vernichtet ihre ureigenste Existenz langsam aber sicher selber.
Die Dummheit, Machthunger, Arroganz und Gier ist leider auf dieser Erde hunderttausendfach mehr verbreitet, als Intelligenz und zukunftsträchtiges, vernünftiges Handeln.
Viele intelligente Personen, namentlich der kürzlich verstorbene Physiker Stephen Hawking, gehen davon aus, wenn die Erdbevölkerung nicht sehr, sehr rasch handelt, ist die Erde in 100 bis max. 200 Jahren für den Menschen nicht mehr bewohnbar. Tolle Aussichten für unsere nachfolgenden Generationen!? Darauf soll ich stolz sein? Nein, ich schäme mich!
Da bin ich direkt dankbar, dass ich als ungläubiger Erdenbürger diesen wunderschönen Erdball vorher verlassen darf.
Thomas am Permanenter Link
Soweit ich weiß, haben Marx und Engels niemals zu Gewalt gegen religiöse Menschen aufgerufen. Die genannten Verbrechen der genannten Herren und ihrer Regime kann man ihnen, bzw.
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Zwischen den Religionen und dem Atheismus gibt es einen schwerwiegenden Unterschied, den Religiöse gern ignorieren: Während alle Religionen mit normativen Systemen verbunden sind, die (leider nicht nur) von ihren Anhängern notorisch mit Ethik verwechselt und für besonders unentbehrlich gehalten werden, ist der (explizite) Atheismus eine rein deskriptive Position. Aus der Zurückweisung von Gottesbehauptungen als beliebig oder falsch folgt nämlich absolut nichts Normatives. Kurzum: Religioten verhalten sich antimoralisch, WEIL sie Religioten sind. Atheisten verhalten sich antimoralisch, WÄHREND sie Atheisten sind.
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Alle (mir bekannten) "atheistischen" Großverbrecher sind religiös sozialisiert worden und daher ohne ethische Erziehung aufgewachsen. Natürlich weicht die entsprechende Wüste im Kopf nicht allein dadurch ethischer "Erleuchtung", daß man seine religiösen Wahnvorstellungen aufgibt. Zusätzlich muß ein Verständnis für die apokalyptischen Potenziale religiöser Normativität entwickelt werden, um eine vollständige Lösung von ihren Strukturen zu ermöglichen, bevor eine ethische Entwicklung überhaupt beginnen kann.
Gondel am Permanenter Link
Besser kann man es nicht formulieren!
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Thomas!
Nicht für alles, was Marxismus heißt, ist Marx verantwortlich. Genauso, wie nicht alles, was Darwinismus heißt, von Darwin verantwortet werden muss.
Lenin gilt als bedeutender Marxist, ob es Marx (oder Ihnen) gefällt oder nicht. Und von ihm stammt das Zitat:
"Je mehr Vertreter des reaktionären Priesterstands und der reaktionären Bourgeoisie an die Wand gestellt werden, desto besser für uns. Wir müssen all diesen Leuten unverzüglich eine solche Lektion erteilen, daß sie auf Jahrzehnte hinaus nicht mehr an irgendwelchen Widerstand denken werden." (aus: wikipedia, Lenin).
In diesem Zitat wird der ganze Priesterstand kollektiv als reaktionär dargestellt. Entsprechend fielen die Reaktionen (Pogrome) aus. Tausende Morde, zum Großteil an Unschuldigen.
Herr Helbling hat aber in seinem Posting die Behauptung aufgestellt: "Es sind mir keine Quellen bekannt, wo Atheisten / Agnostiker / Pantheisten, Menschen andrer Glaubensrichtungen bekämpft und umgebracht haben."
Und das stimmt einfach nicht. Es gab sogar tausende Morde mit dem ausdrücklichen Ziel, der atheistischen Ideologie zum Durchbruch zu verhelfen.
So wie der Darwinismus als Grundlage für pures Faustrecht verwendet werden kann, so kann auch der Atheismus als Grundlage für die Vernichtung aller Gläubigen verwendet werden. Keines von beiden ist zwingend. Aber beides ist schon geschehen.
Dann zu sagen (was Sie nicht tun, aber ich habe es schon gehört) "Das waren keine echten Atheisten, die haben den Atheismus falsch verstanden" ist genauso billig, wie zu sagen "Pizarro war kein echter Christ". Doch, er war ein Christ, so wie ich. Ich muss damit leben. Und Lenin, Pol Pot und Hebert waren Atheisten, so wie Sie (vermutlich). Damit müssen Sie leben. Und Werner Helbling muss es auch.
Thomas am Permanenter Link
"Nicht für alles, was Marxismus heißt, ist Marx verantwortlich. Genauso, wie nicht alles, was Darwinismus heißt, von Darwin verantwortet werden muss."
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"Lenin gilt als bedeutender Marxist,"
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Das mag in dem Sinne zutreffen, daß er mit Marx' Werken intim vertraut war und sich von ihnen "inspirieren" ließ, aber seine eigene und von deren Inhalten brutal abweichende Politik nenne ich LENINismus.
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"In diesem Zitat wird der ganze Priesterstand kollektiv als reaktionär dargestellt."
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...und das gewiß mit einiger Berechtigung. Allerdings folgt daraus keineswegs, daß man möglichst viele Pfaffen umbringen muß. Das Problem war nicht der Atheismus Lenins, sondern seine ethische Zurückgebliebenheit - zwei Elemente, die BERÜHRUNGSLOS NEBENEINANDER stehen. Und nun Obacht, lieber Herr Schönecker, OBACHT!: Im Gegensatz dazu sind die Religionen STRUKTURELL ANTI-ETHISCH, weil sie evidenzwidriges Glauben vermitteln (von dem eine permanente Gefahr für die Effizienz zielgerichteten Handelns ausgeht) und statt Ethik nur autoritäre normative Systeme vollkommen willkürlichen Inhalts (!!!->ex falso quodlibet<-!!!).
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""Das waren keine echten Atheisten, die haben den Atheismus falsch verstanden" ist genauso billig, wie zu sagen "Pizarro war kein echter Christ".Doch, er war ein Christ, so wie ich. Ich muss damit leben. Und Lenin, Pol Pot und Hebert waren Atheisten, so wie Sie (vermutlich). Damit müssen Sie leben."
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Kein Problem, denn die Tatsache, daß diese Herren Atheisten waren, ist für die ethische Beurteilung ihre Tuns ebenso irrelevant wie der Umstand, daß sie auch noch andere gerechtfertigte Überzeugungen hatten. Pizarro hingegen war ein Verbrecher, ->WEIL<- er Christ war und ->ALS SOLCHER<- kein moralischer Mensch sein ->KONNTE<-! Nehmen Sie ENDLICH zur Kenntnis, daß religiöse Normativität und Ethik in unauflöslichem Widerspruch zueinander stehen, während der Anti-Irrationalismus (und mit ihm der Atheismus) unabdingbare Voraussetzung der Ethik ist! Schließlich kann man nur ENTWEDER das tun, was man für religiös geboten hält (und das kann aufgrund der Beliebigkeit religiöser Überzeugungen AUSNAHMSLOS ALLES sein!), ODER das, was nach möglichst gründlicher Analyse der gegebenen Umstände am besten geeignet erscheint, den Interessen möglichst aller von einer Handlung oder Unterlassung betroffenen Wesen nach dem ethischen Gleichheitsgrundsatz leidvermeidend gerecht zu werden. Die Ethik steht übrigens auch deshalb in Konflikt mit dem Theismus, weil ein "allmächtiger" "Schöpfer des Universums" auch der Urheber sämtlichen Leides wäre und daher von ethisch denkenden Menschen als das extremstmögliche Gegenteil eines moralischen Wesens betrachtet werden muß. Daß Religioten ihn verehren können, ohne das als Selbstbeschmutzung wahrzunehmen, ist Symptom ihrer ethischen Orientierungslosigkeit.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Thomas!
Zum angeblichen Widerspruch zwischen Religion und Ethik:
Was hielten Sie denn von einer Religion, deren Gebot lautet: "Tu das, was nach möglichst gründlicher Analyse der gegebenen Umstände am besten geeignet erscheint, den Interessen möglichst aller von einer Handlung oder Unterlassung betroffenen Wesen nach dem ethischen Gleichheitsgrundsatz leidvermeidend gerecht zu werden" ?
Da Sie so oft die Leidvermeidung ins Zentrum rücken (was ich persönlich für eine Engführung halte): Die ist ein zentraler Punkt im Buddhismus.
Oder: Haben Sie sich schon einmal mit dem Jainismus beschäftigt? Der läuft in der Praxis exakt auf die von Ihnen beschriebene Ethik hinaus.
Es ist auch möglich, als Christ jede Handlung dem Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" unterzuordnen - hier haben wir den Gleichheitsgrundsatz. (Es ist zwar nicht zwingend, als Christ so zu handeln, aber es ist möglich und sogar naheliegend!)
Fazit: Es ist möglich, dass ein gläubiger Mensch aufgrund seines Glaubens (!) exakt so handelt, wie Sie es als ethisches Ideal beschreiben.
Umgekehrt ist es möglich, dass ein Atheist sich eine Ethik zurechtlegt und diese auch philosophisch begründet, aufgrund derer er völlig anders handelt (man betrachte z.B. die Ethik Friedrich Nietzsches).
Ob sich ein Mensch aufgrund seines Glaubens oder aufgrund einer rein philosophischen Ethik anständig verhält, ist mir offen gestanden völlig einerlei. Ich bin schließlich katholisch und schaue auf das, was Menschen tun.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Dass just Napoleon, der einer der effizientesten Massenmörder der Geschichte ist, in diesem Artikel für das Titelbild und die Überschrift ausgewählt worden ist, wirkt auf mich etwas befremdlich.
Zu einzelnen Zitaten oder deren (angeblichen) Urhebern:
Galielei:
Weder Galilei selbst noch dieses Zitat war atheistisch.
Goethe:
Auch Goethe war kein Atheist. Siehe weiter oben Jochen Beck am 19. März 2018 - 12:27.
Al-Ma'arri:
Ich seine Schriften nicht. Aber in diesem Zitat argumentiert er keineswegs mit der Intelligenz. Er argumentiert überhaupt nicht.
Diderot:
Dieses Zitat belegt, dass es im 18. Jahrhundert bereits Atheismus gab. Insofern passt es in diese Liste sinnvoll hinein.
Aber ein heutiger Humanist sollte sich doch schämen, solche Zitate bei seinen geistigen Ahnen zu finden.
(Ja, als Christ schäme ich mich auch für so manches Zitat einiger Kichenväter und auch einiger biblischer Schriftsteller. Und auch einiger heutiger Theologen. Das bestreite ich gar nicht.)
Insgesamt sehe ich in dieser Liste nur zwei atheistische Zitate, die aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert stammen (wie gesagt, Galilei zähle ich nicht mit). Allzu beeindruckend ist diese Ausbeute nicht.
Ralf Bülow am Permanenter Link
Sehr richtig. Wobei aber Napoleon die Titelzeile weder gesagt noch geschrieben hat.
Gondel am Permanenter Link
S.g. Herr Bülow,
auf die Gefahr hin, dass Sie auch das folgende Zitat zu korrigieren wissen, habe ich noch zwei dazu passende hinzugefügt:
"Ich bin umgeben von Priestern, die mir wieder und wieder versichern, dass ihr Reich nicht von dieser Welt sei, aber beständig ihre Hand nach allem ausstrecken, was sie greifen können."
Napoleon Bonaparte
"Sie kamen mit ihrer Religion, stahlen unser Land und zerstörten unsere Kultur, und wir sollen jetzt dem Herrn danken, dass wir gerettet wurden."
Pontiac, indianischer Krieger
"Als die Missionare hier eintrafen, hatten wir das Land und sie die Bibel. Dann brachten sie uns bei, mit geschlossenen Augen zu beten. Als wir unsere Augen wieder öffneten, hatten sie das Land und wir die Bibel."
Jomo Kenyatta, 1. Präsident des unabhängigen Kenias
Gondel am Permanenter Link
S.g. Herr Schönecker,
da scheint ja der Herr Goethe im Laufe seines Lebens noch eine erhebliche Reife erlangt zu haben:
"Ich glaubte an Gott und die Natur und den Sieg des Edlen über das Schlechte; aber das war den frommen Seelen nicht genug; ich sollte glauben, dass Drei Eins sei und Eins Drei; das aber widerstrebte dem Wahrheitsgefühl meiner Seele; auch sah ich nicht ein, dass mir damit auch nur im mindesten wäre geholfen gewesen."
"Es werden wohl noch zehntausend Jahre ins Land gehen, und das Märchen von Jesus Christus wird immer noch dafür sorgen, dass keiner so richtig zur Vernunft kommt."
"Willst du zum Gotte machen solch ein Jammerbild vom Holze?"
"Es ist gar viel Dummes in den Satzungen der Kirche. Aber sie will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe und reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen."
Zur Auflockerung würde ich Ihnen ganz gern einen Vorschlag machen: Sie bringen ein Zitat aus Ihrem Fundus, und ich setze dann eines aus dem meinigen dagegen, und ggf. könnte ja korrigiert werden. Machen Sie mit?
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Gondel!
Ein Zitat bringe ich gerne.
Ich entscheide mich für das folgende:
"Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Wie könnt' die Sonne es erblicken?
Wär nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt' uns Göttliches entzücken?"
Viele weitere Zitate und Informationen bietet folgender Essay Ursula Homanns:
http://www.ursulahomann.de/GoetheUndDieReligion/komplett.html
Ihre Zitate, Herr Gondel, belegen durchaus treffend, dass Goethe kein Christ im dogmatischen Sinn der Großkirchen war. Das macht ihn aber nicht zwingend zum Atheisten. Wie Jochen Beck oben ausgeführt hat (und auch bei Homann durch ein Zitat belegt ist: Kapitel "Vielschichtigkeit", zweiter Absatz), war er je nach Umständen Polytheist, Pantheist oder Theist.
Gondel am Permanenter Link
S.g. Herr Schönecker,
das wirft aber die Frage nach der Ernsthaftigkeit einer solchen Aussage auf, weist sie
ansonsten doch eher auf die Verbiegungsfähigkeit derartiger Ideologien hin.
Mich schuf kein Schöpfergott,
kein Weltengeist.
Ich bin ein Zufallsmensch,
ein evolutionärer.
Nur trägt sich dieses Wissen weitaus schwerer,
als wenn mich jemand
ein Kind Gottes heißt.
Denn so muss ich
dem blinden Zufallsleben
erst einen Sinn, den es
aus solcher Sicht nicht hat,
allein verantwortlich
an Gottes eigner statt
nach eigenem Ermessen
selber geben.
Das fordert mich!
Die große Daseinsfrage
wird täglich neu
und sehr real gestellt,
und ihre Antwort kommt
allein von dieser Welt
und nicht aus einem Jenseits
fern und vage.
Warum ich lebe?
Weil ein MENSCH ich bin
geworfen in die
Zufallsspanne Zeit,
um einzig sie zu fülln
mit MENSCHLICHKEIT.
Das ist, so meine ich,
der Sinn,
warum ich bin.
Rainer am Permanenter Link
Hm ... ich bin Pantheist (nicht Atheist!).
Ich vermute (empfinde), das Religiöse hat etwas Zwangsläufiges für ein Wesen, das evolutiv ein Bewusstsein seiner Endlichkeit erlangt hat.
Judentum, Christentum, Islam scheinen mir nicht als Religion, sondern als macht-orientierte Instrumentalisierungen des Religiösen.