Berlin/Bayern

Oktoberfest auf dem Potsdamer Platz: Nicht weniger als Blasphemie!

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Symbolbild

Dass sich das preußische Partyvolk alljährlich im Berliner Hofbräu-Wirtshaus zu einem sogenannten "Oktoberfest" zusammenrottet, bereitet der bayerischen Intelligentsia seit jeher gewisse Bauchschschmerzen. Mit dem derzeit stattfindenden Oktoberfest auf dem Potsdamer Platz in Berlin allerdings ist die Maß endgültig voll – und Bayern stellt Strafantrag wegen Gotteslästerung.

"Diese Verhohnepiepelung unserer Kultur und unseres Glaubens ist eine amtliche Frechheit", poltert der religions- und suchtpolitische Sprecher der CSU-Kreisfraktion Uttenreuth, Franz Klöttenbauer, beim Anstich des einzig wahren ersten Fasses. "Die erneuten Rekordzahlen am ersten Festtag sowie die tsunamiähnlichen Menschenmassen, die sich in frenetischem Eifer auf das Hofbräuzelt zuschoben, sprechen da eine ganz eindeutige Sprache: Gott hat Bayern das Oktoberfest geschenkt, weil nur wir dieser heiligsten aller Messen den nötigen Respekt erweisen. Was sind das überhaupt für Lederhosen – die sind schwarz-glänzend und haben je vorne und hinten ein Loch! Was Berlin da treibt, ist blanke Häresie!"

Nach einem kurzen Moment der Stille brandet wilder Applaus im Bierzelt auf und es kommt zu einem Handgemenge mit der Kellnerin, die verzweifelt versucht, ihr Dirndl auf Halbmast zu wahren, während drei Dutzend gierige Griffel nach den auf ihren Brüsten abgestellten Bierkrügen greifen. Irgendwo in der zweiten Reihe nuschelt Markus Söder derweil in seine – insgeheim mit Alkoholfreiem gefüllte – Maß: "Endlich sagts mal einer..."

Nach der anschließenden standesgemäßen Verehrung des einzig wahren Gottes, des heiligen Promill, durch unrhythmisches Schunkeln, einige unzüchtige Bemerkungen in Richtung einer Kellnerin, die verdächtig nach Migrationserfahrung aussieht, sowie das dreimalige rituelle Begießen der örtlichen Begrünung mit feinstem Hochgewürgtem wankt man langsam aber selbstzufrieden auf die Rückbank der steuerfinanzierten Limousine zu.

Die letzte Nacht noch in den Knochen findet sich Klöttenbauer am nächsten Tag mit einer illustren Riege aus der bayerischen Kommunalpolitik im Schlepptau bei der Rechtsabteilung der Staatskanzlei ein. Nichts als Verständnis soll den Abgesandten des Allerhochprozentigsten dort entgegengeschlagen sein, weiß der hpd aus gut abgefüllten Quellen: "Nur weil Gras neuerdings legal ist, fangen wir in Bayern ja auch nicht auf jeder verdammten Grünfläche zu kiffen an", zitiert unser Maulwurf eine zum Schutze ihrer Person nicht namentlich genannte Rechtsreferendarin.

Der erste Verhandlungstag des Eilverfahrens vor dem Münchener Landgericht, der für Dienstag, den 24. September angesetzt war, musste aus offensichtlichen Gründen verschoben werden – weder die Anklage noch die Verteidigung waren in der Lage, in ganzen Sätzen zu sprechen, geschweige denn Deutsch. Nachdem eine Praktikantin der Berliner Delegation außerdem versuchte, beim Gerichtsdiener einen Hunderter Ketamin aus der Asservatenkammer zu kaufen, wurde es dem ehrenwerten Richter Bastian Balthasar Buff endgültig zu bunt und er verfrachtete die Streitparteien über Nacht in die Ausnüchterungszelle. Nicht allerdings, ohne vorher einen gütlichen Vergleich vorzuschlagen.

"Was für ein Unsinn! Soll Berlin einfach in jedem Bierzelt ein Kreuz aufhängen und fertig", grummelt Buff im Vorbeigehen in die Pressemikrofone – und zündet sich auf dem Weg zur U-Bahn erstmal einen gottlos dicken Blunt an.